Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
zu Fall - gewisse Mitarbeiter einsetzen, die wirklich nicht mehr von Nutzen sind. Alte Freunde vielleicht. Kein Problem, sofern sie nicht in sensiblen Positionen sitzen und die Firma nicht in echte Schwierigkeiten gerät, wenn die Leute von ihren eigentlichen Arbeitgebern enttarnt werden.«
    »Beispiel?« fragte McCready. Das war das Dumme an schriftlichen Belegen: sie waren immer auffindbar, bei den Akten. Sobald man irgend jemanden für einen Auftrag bezahlte, entstand ein Zahlungsbeleg. Edwards hörte auf, um den heißen Brei herumzureden.
    »Ich spreche von Poltergeist. Sam, ich verstehe nicht, wie das so lange übersehen werden konnte. Poltergeist ist fest angestellter Mitarbeiter beim BND. Es gäbe einen Riesenskandal, sollte man in Pullach irgendwann dahinterkommen, daß er schwarz für sie gearbeitet hat. Er verstößt gegen sämtliche Vorschriften. Wir >führen< niemals, ich betone niemals, Angehörige befreundeter Dienste. Das ist völlig indiskutabel. Streichen Sie ihn von der Gehaltsliste. Lassen Sie die Finger von ihm, Sam. Und zwar umgehend.«
    »Er ist ein alter Kumpel«, sagte McCready. »Wir kennen uns schon sehr lange. Seit dem Bau der Berliner Mauer. Er hat damals gute Arbeit geleistet, gefährliche Aufträge für uns durchgeführt, wenn wir Leute wie ihn brauchten. Wir wurden von den Ereignissen überrumpelt, wir hatten niemanden oder nicht genügend Leute, die bereit und imstande waren, nach drüben zu gehen, ohne lange zu fackeln.«
    »Ich lasse mich auf keinen Handel ein, Sam.«
    »Ich habe Vertrauen zu ihm, und er zu mir. Er würde mich nie im Stich lassen. Sowas kann man nicht kaufen. Es braucht Jahre, bis sich so etwas entwickelt. Ein kleiner Ehrensold ist dafür ein geringer Preis.«
    Edwards stand auf, zog sein Taschentuch aus einem Ärmel und tupfte sich den Rest des Portweins von den Lippen.
    »Lassen Sie die Finger von ihm, Sam. Es tut mir leid, aber das ist ein Befehl. Poltergeist wird abgeschafft.«
    An diesem Wochenende saß Majorin Ludmilla Wanawskaja in ihrem Büro. Sie stieß einen müden Seufzer aus, streckte sich und lehnte sich zurück. Es war eine mühselige Arbeit gewesen. Sie griff nach ihrem Päckchen Marlboro aus sowjetischer Produktion, bemerkte, daß der Aschenbecher überquoll, und drückte auf einen Klingelknopf an ihrem Schreibtisch.
    Aus dem Vorzimmer erschien ein junger Korporal. Sie sagte kein Wort zu ihm, deutete nur mit einer Fingerspitze auf den Aschenbecher. Er nahm ihn rasch weg, verließ das Büro und brachte ihn ein paar Sekunden später gesäubert zurück. Sie nickte. Er ging wieder hinaus und schloß die Tür hinter sich.
    Kein Wort war gefallen, schon gar kein neckendes. Majorin Wanawskaja hatte diese Wirkung auf Männer. In früheren Jahren hatten ein paar von den jungen Schürzenjägern das glänzende, kurz geschnittene Blondhaar über der frischen Dienstbluse und dem schmalen, grünen Rock bemerkt und ihr Glück versucht. Zwecklos. Mit fünfundzwanzig hatte sie, aus Karrieregründen, einen Oberst geheiratet, und drei Jahre später waren sie geschieden worden. Seine Karriere war ins Stocken geraten, ihre hatte steil nach oben geführt. Jetzt, mit fünfunddreißig, trug sie nicht mehr Uniform, sondern das strenge, maßgeschneiderte dunkelgraue Kostüm und darunter die weiße Bluse mit der schlaff herabhängenden Schleife am Hals.
    Manche dachten immer noch, sie könnten sie ins Bett bringen, bis sie eine Salve aus ihren eiskalten blauen Augen abbekamen. Im KGB - keine Organisation von Liberalen - stand Majorin Wanawskaja im Ruf einer Fanatikerin. Und Fanatiker wirken einschüchternd.
    Der Fanatismus der Majorin galt ihrer Arbeit - und Verrätern. Als treue Kommunistin, von keinerlei ideologischen Zweifeln angefochten, hatte sie sich aus eigenem Entschluß die Verfolgung von Verrätern zum Anliegen gemacht. Sie haßte sie mit einer eisigen Leidenschaft. Sie hatte es zuwege gebracht, daß sie aus dem Zweiten Hauptdirektorat, dessen Objekte gelegentliche Erscheinungen wie ein aufsässiger Dichter oder ein unzufriedener Arbeiter waren, ins unabhängige Dritte Direktorat versetzt wurde, das auch Streitkräfte-Direktorat genannt wurde. Wenn es hier Verräter gab, würden sie höhere Ränge bekleiden: gefährlichere Typen, die des Eifers und des Hasses der Majorin würdig waren.
    Die Versetzung ins Dritte Direktorat - von ihrem Ehemann, dem Oberst, in den letzten Tagen ihrer Ehe eingefädelt, als er sich noch verzweifelt bemühte, sie wieder für sich

Weitere Kostenlose Bücher