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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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später kommen, vielleicht am zweiten oder dritten Abend. Die Russen konnten sich denken, daß mindestens fünf unter ihnen waren, die die anderen zwölf und wahrscheinlich auch einander beobachten mußten.
    Keiner erwähnte dies gegenüber den Briten, und diese sahen ihrerseits keinen Anlaß, durchblicken zu lassen, daß vier von ihnen Agenten der Spionageabwehr waren, Aufpasser. Aber zumindest die britischen Aufpasser waren nur dazu da, die Russen, und nicht ihre eigenen Landsleute, zu bespitzeln.
    Zur russischen Gruppe gehörten zwei Generäle, einer, der nach den Abzeichen an seiner Uniform von den Panzergrenadieren kam, und einer vom Panzerkorps, außerdem ein Oberst des Generalstabs, dazu ein Oberst, ein Major und ein Hauptmann vom Militärischen Nachrichtendienst der sowjetischen Streitkräfte, die allesamt >deklariert< waren, also kein Hehl aus ihrer Funktion machten, des weiteren ein Oberst der Luftlandetruppen, aus dessen offen getragener Feldbluse am dreieckigen Halsausschnitt ein weißblaues Trikot herausschaute, das Abzeichen der Spezialverbände, und schließlich je ein Oberst und ein Major der Infanterie und des Panzerkorps. Außerdem waren noch ein Oberstleutnant, ein Major und zwei Hauptleute von der Operationsabteilung sowie ein Oberst und ein Major von der Fernmeldetruppe dabei.
    Der Nachrichtendienst der sowjetischen Streitkräfte ist unter der Abkürzung GRU bekannt. Die drei >deklarierten< GRU- Leute trugen ihre dienstspezifischen Abzeichen. Nur sie wußten, daß der Major der Fernmeldetruppe und einer der Hauptleute von der Operationsabteilung ebenfalls vom GRU waren, jedoch undeklariert. Das war weder den übrigen Russen noch den Briten bekannt.
    Die Briten hatten es ihrerseits nicht für nötig befunden, den Russen mitzuteilen, daß zwanzig Mitarbeiter des Security Service ins Offizierskasino von Tidworth abgestellt worden waren und dort Dienst tun würden, bis die sowjetische Delegation nach London abreiste, um am Morgen des dritten Tages nach Moskau zurückzufliegen. Diese Aufpasser pflegten jetzt die Rasenflächen und Blumenbeete, bedienten bei Tisch oder polierten irgendwelche Messinggegenstände. In der Nacht würden sie sich in Schichten ablösen, um das Kasinogebäude in einem weiten Ring von Beobachtungsposten zu überwachen. Denn wie der Chef des Generalstabs bei einer Besprechung im Ministerium zum Befehlshaber des Oberkommandos Süd gesagt hatte, würde man es >entschieden vorziehen, keinen der Knaben zu verlieren<.
    Das Kriegsspiel begann pünktlich um neun Uhr und dauerte den ganzen Tag. Der Absprung des 2. Bataillons des Fallschirmjäger-Regiments fand kurz nach dem Mittagessen statt. Ein Major des 2. Fallschirmjäger-Bataillons stand zufällig neben dem sowjetischen Luftwaffenoberst, der die Vorgänge mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgte.
    »Wie ich sehe«, bemerkte der Russe, »bevorzugen Sie auf Kompanie-Ebene immer noch den 5 cm-Mörser.«
    »Ein nützliches Gerät«, stimmte der Brite zu. »Wirkungsvoll und immer noch zuverlässig.«
    »Ich pflichte Ihnen bei«, sagte der Russe langsam. Er sprach Englisch, wenn auch mit starkem Akzent. »Ich habe sie in Afghanistan eingesetzt.«
    »Ach ja? Ich habe sie auf den Falklands eingesetzt«, sagte der Fallschirmjäger-Major, und in Gedanken ergänzte er, »aber der Unterschied ist, wir haben auf den Falklands in kurzer Zeit gesiegt, und ihr holt euch in Afghanistan eine böse Niederlage.«
    Der Russe gestattete sich ein grimmiges Lächeln. Der Brite erwiderte es. »Mistkerl«, dachte der Russe, »er denkt daran, wie übel uns in Afghanistan mitgespielt wird.«
    Beide Männer behielten ihr Lächeln. Keiner von beiden konnte wissen, daß in zwei Jahren der bemerkenswerte neue Generalsekretär in Moskau den Rückzug der gesamten Sowjetarmee aus Afghanistan befehlen würde. Man war erst am Anfang, und alte Gewohnheiten haben ein zähes Leben.
    An diesem Abend war das Dinner in der Kaserne von Tidworth nicht mehr so verkrampft. Der Wein floß. Auch Wodka war zu haben, der sonst in der britischen Armee nur selten getrunken wird. Trotz der Sprachschwierigkeiten kam hie und da Heiterkeit auf. Die Russen richteten sich nach ihrem ranghöchsten General, dem von den Panzergrenadieren. Er amüsierte sich offenbar königlich über die (gedolmetschten) Bemerkungen des britischen Generals, und so entspannten sie sich alle. Der Major von der Operationsabteilung hörte einem britischen Panzermann zu, der einen Witz erzählte, und wollte schon

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