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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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Glas, prostete ihr zu und drängte sich dann weiter in
Richtung Tony. Bis sie sich durch die Menge gearbeitet hatte, war ihr Glas
schon wieder leer. »Ich brauche noch ein Glas Wein«, sagte sie und lehnte sich
neben ihm gegen die Wand.
    »Das ist schon dein viertes«,
stellte er fest, aber nicht in unfreundlichem Ton. »Wer zählt da schon mit?«
    »Ich, offensichtlich.«
    »Du bist mein Freund, nicht
mein Psychiater.« Carols Tonfall war eisig.
    »Eben deshalb sage ich dir ja,
dass du vielleicht zu viel trinkst. Als dein Therapeut wäre ich kaum so kritisch.
Ich würde es dir überlassen.«
    »Hör mal zu, Tony. Mir geht's
gut. In der Zeit nach ... Ich gebe zu, dass es mal eine Zeit gab, als ich zu
viel getrunken habe. Aber ich habe es wieder unter Kontrolle. Alles klar?« Tony
breitete beschwichtigend die Hände aus. »Es ist deine Sache.«
    Carol seufzte tief und stellte
ihr leeres Glas neben seines auf den Tisch. Er konnte einen zum Wahnsinn
treiben, wenn er so vernünftig war. Aber sie war schließlich nicht die Einzige,
die es nicht mochte, wenn man ihre Macken ans Tageslicht zog. Soll er doch mal sehen, wie
ihm das gefällt. Sie lächelte liebenswürdig. »Sollen wir mal rausgehen, ein bisschen
Luft schöpfen?«
    Er lächelte etwas ratlos.
»Okay, wenn du willst.«
    »Ich habe ein paar Sachen über
deinen Vater herausgefunden. Gehen wir doch irgendwohin, wo wir richtig reden
können.« Sie beobachtete, wie sein Lächeln verschwand und er reumütig das
Gesicht verzog. Wer Tonys Vater war, hatte sich erst nach dessen Tod
herausgestellt, weil er beschlossen hatte, dem Sohn, den er nie gekannt hatte,
sein Anwesen zu hinterlassen. Carol wusste ganz genau, dass Tony in Bezug auf
Edmund Arthur Blythe bestenfalls zwiespältige Gefühle hatte. Er mochte es
genauso wenig, über seinen erst kürzlich entdeckten Vater zu sprechen, wie sie
selbst Lust zu Diskussionen über ihre angebliche Alkoholabhängigkeit hatte.
    »Ein Punkt für dich. Ich geh
und hol dir noch einen Wein.« Als er die Gläser brachte, stand ihm plötzlich
ein Mann im Weg, der sich aus der Menge gelöst und sich groß und breit vor ihnen
aufgebaut hatte.
    Carol schätzte ihn mit
routinemäßigem Blick ein. Sie hatte vor Jahren bereits die Gewohnheit
angenommen, sich gedanklich die Merkmale von Menschen einzuprägen, die ihr
begegneten, und ein Bild aus Worten zusammenzusetzen, als sei es für ein
Fahndungsplakat oder einen Polizeizeichner gedacht.
    Dieser Mann war für einen
Polizeibeamten klein und stämmig, aber nicht dick. Er war sauber rasiert, die
weiße Scheitellinie auf einer Seite des Kopfes teilte das hellbraune Haar. Seine
Haut war gerötet und hell wie bei einem Liebhaber der Fuchsjagd auf dem Land;
die braunen Augen lagen in einem feinen Netz von Fältchen, was auf ein Alter
Ende vierzig oder Anfang fünfzig deutete. Eine kleine Knollennase, volle Lippen
und ein Kinn wie ein Pingpongball. Er trat mit einer Autorität auf, die an
einem alten Tory-Granden nicht unpassend gewesen wäre.
    Sie war sich durchaus bewusst,
dass ihr die gleiche intensive Begutachtung zuteil wurde. »Detective Chief Inspector
Jordan«, sprach er sie an. Ein voller Bariton mit einem leichten Anklang an
den Dialekt des Südwestens. »Ich bin James Blake, Ihr neuer Chief Constable.«
Er streckte Carol die Hand hin. Sie war warm, breit und trocken wie Papier. Genau wie sein Lächeln. »Freut mich, Sie
kennenzulernen, Sir«, sagte Carol. Blakes Augen ließen ihr Gesicht nicht los,
und sie musste den Blick abwenden, um Tony vorzustellen. »Das ist Dr. Tony
Hill. Er arbeitet hin und wieder mit uns.« Blake warf einen Blick auf Tony und
senkte das Kinn zu einem flüchtigen Gruß. »Ich wollte die Gelegenheit
ergreifen, das Eis zu brechen. Ich bin sehr beeindruckt von dem, was ich über
Ihre Arbeit gehört habe. Aber ich werde einiges hier ändern, und der
Zuständigkeitsbereich in Ihrer Obhut hat für mich Priorität. Ich würde Sie
gerne morgen früh um halb elf in meinem Büro sehen.«
    »Aber natürlich«, sagte Carol.
»Ich freue mich darauf.«
    »Gut. Dann ist das klar. Bis
morgen, Chief Inspector.« Er wandte sich ab und drängte sich zurück durch die
Menschenmenge.
    »Das ist ja außergewöhnlich«,
sagte Tony. Das hätte alles Mögliche heißen können, alle Varianten wären
gleichermaßen gültig gewesen. Und nicht alle beleidigend. »Hat er wirklich
>in Ihrer Obhut< gesagt?«
    »Obhut«, wiederholte Tony
schwach.
    »Das Glas Wein - jetzt brauche
ich es wirklich.

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