McCreadys Doppelspiel
geholt. Und sie verteilen eine Menge Schmiergelder unter den Leuten.«
»Dafür habe ich aber keinen Beweis, überhaupt keinen.«
»Weil Sie nicht aus Ihrer Villa hinausgehen und sich ansehen, was vor sich geht«, donnerte der Baptistenprediger. »Aber wir wissen es. An jeder Straßenecke passiert es. Und diejenigen, die sich gegen sie stellen, werden eingeschüchtert.«
»Wenn mir Chief Inspector Jones etwas derartiges meldet, werde ich dagegen einschreiten«, fuhr ihn Sir Marston an.
Der anglikanische Pfarrer legte sich ins Mittel. »Aber wir wollen doch keinen Streit. Es geht nur um die Frage, ob Sie unsere Petition nach London schicken. Werden Sie das tun, Sir Marston?«
»Aber sicher«, antwortete der Gouverneur. »Das ist das mindeste, was ich für Sie tun kann. Aber auch das einzige, fürchte ich. Mir sind die Hände gebunden. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen...«:
Sie marschierten hinaus, nachdem sie erledigt hatten, weswegen sie gekommen waren. Als sie die Villa verließen, fragte der Arzt, der zufällig ein Onkel des Polizeichefs war:
»Meinen Sie, daß er es wirklich tun wird?«
»Sicher«, sagte der anglikanische Pfarrer. »Er hat es doch gesagt.«
»Ja, mit der gewöhnlichen Post«, knurrte Reverend Drake, »und eintreffen wird sie in London Mitte Januar. Wir müssen uns diesen Gouverneur vom Hals schaffen und zusehen, daß wir einen neuen bekommen.«
»Leider aussichtslos«, sagte der anglikanische Pfarrer. »Sir Marston wird sein Amt nicht niederlegen.«
In ihrem unentwegten Kampf gegen die Rauschgiftflut über ihre Südgrenze hinweg bedient sich die amerikanische Regierung seit einiger Zeit kostspieliger und einfallsreicher Überwachungstechniken. Dazu gehört in entlegenen Gegenden auch der Einsatz einer Reihe von Ballons, die von der Regierung angekauft oder geleast wurden.
In den Gondeln, die an diesen Ballons hängen, befindet sich eine Reihe von technologisch hochentwickelten Radar-Abtastern und Funkabhörgeräten, die das ganze karibische Becken von Yucatan im Westen bis Anegada im Osten, von Florida im Norden bis zur Küste von Venezuela abdecken. Jedes Flugzeug, egal, wie groß oder klein, das in diesem Bereich startet, wird sofort erfaßt. Kurs, Höhe und Geschwindigkeit werden registriert und an die Zentrale gemeldet. Jede Jacht, jedes Kreuzfahrtschiff, jeder Frachter oder Liniendampfer, der einen Hafen verläßt, sie alle werden von unsichtbaren Augen und Ohren hoch am Himmel und aus weiter Ferne erfaßt und verfolgt.
Die Piper Navajo Chief wurde von Westinghouse 404 erfaßt, als sie auf der Insel Sunshine abhob, und routinemäßig auf ihrem Flug verfolgt, der sie auf einem Kurs von 310 Grad und mit der Winddrift von Süden direkt über die Gleitflugbake des Flughafens von Key West geführt hätte. Doch fünfzig Meilen vor Key West löste sie sich einfach in der Luft auf und verschwand von den Bildschirmen. Ein Schiff der amerikanischen Küstenwache wurde zu der Stelle in Marsch gesetzt, fand aber keine Wrackteile.
Am Montag erschien Julio Gomez, Beamter bei der Metro- Dade-Kriminalpolizei, nicht zum Dienst. Sein Partner, Detective Eddie Favaro, war darüber höchst verstimmt. Sie sollten an diesem Vormittag zusammen vor Gericht aussagen, und jetzt mußte Favaro allein antreten. Die Richterin machte ein paar sarkastische Bemerkungen darüber, und Favaro mußte ihre Ironie allein ausbaden. Am späten Vormittag kehrte er in das Gebäude der Polizeizentrale in der Northwest 14th Street Nr. 1320 zurück (die Kriminalpolizei sollte in Kürze ihr neues Quartier im Bezirk Doral beziehen) und meldete sich bei seinem Vorgesetzten, Lieutenant Broderick.
»Was ist mit Julio los?« fragte Favaro. »Er hat sich im Gericht nicht blicken lassen.«
»Das fragen Sie mich? Er ist Ihr Partner«, erwiderte Broderick.
»Er hat sich nicht zurückgemeldet?«
»Nicht bei mir«, sagte Broderick. »Kommen Sie denn ohne ihn nicht zurecht?«
»Kein Drandenken. Wir haben zwei Fälle aufzuklären, und beide Angeklagten sprechen nichts anderes als Spanisch.«
Metro-Dade, die für den größten Teil von Greater Miami zuständig ist, beschäftigt - ein Spiegelbild der Bevölkerung - ein wahres Völkergemisch. Fünfzig Prozent der Bewohner des Metro-Dade-Bereichs sind spanischsprachig und viele im Englischen sehr unsicher. Julio Gomez war puertorikanischer Abstammung und in New York aufgewachsen, wo er in die Polizei eintrat. Vor einem Jahrzehnt war er zurück in den Süden gezogen, um Polizist
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