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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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vom Kasino entfernt, sah die Gestalt. Er machte sich eine Notiz, unternahm aber sonst nichts.
    Am Tor trat der diensthabende Posten aus der Wachstube und grüßte, während die Gestalt sich duckte und unter dem Schlagbaum durchlief. Da der Läufer keine Militärmütze trug, konnte er nicht zurückgrüßen, hob aber die Hand, schlug dann die gewohnte Richtung ein und joggte in Richtung Tidworth davon.
    Um zehn nach sechs sah der Posten auf, blinzelte ungläubig und drehte sich dann zu seinem Unteroffizier um. »Gerade ist Oberst Arbuthnot vorbeigelaufen«, sagte er.
    »Ja, und?« fragte der Unteroffizier.
    »Zweimal«, sagte der Posten. Der Unteroffizier war müde. In zwanzig Minuten würde die Ablösung kommen. Das Frühstück winkte. Er zuckte die Achseln.
    »Wahrscheinlich hatte er was vergessen.« Diese Bemerkung sollte er noch bereuen. Bei den Vernehmungen im Rahmen des Disziplinarverfahrens.
    Major Kutschenko schlug sich nach einer halben Meile ins Gebüsch, streifte den gestohlenen weißen Jogginganzug ab und versteckte ihn tief im Unterholz. Als er zur Straße zurückging, trug er graue Flanellhosen und ein Tweedsakko mit Hemd und Krawatte. Nur seine Adidas-Turnschuhe paßten nicht ganz dazu. Er vermutete, daß eine Meile hinter ihm ein verärgerter Oberst Arbuthnot gelaufen kam, der zehn Minuten vergeblich nach seinem gewohnten Jogginganzug gesucht hatte und dann zu dem Schluß gekommen war, daß seine Ordonnanz ihn wahrscheinlich in die Wäscherei gegeben und noch nicht zurückgebracht hatte. Er trug jetzt sicher seinen Reserveanzug und hatte noch nicht gemerkt, daß ihm auch ein Hemd, eine Krawatte, ein Sakko und ein Paar Hosen fehlten.
    Kutschenko hätte ohne weiteres seinen Vorsprung vor dem britischen Oberst halten können, bis dieser umkehrte, konnte sich diese Mühe jedoch sparen, weil von hinten ein Auto kam, das auf sein Winken hin anhielt. Kutschenko beugte sich zum Fenster auf der Beifahrerseite herab.
    »Tut mir schrecklich leid«, sagte er, »aber mein Wagen hat den Geist aufgegeben. Dort hinten. Meinen Sie, ich finde in North Tidworth eine Werkstatt, die mir behilflich sein kann?«
    »Bißchen früh«, sagte der Fahrer, »aber ich kann Sie bis in den Ort mitnehmen. Steigen Sie ein.«
    Der Fallschirmjäger-Major hätte nicht schlecht gestaunt, wie gut Kutschenko plötzlich Englisch konnte. Der ausländische Akzent war allerdings unüberhörbar.
    »Sie sind nicht von hier, oder?« fragte der Fahrer, um mit dem Fremden ins Gespräch zu kommen. Kutschenko lachte.
    »Nein, ich bin aus Norwegen. Ich sehe mir die britischen Kathedralen an.«
    Der freundliche Autofahrer setzte Kutschenko um zehn vor sieben in dem verschlafenen Städtchen North Tidworth ab und fuhr weiter Richtung Marlborough. Er hatte nicht den geringsten Grund, irgend jemandem von dem Vorfall zu erzählen, und es würde ihn auch nie jemand danach fragen.
    In der Stadtmitte fand Kutschenko eine Telefonzelle, und genau eine Minute vor sieben wählte er eine Londoner Nummer und steckte ein 50-Pence-Stück in den Schlitz. Beim fünften Klingeln wurde am anderen Ende abgehoben.
    »Ich würde gern Mr. Roth sprechen, Mr. Joe Roth«, sagte Kutschenko.
    »Ja, Joe Roth am Apparat«, sagte die Stimme am anderen Ende.
    »Wie schade«, sagte Kutschenko. »Wissen Sie, ich hatte eigentlich gehofft, Chris Hayes sprechen zu können.«
    In seiner kleinen, aber eleganten Wohnung in Mayfair gab sich Joe Roth einen Ruck, und im nächsten Moment waren seine professionellen Instinkte in höchster Alarmbereitschaft. Er war erst seit zwanzig Minuten wach, noch im Pyjama und unrasiert, ließ sich ein Bad einlaufen und hatte sich gerade den Frühstückskaffee gemacht. Er war auf dem Weg von der Küche ins Wohnzimmer gewesen, Orangensaft in der einen, Kaffee in der anderen Hand, als das Telefon klingelte. Es war noch früh, sogar für ihn, und er war kein Spätaufsteher, obwohl er als Stellvertretender Ressortchef für Öffentlichkeitsarbeit in der amerikanischen Botschaft, nur eine Viertelmeile entfernt am Grosvenor Square, erst um zehn Uhr zum Dienst erscheinen mußte.
    Joe Roth war bei der CIA, aber er war nicht Londoner Stationschef des Geheimdienstes. Diese Ehre hatte William Carver, und Carver war, wie alle Stationschefs, bei der Western Hemisphere Division. Das bedeutete, daß Carver >deklariert< war, daß also im Milieu so gut wie jeder wußte, was er war und welche Funktion er hatte. Carver saß von Amts wegen als offizieller Vertreter der CIA in London

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