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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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schätzt die Vorstellung, daß dieser sich von dem Erlebnis je wieder ganz erholen könnte.
    Jahre vorher, in Berlin, hatten sie eine kurze, aber leidenschaftliche Affäre gehabt. Sie gehörte damals der WestBerliner CIA-Filiale an; er war zu Besuch in der Stadt. Er hatte ihr nie erzählt, was ihn nach Berlin geführt hatte. Tatsächlich warb er den damaligen Oberst Pankratin an. Das erfuhr sie erst später, als sie Pankratin übernahm.
    Die Körpersprache war Edwards nicht entgangen. Er überlegte, was sich dahinter verbergen mochte, und tippte richtig. Immer wieder erstaunte es ihn, daß Frauen Sam offenbar sympathisch fanden. Er war doch so. zerknautscht. Es wurde gemunkelt, daß etliche der jungen Dinger im Century House ihm gern die Krawatte zurechtrücken, einen Knopf annähen würden - oder auch mehr. Er fand das unerklärlich.
    »Es tut mir leid, daß May gestorben ist.«
    »Danke«, sagte McCready. May. Seine Frau. Drei Jahre waren seit ihrem Tod vergangen. May, die in den frühen Jahren all die langen Nächte auf ihn gewartet hatte, die immer dagewesen war, wenn er von seinen Ausflügen hinter den Eisernen Vorhang nach Hause kam, die nie eine Frage gestellt, sich nie beklagt hatte. Die Multiple Sklerose ist eine Krankheit, die rasch oder langsam zum Tod führen kann. In Mays Fall war es rasch gegangen. Schon nach einem Jahr war sie an den Rollstuhl gefesselt gewesen, zwei Jahre später gestorben. Seither lebte er in der Wohnung in Kensington allein. Gottlob war ihr gemeinsamer Sohn im College gewesen und nur zum Begräbnis nach Hause geholt worden. Er hatte nicht mitbekommen, wie sehr sein Vater litt, wie verzweifelt er war.
    Ein Butler - hier muß es doch einen Butler geben, dachte McCready - erschien mit einem Glas Champagner auf einem Tablett. McCready zog eine Augenbraue hoch. Edwards flüsterte dem Butler etwas ins Ohr, der daraufhin verschwand und mit einem Humpen Bier zurückkehrte. McCready nahm einen kleinen Schluck davon. Sie beobachteten ihn. Lager. Modegesöff. Ein ausländisches Produkt. Er seufzte. Ein bitteres Ale, Zimmertemperatur, nach schottischem Malz und Hopfen aus Kent duftend, wäre ihm lieber gewesen.
    »Wir haben ein Problem, Sam«, sagte Appleyard. »Claudia, erklären Sie es doch Sam.«
    »Pankratin«, sagte Claudia. »Erinnern Sie sich an ihn?«
    McCready hielt den Blick auf seinen Bierhumpen gerichtet und nickte.
    »In Moskau haben wir ihn in der Hauptsache über tote Briefkästen gesteuert, par distance. Sehr wenig Kontakte. Phantastisches Material und sehr teure Entlohnung. Aber kaum persönliche Begegnungen. Jetzt hat er eine Nachricht geschickt. Eine dringliche Nachricht.«
    Schweigen ringsum. McCready hob den Blick und starrte Claudia an.
    »Er behauptet, er hätte ein nicht registriertes Exemplar des Aufmarschplans der sowjetischen Armee in die Hand bekommen. Für die Westfront in ihrer ganzen Ausdehnung. Wir brauchen es, Sam, wir brauchen es unbedingt.«
    »Dann holt es euch doch«, sagte McCready.
    »Diesmal will er keinen toten Briefkasten benutzen. Er sagt, es ist zu umfangreich. Zu auffällig. Er will es nur jemandem übergeben, den er kennt und dem er vertraut. Er möchte Sie.«
    »In Moskau?«
    »Nein, in Ostdeutschland. Er tritt demnächst eine Inspektionsreise an. Die dauert eine Woche. Er möchte, daß die Übergabe in Thüringen stattfindet. Seine Rundreise wird ihn nach Süden und Westen führen, über Cottbus, Dresden, Karl-Marx-Stadt und weiter nach Gera und Erfurt. Er möchte das Material am Dienstag- oder Mittwochvormittag übergeben. Er kennt sich in der Gegend nicht aus. Er möchte Parkplätze benützen. Alles übrige hat er schon genau geplant; wie er sich absetzen und die Sache abwickeln kann.«
    »Ich glaube, ich sollte darauf hinweisen, daß Sam das nicht übernehmen kann«, mischte sich Edwards ein. »Ich habe darüber bereits mit dem Chef gesprochen, und er ist auch meiner Meinung. Sam ist vom Staatssicherheitsdienst zum Abschuß freigegeben.«
    Claudia zog eine Augenbraue hoch.
    »Sie werden ihn verhören und erschießen«, fügte Edwards überflüssigerweise hinzu. Appleyard stieß einen Pfiff aus.
    »Boy, das ist gegen die Regeln. Sie müssen die ganz schön aufgescheucht haben.«
    »Man tut, was man kann«, sagte McCready wehmütig.
    »Übrigens, wenn ich nicht in Frage komme, gibt es einen Mann, der die Sache übernehmen könnte. Timothy und ich haben letzte Woche im Club über ihn gesprochen.«
    Edwards hätte sich beinahe an seinem Champagner

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