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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Mitarbeiter kam herein und legte dem Chef eine Kopie auf den Schreibtisch. Wenn der Herr Doktor es sich schon nicht nehmen ließ, an einem Samstagvormittag zu arbeiten, konnte man ihn das Material ja gleich so vorlegen, wie es einging. Die Kopie hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz weitergegeben. Darin hieß es schlicht, daß ein aufmerksamer Beamter am Flughafen Hannover ein Gesicht bemerkt hatte, das zu einem Mann gehörte, der unter dem Namen Maitland mit einer Maschine aus London eingetroffen war. Der BfV-Mann, wachsam, wie er war, hatte seine Unterlagen überprüft, den Betreffenden identifiziert und dies an die Zentrale in Köln durchgegeben. Aus Köln hatte man die Nachricht nach Pullach weitergereicht. Der angebliche Mr. Maitland war Mr. Samuel McCready.
    Dr. Herrmann war pikiert. Es war höchst unhöflich von einem hohen Beamten aus dem Nachrichtendienst eines NATO- Verbündeten, unangemeldet bundesdeutschen Boden zu betreten. Und ungewöhnlich außerdem. Es sei denn. Er warf einen Blick auf die aufgefangene Funkmeldung aus Jena und auf die Kopie aus Hannover. Er würde es nicht wagen, dachte er. Aber eine andere Stimme in ihm widersprach: Doch, er würde es sehr wohl wagen. Dr. Herrmann nahm einen Hörer ab und begann seine Dispositionen zu treffen.
    McCready verließ die Deckung, die ihm das Maisfeld gewährte, blickte nach rechts und links und ging rasch die paar Meter über das Gras zu dem Heuschober. Das Tor in seinen rostigen Scharnieren gab ein Knarren von sich, als er es vorsichtig aufstieß. Aus einem Dutzend Ritzen im Holz fielen Lichtstrahlen in die Düsternis und enthüllten ein wirres Durcheinander von alten Karren und Fässern, Pferdegeschirren und Trögen. Er warf einen Blick nach oben. Der obere Teil des Schobers, über eine senkrechte Leiter zu erreichen, war mit Heuballen vollgestopft. Er kletterte die Leiter hinauf und rief leise: »Bruno.«
    Keine Antwort. Er ging an dem aufgeschichteten Heu vorbei und hielt Ausschau nach Hinweisen, daß in letzter Zeit hier jemand gewesen war. An der Rückwand entdeckte er zwischen zwei Heuballen ein Stück von einem Regenmantel. Er nahm den oberen Ballen vorsichtig weg.
    Bruno Morenz lag in seinem Schlupfwinkel auf der Seite.
    Seine Augen standen offen, aber er rührte sich nicht. Als das Tageslicht in sein Versteck eindrang, stöhnte er auf.
    »Bruno, ich bin’s. Ihr Freund Sam. Schauen Sie mich an, Bruno.«
    Morenz drehte den Kopf zu McCready hin und starrte ihn an. Sein Gesicht war grau und unrasiert. Er hatte seit drei Tagen nichts gegessen und nur abgestandenes Wasser aus einem Faß getrunken. Seine Augen flackerten unruhig.
    »Sam?«
    »Ja, Sam. Sam McCready.«
    »Verraten Sie ihnen nicht, daß ich hier bin, Sam. Sie finden mich nicht, wenn Sie mich nicht verraten.«
    »Ich verrat’s ihnen nicht, Bruno. Auf keinen Fall.«
    Durch einen Spalt in der Bretterwand des Heuschobers sah er, wie sich die Kette aus grünen Uniformen quer über die Maisfelder Ober-Grünstedt näherte.
    »Versuchen Sie sich aufzurichten, Bruno.«
    Mit McCreadys Hilfe rappelte sich Morenz hoch und kauerte sich dicht an den Heuballen.
    »Wir müssen ganz fix machen, Bruno. Ich werde versuchen, Sie hier rauszubringen.«
    Morenz schüttelte teilnahmslos den Kopf.
    »Bleiben Sie hier, Sam. Hier ist es sicher, hier kann mich keiner finden.«
    Nein, dachte McCready, ein betrunkener Bauer kann es natürlich nicht. Aber fünfhundert Soldaten können es schon. Er versuchte, Morenz auf die Füße zu stellen, aber dessen Körpergewicht war einfach zu groß. Die Beine trugen ihn nicht. Er verklammerte die Hände über der Brust. Unter seinem Regenmantel war irgendein Gegenstand. McCready ließ ihn wieder auf Heu sinken. Er war sich darüber im klaren, daß keinerlei Chance bestand, Morenz zur Grenze bei Ellrich zu bringen, ihn unter dem Draht hindurch und über das Minenfeld zu schaffen. Es war vorüber.
    Durch den Spalt war zu sehen, wie die grünen Uniformen sich die Bauernhäuser und Scheunen von Ober-Grünstedt vornahmen. Als nächstes kam Marionhain dran.
    »Ich habe Fräulein Neumann besucht. Erinnern Sie sich an Fräulein Neumann? Sie ist eine nette Person.«
    »Ja, nett. Sie ahnt vielleicht, daß ich hier bin, aber sie verrät ihnen bestimmt nichts davon.«
    »Auf keinen Fall, Bruno. Ganz bestimmt nicht. Sie hat gesagt, Sie hätten Ihre Hausaufgaben dabei. Sie muß sie korrigieren.«
    Morenz zog unter seinem Regenmantel vorsichtig ein dickleibiges, rot eingebundenes

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