Meade Glenn
auf eine Großstadt wie Washington ein Giftgasanschlag mit tausend Litern der Substanz A232X verübt werden, wäre eine unglaubliche Katastrophe die Folge«, begann Maslov, der versuchte, seine Nervosität zu besiegen, indem er sich vorstellte, vor Studenten zu sprechen. »Ich kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, welche Schäden eine solche Waffe in der amerikanischen Hauptstadt genau verursachen würde. Uns liegen keine Studien über die Substanz A232X vor. Darum ist alles, was ich sage, reine Spekulation.
Labortests mit Tieren legen jedoch nahe, dass das Zerstörungspotenzial dieser Waffe sehr groß ist…« Maslov, der an die Dolmetscherin an seiner Seite dachte, die bei etwaigen Sprachproblemen sofort einspringen würde, suchte das passende Wort. »Unvorstellbar groß.«
Die Zuhörer lauschten gebannt seinen Worten, und Maslovs Selbstvertrauen wuchs. Er ging zu der Karte, die am Ende des Konferenztisches aufgestellt worden war. Es war ein Stadtplan von Washington, D.C., mit den angrenzenden Bezirken. Mit einem Marker waren drei dicke konzentrische Kreise in Rot, Orange und Grün eingezeichnet worden, die sich von der Stadtmitte aus ausbreiteten. Maslov, der Washington nicht kannte, wusste genau, was die bunten Kreise bedeuteten.
»Mithilfe Ihrer Kollegen habe ich anhand unserer Berechnungen versucht, eine Einschätzung des Schadensausmaßes vorzunehmen. Da Sie nicht wissen, wo der Sprengsatz versteckt ist, gehe ich von dem größten anzunehmenden Unfall aus.
Angenommen, das Giftgas kommt an einem betriebsamen, fast windstillen Tag zum Einsatz, wenn auf den Straßen im Zentrum der Stadt viel Verkehr herrscht.«
Maslov zeichnete mit dem Finger den roten, orangefarbenen und grünen Kreis nach. »Diese drei Kreise zeigen die Hauptschadenszonen nach der Schwere des Schadensausmaßes.
Beginnen wir mit dem roten Kreis. Es ist siebzehn Uhr dreißig, Hauptverkehrszeit an einem normalen Werktag. Die Menschen gehen ihren üblichen Beschäftigungen nach: Sie verlassen die Büros, gehen zur Bushaltestelle, zur U-Bahn oder zu ihren Fahrzeugen. Der Sprengsatz wird mit einer Rakete aus dreihundert Metern Höhe gezündet, und der Sprengkopf enthält tausend Liter A232X…« Maslov zeichnete noch einmal den roten Kreis nach. Er berührte die Union Statio n im Norden, die National Mall bis zur 4. Straße im Westen, den Southwest Freeway im Süden und kreuzte die Independence Avenue im Osten. Capitol Hill lag im Zentrum des Kreises. »Innerhalb dieses Kreises überlebt niemand. Alle Menschen werden augenblicklich getötet.«
»Niemand?«, fragte der Präsident ungläubig. »Überhaupt niemand?«
Maslov schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Auch die Menschen in den Büros und Häusern sind nicht in Sicherheit. Das Gas dringt durch geöffnete Fenster in die Gebäude. Und selbst wenn die Fenster geschlossen sind, gelangt das Gas durch die Klimaanlagen in die Häuser. Vielleicht werden ein paar Menschen, die sich zur Zeit des Anschlags tief unten in Untergeschossen oder in der U-Bahn aufhalten, überleben, aber viele könnten es nicht sein. Alle anderen in diesem Kreis…« -
Maslov schnippte mit den Fingern -, »… sind innerhalb von Sekunden tot.«
Paul Burton war erstaunt. »Es ist fast unglaublich, dass ein Gas einen solchen Schaden anrichten kann.«
»Das A232X ist viel giftiger als alle anderen Nervengase. Das dürfen Sie nicht vergessen«, erwiderte Maslov. »Es muss nur ein Hundertstel eines Tropfens in die Lungen eines Menschen geraten, um ihn zu töten. Das ist eine winzige Menge, die für das bloße Auge unsichtbar ist.« Maslov holte tief Luft. »Ich gebe Ihnen ein Beispiel anhand eines von uns durchgeführten Tests. Ein winziges Tröpfchen, dessen Menge ein Zehntel der Größe eines Stecknadelkopfes betrug, führte bei einem deutschen Schäferhund mit einem Gewicht von sechzig Kilogramm innerhalb von fünf Sekunden den Tod herbei. Wir können davon ausgehen, dass ein Erwachsener oder ein Kind mit demselben Gewicht innerhalb derselben Zeit sterben würden, wenn die betreffende Person derselben Dosis ausgesetzt wäre.«
Maslov atmete wieder tief durch, ehe er fortfuhr. »Es würde Folgendes passieren: Die Opfer sehen, wie die Rakete explodiert. Über ihren Köpfen breitet sich ein nebeliges weißes Gas aus. Ein unangenehmer Geruch, der an verfaulten Fisch erinnert, steigt ihnen in die Nase. Die Opfer verspüren starke Schmerzen in den Augen und einen unerträglichen Druck in der Brust, als würden
Weitere Kostenlose Bücher