McCreadys Doppelspiel
außer Mr. Brown, der viel hellhäutiger war, ein Mischling. Er hatte es als einziger gewagt zu rauchen, ohne um Erlaubnis zu bitten - er führte also das Kommando über die anderen sechs Männer.
»Ich wäre Ihnen verbunden«, sagte Hannah auf der Rückfahrt, »wenn Sie es mir überließen, die Leute zu befragen.«
»Entschuldigung«, sagte Dillon. »Sonderbarer Mann, fanden Sie nicht auch? Er ist als Jugendlicher hier weggegangen und vor einem halben Jahr zurückgekehrt - ich wüßte gern, wo er die Jahre dazwischen verbracht hat.«
»Keine Ahnung«, sagte Hannah. Erst viel später, in London, als er sich alles durch den Kopf gehen ließ, fiel ihm wieder diese Bemerkung über Livingstone ein, daß dieser als Heranwachsender Sunshine verlassen hatte. Missy Coltrane war es gewesen, die es ihm gesagt hatte. Um halb neun erreichten sie das Tor von Marcus Johnsons Besitz an der Nordflanke des Sawbones Hill.
Johnsons Lebensstil war ganz anders. Er war offensichtlich ein begüterter Mann. Einer seiner Mitarbeiter in einem psychedelischen Strandhemd und einer schwarzen Brille öffnete die schmiedeeisernen Torflügel und machte dem Jaguar die Auffahrt zum Haus frei. Zwei Gärtner waren bei der Arbeit, kümmerten sich um den Rasen, die Blumenbeete und die irdenen Krüge, in denen Geranien blühten.
Das Haus war ein geräumiges, zweistöckiges Gebäude mit einem Dach aus grünen, glasierten Fliesen, jede einzelne importiert. Die drei Engländer stiegen vor einem Portikus im Kolonialstil aus und wurden hineingeführt. Sie folgten ihrem Führer, einem zweiten >Mitarbeiter< in einem bunten Hemd, durch einen Empfangssalon, der mit Marmorplatten ausgelegt und mit europäischen und hispano-amerikanischen Antiquitäten ausgestattet war. Teppiche aus Buchara und Kaschan breiteten sich über den cremefarbenen Marmor aus.
Marcus Johnson empfing sie auf einer Veranda, deren Boden ebenfalls aus Marmor bestand. Hier und dort standen weiße Korbstühle. Unterhalb der Veranda lag der Garten. Manikürte Rasenflächen erstreckten sich zu einer zweieinhalb Meter hohen Mauer. Hinter der Mauer führte die Küstenstraße vorbei, die Johnson nun doch nicht hatte kaufen können, um sich so direkten Zugang zum Meer zu verschaffen. Jenseits der Mauer erstreckte sich die Mole, die er hatte bauen lassen, hinaus in die Wasser der Teach Bay. Neben der Mole hob und senkte sich auf den Wellen das Riva-40-Rennboot. Mit ihren extragroßen Tanks konnte die Riva auch bei hoher Geschwindigkeit die Bahamas erreichen.
War Horatio Livingstone fett und faltig gewesen, so war Marcus Johnson schlank und elegant von Erscheinung. Er trug einen vollendet geschneiderten cremefarbenen Seidenanzug. Der
Schnitt seines Gesichts zeigte an, daß er zumindest zur Hälfte weiß war, und McCready fragte sich, ob Johnson wohl jemals seinen Vater gekannt hatte. Vermutlich nicht. Er war auf den Barclays in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, von seiner Mutter in einer Bretterbude großgezogen. Sein dunkelbraunes Haar war, mit Hilfe künstlicher Mittel, nicht mehr kraus, sondern gewellt. Vier schwere Goldringe schmückten seine Hände, und die Zähne, die sein Lächeln enthüllte, waren perfekt. Er bot seinen Gästen die Wahl zwischen Dom Perignon und Blue-Mountain-Kaffee. Sie entschieden sich für Kaffee und setzten sich.
Desmond Hannah stellte die gleiche Frage über den vergangenen Dienstag, nachmittags um fünf, und erhielt die gleiche Antwort.
»Ich habe vor einem begeisterten Publikum von weit mehr als hundert Personen vor der Anglikanischen Kirche am Parliament Square eine Ansprache gehalten, Mr. Hannah. Um fünf Uhr beendete ich sie gerade. Von dort aus fuhr ich ohne Unterbrechung hierher.«
»Und Ihre. Entourage?« fragte Hannah. Mit diesem von Missy Coltrane ausgeliehenen Wort meinte er die Wahlhelfer in ihren bunten Hemden.
»Waren alle zusammen bei mir«, sagte Johnson. Er winkte, und einer von der Entourage schenkte Kaffee nach. McCready fragte sich, warum Johnson wohl barclayanische Gärtner hatte, aber im Haus selbst keine lokalen Arbeitskräfte beschäftigte. Obwohl auf der Veranda das Licht schwach war, nahm keiner der Mitarbeiter auch nur einen Augenblick die dunkle Gangsterbrille ab.
Aus Hannahs Sicht war das Zwischenspiel angenehm, aber unergiebig. Von Chief Inspector Jones hatte er bereits erfahren, daß der Kandidat der Wohlstandsunion auf dem Parliament Square gewesen war, als im Government House die tödlichen Schüsse fielen. Der Inspector
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