McCreadys Doppelspiel
Karibik in Marsch zu setzen. Sir Peter weckte Simon Crawshaw von der Specialist Operations Division, der sich mit dem Chef der Abteilung für Schwerkriminalität in Verbindung setzte.
Dieser rief das rund um die Uhr arbeitende Reserve-Büro an und fragte: »Wer ist heute eingeteilt?«
Der Sergeant vom Dienst im Reserve-Büro zog seinen Dienstplan zu Rate. Das Reserve-Büro von Scotland Yard ist eine kleine Dienststelle, die die Aufgabe hat, eine ständig ergänzte Liste hoher Kriminalbeamter zu führen, die kurzfristig zur Verfügung stehen, wenn eine Polizeibehörde außerhalb des Bereichs von Groß-London dringend Unterstützung anfordert. Die Liste wird von dem Beamten angeführt, der bereit ist, sich innerhalb einer Stunde in Marsch zu setzen. Ihm folgen zwei Beamte, die dafür sechs beziehungsweise vierundzwanzig Stunden Zeit haben.
»Detective Superintendent Craddock, Sir«, sagte der Sergeant vom Dienst. Dann fiel sein Blick auf einen Zettel, der mit einer Büroklammer am Rand des Dienstplans befestigt war. »Nein, Sir, leider nicht. Er muß heute vormittag um elf in einer Gerichtsverhandlung aussagen.«
»Wer ist der nächste?« knurrte der Chef der Abteilung für Schwerkriminalität, der von seinem Haus in West Drayton, in der Nähe des Flughafens Heathrow, anrief.
»Mr. Hannah, Sir.«
»Und wer ist sein Detective Inspector?«
»Wetherall, Sir.«
»Ersuchen Sie Mr. Hannah, mich hier zu Hause anzurufen. Und zwar sofort.« Und so geschah es, daß in einer bitterkalten, dunklen Dezembernacht kurz nach vier Uhr früh das Telefon auf einem Nachttisch in Croydon klingelte und Detective Chief Superintendent Desmond Hannah weckte. Er hörte sich an, was ihm der Sergeant aus dem Reserve-Büro zu sagen hatte, und rief dann eine Nummer in West Drayton an.
»Bill? Hier spricht Des Hannah. Was gibt’s denn?«
Er hörte fünf Minuten zu und fragte dann: »Bill, zum Teufel, wo liegt denn dieses Sunshine?«
Auf diesem Sunshine war Dr. Caractacus Jones inzwischen mit der Untersuchung fertig geworden und erklärte die Leiche für mausetot. Die Dunkelheit hatte sich über den Garten gesenkt, so daß der Arzt beim Schein einer Taschenlampe arbeiten mußte. Aber er konnte eigentlich nicht viel tun. Er war Allgemeinarzt, kein Gerichtsmediziner. Er kümmerte sich, so gut er konnte, um die Gesundheit der Insulaner und hatte ein kleines Sprechzimmer, wo er Schnittwunden und Prellungen behandelte. Er hatte mehr Babys auf die Welt geholfen, als er sich erinnern konnte, und aus dem Fleisch von zehnmal so vielen Leuten Angelhaken entfernt. Als Arzt konnte er einen Totenschein und als Leichenbeschauer ein Begräbniszertifikat ausstellen. Aber er hatte noch nie einen toten Gouverneur seziert und gedachte auch nicht, jetzt damit anzufangen.
Patienten mit ernsten Erkrankungen oder Verletzungen, die schwierige Operationen erforderlich machten, wurden immer nach Nassau geflogen, wo es ein modernes Krankenhaus mit allen notwendigen Einrichtungen für Operationen und Obduktionen gab. Dr. Jones verfügte nicht einmal über eine Leichenhalle.
Als Dr. Jones seine Untersuchung beendet hatte, kam Lieutenant Haverstock aus dem Privatbüro des Gouverneurs zurück.
»Unsere Leute in Nassau sagen, daß Scotland Yard einen hohen Beamten herüberschicken wird«, meldete er. »Bis dahin muß alles genauso bleiben, wie es war.«
Chief Inspector Jones hatte am Hauseingang einen Constable postiert, um die Neugierigen fernzuhalten, die sich bereits vor dem Tor versammelten. Er hatte den Garten durchstreift und dabei die stählerne Tür entdeckt, durch die der Attentäter offenbar gekommen und wieder verschwunden war. Dieser hatte sie beim Verlassen des Tatorts hinter sich zugezogen, was der Grund war, warum sie Haverstock nicht aufgefallen war. Der Chief Inspector postierte sofort einen zweiten Constable vor diese Tür und wies ihn an, niemanden in die Nähe zu lassen, da sich daran vielleicht Fingerabdrücke befanden, die für den Mann von Scotland Yard möglicherweise interessant waren.
Draußen in der Dunkelheit setzte sich der Constable auf den Boden, lehnte sich an die Wand und war alsbald eingeschlafen.
Drinnen im Garten verkündete Chief Inspector Jones: »Bis morgen früh darf nichts berührt werden. Die Leiche bleibt, wo sie ist.«
»Red keinen Schwachsinn, Junge«, sagte sein Onkel. »Die Leiche verwest doch. Das hat ja schon angefangen.«
Er hatte recht. In der Karibik werden wegen der Hitze Tote in der Regel binnen
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