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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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wollte.
    »Morgen abend bin ich wieder da«, sagte er. »Passen Sie für mich gut auf den Laden auf.«
    Er traf, nur mit einer Aktentasche als Gepäck, auf dem Kölner Flughafen ein, passierte rasch Paßkontrolle und Zollabfertigung, nahm ein Taxi und wurde kurz nach elf vor dem Opernhaus abgesetzt. Die nächsten vierzig Minuten wanderte er um den Platz herum, die Kreuzgasse hinunter und durch die belebte Fußgängerzone in der Schildergasse. Er blieb vor vielen Schaufenstern stehen, machte plötzlich kehrt, betrat ein Geschäft durch den Vordereingang und verließ es durch den Hinterausgang. Fünf Minuten vor zwölf, nun sicher, daß ihm kein >Schatten< folgte, bog er in die schmale Krebsgasse ein und ging auf die altdeutsche Bar zu, über deren Eingang der Name in goldenen Frakturlettern stand. Die kleinen Buntglasfenster sorgten dafür, daß es im Innern düster war. Er setzte sich an einen Ecktisch am anderen Ende, bestellte ein Glas Dortmunder Bier und wartete. Fünf Minuten später ließ sich die massige Gestalt von Bruno Morenz auf dem Stuhl gegenüber nieder.
    »Lange nicht gesehen, alter Freund«, sagte McCready.
    Morenz nickte.
    »Was möchten Sie von mir, Sam?«
    McCready sagte es ihm. Es nahm zehn Minuten in Anspruch. Morenz schüttelte den Kopf.
    »Sam, ich bin jetzt zweiundfünfzig und gehe bald in Pension. Ich habe Pläne geschmiedet. Früher war das anders, aufregend. Jetzt aber, wenn ich ehrlich bin, machen mir die Typen da drüben Angst.«
    »Mir auch, Bruno. Ich würde hinübergehen, wenn ich könnte. Aber wenn sie mich erwischen, ist es aus mit mir. Sie sind ein unbeschriebenes Blatt. Es ist eine schnelle Sache - morgens hinüber, bei Einbruch der Nacht wieder zurück. Selbst wenn es beim erstenmal nicht klappt, sind Sie am Tag darauf zurück, nachmittags. Sie bieten zehntausend Pfund an, bar auf die Hand.«
    Morenz starrte ihn an.
    »Das ist eine hübsche Summe - es muß doch andere geben, die sie nehmen würden. Warum gerade ich?«
    »Er kennt Sie. Er mag Sie. Er wird nicht kehrtmachen, wenn er sieht, daß Sie an meiner Stelle gekommen sind. Es fällt mir sehr schwer, Sie darum bitten zu müssen, aber es ist wirklich für mich. Das letzte Mal, ich schwöre es Ihnen. Tun Sie’s in Erinnerung an die alten Zeiten.«
    Bruno Morenz trank sein Glas aus und stand auf.
    »Ich muß zurück. also gut, Sam. Ihnen zuliebe. Wegen der alten Zeiten. Aber danach steige ich aus, verlassen Sie sich darauf. Endgültig.«
    »Sie haben mein Wort, Bruno. Nie wieder. Vertrauen Sie mir. Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
    Sie verabredeten, sich am folgenden Montag im Morgengrauen wieder zu treffen. Bruno Morenz kehrte in sein Büro zurück. McCready wartete zehn Minuten, spazierte dann zum Taxistand an der Tunisstraße und ließ sich nach Bonn fahren. Den Rest des Tages und den Mittwoch verbrachte er damit, mit der Bonner Filiale alles zu besprechen, was er brauchte. Es gab eine Menge zu tun, und die Zeit war knapp.
    Zwei Zeitzonen voraus, in Moskau, wurde Majorin Ludmilla Wanawskaja kurz nach dem Mittagessen von General Schaljapin zu dem Gespräch empfangen, um das sie ersucht hatte. Er saß hinter seinem Schreibtisch und las ihr Dossier sorgfältig, ein kahlköpfiger, grüblerischer sibirischer Bauer, der den Eindruck von Entschlossenheit und Schlauheit vermittelte. Als er mit der Lektüre fertig war, schob er ihr das Schriftstück wieder zu.
    »Indizien«, sagte er. Er brachte seine Untergebenen gern in die Situation, daß sie ihre Behauptungen verteidigen mußten. In den alten Zeiten, und aus denen stammte General Schaljapin noch, hätte das Material da vor ihm ausgereicht. In der Lubjanka war immer noch Platz. Doch die Zeiten hatten sich geändert und änderten sich noch immer.
    »Bislang, Genosse General«, räumte Ludmilla Wanawskaja ein. »Aber eine Fülle von Indizien. Die SS-20-Raketen in Ostdeutschland vor zwei Jahren - die Yanks haben zu rasch davon Wind bekommen.«
    »In Ostdeutschland wimmelt es von Spionen und Verrätern. Die Amerikaner haben Satelliten, RORSATS .«
    »Die Bewegungen der Roten Flotte, die in den nördlichen Häfen liegt. Die Imperialisten wissen offenbar immer.«
    Schaljapin mußte über den Eifer der jungen Frau lächeln. Er schätzte es nie gering, wenn die Mitglieder seines Stabs Wachsamkeit zeigten, dafür waren sie ja da. Doch selbst er sprach nicht mehr von Imperialisten, wenn er NATO- Streitkräfte meinte. Das war Komsomol-Gerede, für Jugendliche mit strahlenden Augen, die die

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