Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
von der Brust entfernt war. Am Hemd fanden sich nämlich keine Schmauchspuren. Aber wahrscheinlich waren es nicht mehr als sieben Meter. Die Einschußwunde ist scharf umrissen und sauber, die Kugel dürfte den Körper mit hoher Geschwindigkeit durchschlagen haben. Sie wurde dabei zweifellos abgebremst, aber längst nicht so stark, daß sie innerhalb von fünf Metern auf die Erde fiel. Sie muß die Hausmauer getroffen haben.«
    »Hat sie aber nicht«, protestierte Hannah. Es sei denn, daß jemand sie gestohlen hatte. Wenn es sich so verhielt, mußte dieser Jemand dem Haushalt angehört haben. »Sonst noch was?«
    »Nicht sehr viel. Der Mann stand, als er erschossen wurde, mit dem Gesicht seinem Mörder gegenüber. Er hat sich nicht abgewandt.«
    Entweder, dachte Hannah, war der Gouverneur ein sehr tapferer Mann oder er hat, wahrscheinlicher, seinen Augen nicht getraut.
    »Noch ein letzter Punkt«, sagte der Arzt. »Die Flugbahn der Kugel war schräg nach oben gerichtet. Der Attentäter muß gekauert oder gekniet haben. Wenn meine Entfernungsschätzung stimmt, muß die Kugel aus einer Position von zirka fünfundsiebzig Zentimetern über dem Boden abgefeuert worden sein.«
    Verdammt, dachte Hannah, sie muß glatt über die Mauer hinweggeflogen sein. Oder sie hat möglicherweise das Haus getroffen, aber in viel größerer Höhe, nahe der Dachrinne. Parker mußte am nächsten Morgen noch einmal von vorne beginnen. Mit Leitern. Er dankte Dr. West und legte auf. Der umfassende schriftliche Bericht würde ihn mit dem Linienflugzeug am nächsten Tag erreichen.
    Parker, der inzwischen sein Spurensicherungsteam von der Polizei der Bahamas eingebüßt hatte, mußte sich allein an die Arbeit machen. Jefferson, der Butler, und der Gärtner hielten vereint die Leiter, während der bedauernswerte Parker an der Hauswand emporstieg und nach dem Einschlag einer zweiten Kugel Ausschau hielt. Er kletterte bis zur Dachrinne hinauf, fand aber nichts.
    Hannah nahm sein Frühstück, das Jefferson auftrug, im Salon ein. Lady Moberley kam hin und wieder herein, ordnete die Blumen in den Vasen, lächelte geistesabwesend und wanderte wieder hinaus. Es schien sie nicht zu bekümmern, ob die Leiche ihres verstorbenen Ehemannes - oder was davon noch übrig war - zur Bestattung nach Sunshine gebracht oder nach England überführt wurde. Hannah hatte den Eindruck, daß Sir Marston Moberley bei niemandem, beginnend mit seiner Frau, sehr beliebt gewesen war. Aber dann ging ihm auf, warum sie so unbekümmert wirkte. Auf dem Silbertablett mit den Alkoholika fehlte die Wodkaflasche. Zum erstenmal seit vielen Jahren war Lady Moberley glücklich.
    Desmond Hannah war nicht glücklich. Er stand vor einem Rätsel. Je länger sich die Suche nach der zweiten Kugel hinzog, desto stärker wurde das Gefühl, daß sein Instinkt recht gehabt hatte. Der Mord wir eine interne Angelegenheit gewesen, das abgerissene Schloß an der Stahltür im Garten ein Ablenkungsversuch. Irgend jemand war aus dem Salon, in dem er jetzt saß, die Stufen hinunter und um den sitzenden Gouverneur herumgegegangen, der dann die Waffe gesehen hatte und aufgesprungen war. Nach begangener Tat hatte der Mörder die eine der beiden Kugeln an der Hausmauer liegen sehen und eingesteckt. Wegen der einbrechenden Dämmerung hatte er die andere nicht mehr gefunden und war davongerannt, um die Waffe zu verstecken, ehe jemand dazukam.
    Hannah beendete das Frühstück, ging hinaus ins Freie und schaute zu Peter Parker hinauf, der unterhalb der Dachrinne stand.
    »Was gefunden?« fragte er.
    »Keine Spur davon zu sehen«, rief Parker hinunter. Hannah ging zur Gartenmauer hinüber und stellte sich mit dem Rücken an die Stahltür. Am Abend zuvor war er auf einen Holzbock gestiegen und hatte über die Tür in die Gasse dahinter geschaut.
    Zwischen fünf und sechs Uhr herrschte immer reger Verkehr in der Gasse. Viele Leute benutzten sie als Abkürzung von Port Plaisance nach Shantytown; Kleinbauern benutzten sie, wenn sie aus dem Städtchen in ihre Häuschen im Umland zurückkehrten. Beinahe dreißig Personen waren in dieser Stunde in beiden Richtungen durch die Gasse gekommen, die nie ganz leer war. Einmal wurde sie sogar von sieben Personen gleichzeitig durchquert. Der Killer konnte einfach nicht auf diesem Weg gekommen sein, ohne entdeckt zu werden. Warum sollte es an einem Dienstagabend hier anders aussehen als an jedem anderen Abend? Irgend jemand mußte irgend etwas gesehen haben.
    Aber auf die Plakate

Weitere Kostenlose Bücher