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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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beschieden, das Notizbuch zu finden. Es war ihm rätselhaft, daß jemand in einem so gut versteckten Raum das Notizbuch noch einmal eigens versteckte. Es war am untersten Fach der Videoband-Sammlung mit einem Klebestreifen befestigt.
    Wie sich zeigte, hatte Renate Heimendorf hier ihre sämtlichen Kunden aufgeführt. Sie war offensichtlich eine sehr schlaue Person und alles ihre eigene Idee gewesen, bis hin zu der geschickten Umgestaltung der Wohnung und der harmlos wirkenden Fernbedienung, mit der sich die Kamera hinter dem Spiegel an- und abschalten ließ. Die Männer vom Erkennungsdienst hatten sie im Schlafzimmer gesehen, aber gedacht, sie gehöre zum Fernsehgerät.
    Hartwig ging die Namen in dem Notizbuch durch, die den Zahlen an den Videokassetten entsprachen. Manche waren ihm bekannt, andere nicht. Diejenigen, die er nicht kannte, gehörten nach seiner Vermutung Männern, die nicht in Deutschland lebten, aber wichtige Positionen bekleideten. Zu jenen, deren Namen er kannte, gehörten zwei Länderminister, ein Abgeordneter (von der Regierungspartei), ein Finanzier, ein Bankier (aus Köln), drei Industrielle, der Erbe einer großen Brauerei, ein Richter, ein prominenter Chirurg, und ein landesweit bekannter Fernsehstar. Acht Namen gehörten anscheinend Angelsachsen (Briten? Amerikanern? Kanadiern?) und zwei Franzosen. Er zählte die übrigen.
    »Einundachtzig Namen«, sagte er. »Einundachtzig Bänder. Mein Gott, wenn man von den Namen ausgeht, die ich kenne, muß hier genug Material liegen, um mehrere Länderregierungen, vielleicht sogar die in Bonn zu stürzen.«
    »Eigenartig«, sagte Schiller. »Es sind nur einundsechzig Bänder da.«
    Sie zählten sie beide. Einundsechzig.
    »Sie haben gesagt, hier wurden dreierlei Fingerabdrücke gesichert, ja?«
    »Jawohl.«
    »Angenommen, es waren welche von der Heimendorf und diesem Hoppe, dann stammten die anderen vermutlich von unserem Mörder. Und ich habe das scheußliche Gefühl, daß er zwanzig Bänder mitgenommen hat. Kommen Sie, ich muß dem Präsidenten Bericht erstatten. Hier geht es um weit mehr als einen Mord, um viel, viel mehr.«
    Dr. Herrmann beendete gerade das Mittagessen mit seinem Untergebenen Aust.
    »Mein lieber Aust, wir wissen bislang noch nichts. Wir haben nur Grund zur Besorgnis. Es kann sein, daß die Polizei schon bald einen Gangster verhaftet, und es ist auch möglich, daß Morenz nach einem sündigen Wochenende mit seiner Freundin, das sie irgendwo anders als im Schwarzwald verbracht haben, pünktlich zurückkommt. Ich muß allerdings sagen, daß an seiner sofortigen Pensionierung mit gekürzten Bezügen nicht der Schimmer eines Zweifels besteht. Aber im Augenblick möchte ich nur, daß Sie versuchen, ihn aufzuspüren. Ich möchte, daß sich eine Kriminalbeamtin bei seiner Frau einquartiert, für den Fall, daß er anruft. Nennen Sie als Grund, was Sie wollen. Ich werde festzustellen versuchen, wie weit die Ermittlungen der Polizei gediehen sind. Sie kennen ja mein Hotel. Rufen Sie mich dort an, wenn es etwas Neues gibt.«
    Sam McCready saß in der Sonne, hoch über der Saale, auf der Ladeklappe des Range Rover und trank aus einer Thermosflasche mit kleinen Schlucken Kaffee. Johnson legte den Hörer seines Telefonapparats auf. Er hatte mit Cheltenham gesprochen, dem riesigen Horchposten im Westen Englands.
    »Nichts«, sagte er, »alles normal. In keinem Bereich, bei den Russen, beim SSD oder der Volkspolizei, zusätzlicher Funkverkehr. Nur das Übliche.«
    McCready sah auf seine Uhr. Zehn vor vier. Morenz müßte sich jetzt dem Parkplatz westlich von Weimar nähern. Er hatte ihn angewiesen, fünf Minuten früher dort zu sein und nicht länger als fünfundzwanzig Minuten zu warten, falls Smolensk nicht auftauchen sollte. Er gab sich vor Johnson zwar gelassen, aber das Warten war ihm zuwider. Das war immer das schlimmste: auf einen Agenten warten, der über die Grenze gegangen ist. Die Phantasie spielte einem Streiche, gaukelte einem alle möglichen Dinge vor, die dem Agenten passiert sein könnten, wahrscheinlich aber nicht passiert waren. Zum hundertsten Mal rechnete er die Zeitplanung durch. Fünf Minuten auf dem Parkplatz; der Russe übergibt; zehn Minuten Warten, während der Russe sich vom Schauplatz entfernt. Viertel nach vier Aufbruch. Fünf Minuten, um das Buch aus der Innentasche des Jackets zu ziehen und in dem Fach unter der Batterie zu verstauen; eine Stunde und vierzig Minuten
    Fahrt - Morenz müßte gegen sechs im Blickfeld des

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