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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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ein Schlaf- und das Badezimmer. Das größere der beiden Schlafzimmer befand sich am Ende des Flurs, so daß das Badezimmer zwischen den Schlafzimmern lag. Bis zur Tür des größeren Schlafzimmers war in die linke Wand ein zwei Meter breiter Schrank für Winterkleidung eingebaut, der dem Badezimmer etwas Platz wegnahm.
    Renate Heimendorf schlief in dem kleineren Schlafzimmer und benützte das größere am Ende des Korridors als Arbeitsstätte. Zu den Arbeiten, die sie hatte vornehmen lassen, hatte neben dem Einbau des Schranks die Schallisolierung des großen Schlafzimmers gehört: die Wände wurden mit Korkplatten verkleidet, die Tür erhielt an der Innenseite eine dicke Polsterung. Aus dem Zimmer konnten nur wenige Geräusche nach außen dringen und die Nachbarn stören oder alarmieren, was kein Schaden war. Der Raum mit seiner ungewöhnlichen Ausstattung war immer sorgfältig verschlossen.
    Der Schrank im Korridor enthielt nur normale Wintersachen und Regenmäntel. Weitere Schränke im >Arbeitszimmer< bargen ein reichhaltiges Sortiment exotischer Damenunterwäsche, alle möglichen Outfits vom Schul- und Dienstmädchen über Braut und Kellnerin, Kinderfrau, Krankenschwester, Erzieherin, Schuldirektorin, Stewardeß, Polizistin, BDM-Mädchen und KZ-Wärterin bis zur Pfadfinderführerin; und dazu noch die üblichen Leder- und PVC-Gerätschaften, samt hüfthohen Stiefeln, Umhängen und Gesichtsmasken.
    Eine Kommode enthielt ein kleineres Sortiment von Kleidungsstücken für Kunden, die nichts mitgebracht hatten, so etwa für die Verkleidung als Pfadfinder, Schuljungen und römische Sklaven. In einem Winkel waren der Hocker für den Missetäter und der Fußblock versteckt, während eine Truhe die Ketten, Handschellen, Riemen und Reitpeitschen enthielt, die für die Versklavungs- und Züchtigungsszene gebraucht wurden.
    Sie war eine Hure, die ihre Sache verstand, und erfolgreich sowieso. Viele ihrer Kunden kamen regelmäßig wieder. Ein Stück weit Schauspielerin - alle Nutten müssen etwas von einer Schauspielerin haben, das Umgekehrte kommt wahrscheinlich eher selten vor -, konnte sie sich vollkommen überzeugend in die Wunschphantasien ihrer jeweiligen Kunden einleben. Doch zugleich blieb sie immer distanziert-beobachtend, registrierend, von heimlicher Verachtung erfüllt. Nichts an ihrer Tätigkeit berührte sie selbst - ihre persönlichen Vorlieben sahen ganz anders aus.
    Sie war seit drei Jahren in der Branche tätig und beabsichtigte, sich nach zwei weiteren Jahren zurückzuziehen, einmal wirklich ordentlich abzusahnen und irgendwo weit weg von ihrem gutangelegten Geld ein Leben im Luxus zu führen.
    An diesem Nachmittag klingelte es an der Wohnungstür. Sie war, wie immer, spät aufgestanden und noch im Negligé und Morgenmantel. Sie runzelte die Stirn; Kunden kamen nur zu der vereinbarten Zeit. Ein Blick durch das Guckloch in ihrer Wohnungstür zeigte, wie in einem Goldfischbecken, das zerzauste graue Haar von Bruno Morenz, ihrem väterlichen Freund aus dem Außenministerium. Sie seufzte, setzte ein ekstatisches Willkommenslächeln auf und öffnete die Tür.
    »Bruno, Liiiiiebling...«
    Zwei Tage später wurde Sam McCready von Timothy Edwards zum Lunch in den Brook’s Club im Londoner Stadtteil St. James ausgeführt. Edwards war in mehreren Herrenklubs Mitglied, aber zum Mittagessen suchte er am liebsten Brook’s auf. Dort bestand immer eine gute Chance, daß man bei einem zufälligen Zusammentreffen ein paar Worte mit Robert Amstrong, dem Kabinettssekretär, wechseln konnte, der als der vielleicht einflußreichste Mann in England galt, ganz sicher aber als der Wortführer der fünf Weisen, die eines Tages beschließen würden, wen sie Margaret Thatcher als neuen Chef der SIS empfehlen wollten.
    Beim Kaffee in der Bibliothek, unter den Porträts der Dilettantes, der Gründer des Klubs, kam Edwards allmählich zur Sache.
    »Wie ich unten schon gesagt habe, Sam, alle sind sehr zufrieden mit Ihnen, wirklich sehr zufrieden. Aber jetzt bricht eine neue Ära an, Sam, eine Ära, die, dafür spricht viel, unter dem Leitmotiv >immer äußerst korrekt< stehen muß. Es geht darum, daß ein paar von den alten Methoden, zum Beispiel das Umgehen von Vorschriften - wie soll ich mich ausdrücken? - gezügelt werden müssen.«
    »Gezügelt ist sehr gut ausgedrückt«, pflichtete Sam McCready bei.
    »Ausgezeichnet. Nun, und wenn man die Unterlagen durchblättert, dann zeigt sich, daß Sie nach wie vor - zugegeben: nur von Fall

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