McCreadys Doppelspiel
Volkes!«
Andere Gehilfen stellten zwei Schrägen auf und legten ein kräftiges, breites Brett darüber - der Kandidat des Volkes sollte das Volk überragen. Um zwölf Uhr wuchtete Horatio Livingstone seinen massigen Körper die Stufen zu der improvisierten Rednertribüne hinauf. Er sprach in ein Megaphon, das einer der Safarianzüge vor ihn hinhielt. Vier Fernsehkameras hatten sich erhöhte Standplätze rund um den Versammlungsort gesichert, von wo aus sie den Kandidaten oder - was viel schöner wäre - die Zwischenrufer und die Schlägereien filmen konnten.
Der BSB-Kameramann hatte das Kabinendach der Gulf Lady gemietet. Zusätzlich trug er eine Fotokamera mit Teleobjektiv quer über den Rücken gehängt. Die Reporterin, Sabrina Tennant, stand neben ihm. McCready stieg zu ihnen hinauf.
»Tag«, sagte er.
»Hallo«, sagte Sabrina Tennant. Sie nahm ihn gar nicht zur
Kenntnis.
»Sagen Sie«, fragte er leise, »wären Sie an einer Story interessiert, die Ihre Konkurrenz aus dem Feld schlägt?«
Jetzt nahm sie ihn zur Kenntnis. Der Kameramann sah ihn neugierig an.
»Können Sie mit dieser Nikon wirklich dicht, ganz dicht an Gesichter in dieser Versammlung rangehen?« fragte McCready.
»Klar«, antwortete der Kameramann. »Ich kann ihre Mandeln fotografieren, wenn sie das Maul aufmachen.«
»Machen Sie doch Frontalaufnahmen von all den Männern in grauen Safarianzügen, die dem Kandidaten zur Hand gehen«, schlug McCready vor. Der Kameramann hakte seine Nikon los und stellte die Schärfe ein.
»Beginnen Sie mit dem, der allein neben dem Transporter steht«, sagte McCready. »Mit dem, den sie Mr. Brown nennen.«
»Was haben Sie vor?« fragte Sabrina Tennant.
»Kommen Sie mit in die Kabine, dann sag ich’s Ihnen.«
In der Kabine sprach McCready mehrere Minuten lang.
»Sie machen Witze«, sagte sie schließlich.
»Nein, mache ich nicht, und ich glaube, ich kann es beweisen. Aber nicht hier. Die Antworten liegen in Miami.«
»Haben Sie sie im Kasten?« fragte sie. Der Londoner nickte. »Von jedem ein Dutzend Nahaufnahmen, aus jedem Winkel. Es sind insgesamt sieben.«
»Schön, und jetzt filmen wir die ganze Versammlung. fch brauche ein paar Spulen Hintergrundmaterial und zum Schneiden.«
Sie wußte, daß sie bereits acht Filmmagazine hatte, darin eingeschlossen Aufnahmen von beiden Kandidaten, von Port Plaisance, den Stranden, den Palmen, der Start- und Landepiste - genug Material für einen I5minütigen Dokumentarfilm, wenn geschickt geschnitten wurde. Was sie brauchte, war ein Aufhänger für die Geschichte, und wenn der zerknautschte kleine Mann mit der schüchternen Art recht hatte, dann hatte sie den jetzt.
Ihr einziges Problem war die Zeit. Ihr wichtigstes Feature lief in der Sendung Countdown, Flaggschiff der aktuellen Berichte im BSB, die in England am Sonntagmittag ausgestrahlt wurden. Sie mußte ihr Material bis spätestens Samstag vier Uhr - am folgenden Tag - von Miami per Satelliten losschicken. Also mußte sie noch an diesem Abend in Miami sein. Es war kurz vor eins, äußerst knapp, um ins Hotel zurückzufahren und eine Chartermaschine in Miami zu buchen, die vor Sonnenuntergang auf Sunshine landete.
»Wie es sich trifft«, sagte McCready, »soll ich ebenfalls heute um vier Uhr nachmittags abfliegen. Ich habe mir eine Maschine aus Miami bestellt. Wenn Sie mitkommen wollen - es würde mich freuen.«
»Wer sind Sie eigentlich?« fragte sie.
»Nur ein Urlauber. Aber ich kenne diese Inseln. Und ihre
Bewohner. Sie können mir vertrauen.«
Verdammt, mir bleibt ja nichts anderes übrig, dachte Sabrina Tennant. Wenn die Geschichte wahr ist, darf ich sie mir auf keinen Fall entgehen lassen. Sie ging wieder zu ihrem Kameramann, um ihm zu zeigen, was sie haben wollte. Das große Objektiv der Kamera schweifte träge über die Zuhörermenge, machte hier eine Pause, verweilte dort und wieder woanders. Mr. Brown, der an dem Transporter lehnte, sah, wie sich das Objektiv auf ihn richtete, und kletterte in das Fahrzeug. Auch das filmte die Kamera.
Detective Inspector Jones erstattete mittags Desmond Hannah Bericht. Jeder Besucher, der im vergangenen Vierteljahr auf die Inseln gekommen war, war anhand der auf dem Flugplatz geführten Listen überprüft worden. Keiner von ihnen hieß Francisco Mendes. Hannah seufzte.
Wenn der tödlich verunglückte Julio Gomez sich nicht getäuscht hatte - und das war denkbar -, gab es ein Dutzend Möglichkeiten, wie der so schwer zu fassende Mendes auf die
Insel
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