Meade Glenn
Bevölkerung und die Politiker würden aufbegehren, wenn die Leichen wie verseuchte Tierkadaver auf Scheiterhaufen gewo rfen und verbrannt werden würden. Was sollte letztendlich mit den Leichen geschehen?
Um die Zersetzung zu verlangsamen und das Risiko von Epidemien zu senken, hielt O’Brien es für das Beste, die Leichen Richtung Norden nach Maine zu schaffen, wo es kälter war.
Könnten die Container und Frachtschiffe in Chesapeake ablegen? Die Leichen mussten kalt gelagert werden, bis sie begraben oder auf See bestattet werden konnten, was etwas humaner war. Zuerst einmal mussten die Laster mit den Opfern Maryland und Virginia durchqueren, um die Küste zu erreichen.
Die FEMA musste dem Verkehrsministerium die schreckliche Aufgabe übertragen, die Leichen aus der Stadt und zu dem Zwischenlager zu transportieren, O’Brien beschäftigte sich wieder mit dem Transportproblem. Tausende von Traktor-anhängern, Reisebussen und Lastwagen mussten organisiert werden. Keine leichte Aufgabe, da nichts an die Öffentlichkeit dringen durfte.
Es waren schreckliche Fragen, auf die O’Brien Antworten finden musste. Wie viele Leichen passten in einen Fünf- oder Zehntonner, in einen Reisebus und auf ein Frachtschiff? Er war gezwungen, eine Studie zu erstellen. Das Frachtkontingent aller geeigneten Fahrzeuge und Schiffe musste berechnet werden.
Nach dem Transport mussten die Fahrzeuge und Schiffe entweder vernichtet oder lange Zeit auf Eis gelegt werden, um Verseuchungen zu vermeiden.
Der Albtraum ging weiter. Die Opferzahlen, mit denen O’Brien nach Anweisungen des Direktors operierte, legten nahe, dass Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste im Falle einer Katastrophe handlungsunfähig waren. Falls der Präsident überleben sollte, musste er den Ausnahmezustand verhängen. Es wäre mit dem größten Chaos aller Zeiten und einer explosionsartigen Zunahme von Verbrechen zu rechnen. Die Nationalgarde musste vorläufig für Ordnung sorgen. Durch die hohe Anzahl an Opfern in Washington, unter denen sich auch viele Gardisten befinden würden, musste die Lücke durch Gardisten und Polizisten aus anderen Staaten geschlossen werden.
Washington würde allein nicht mit der unvorstellbaren Katastrophe fertig werden. Man müsste Virginia, Maryland, Cleveland, Philadelphia und sogar New York bitten, Krankenhäuser, Rettungsmannschaften, Feuerwehrleute und Nationalgardisten zur Verfügung zu stellen.
O’Brien bereitete noch etwas anderes Kopfzerbrechen. Es würde Probleme geben, hunderttausende kontaminierter Leichen nach Chesapeake zu transportieren. Den Gouverneuren von Maryland und Virginia würde der Gedanke, dass endlose Konvois mit gefährlicher Fracht durch ihr Land fuhren, ganz und gar nicht gefallen.
Schöne Scheiße! Der Direktor der FEMA müsste dem Präsidenten einen Gesetzesvorschlag zur Unterzeichnung vorlegen.
Es war fast unmöglich, die ganze Sache vor der Öffentlichkeit geheim zu halten und gleichzeitig für den prompten Einsatz der Rettungsmannschaften zu sorgen. Er könnte für alle Rettungsdienste eine streng geheime Übung ansetzen und alle Urlaube streichen. Streng geheime Übungen waren nichts Ungewöhnliches.
Doch die Rettungskräfte waren nicht auf den Kopf gefallen.
Wenn Sie eine ernsthafte Bedrohung vermuteten und Angehörige in Washington hatten, würden sie diese warnen. In kürzester Zeit würde in der Stadt eine Massenhysterie und auf den Straßen das Chaos ausbrechen. Und wenn der Sprengsatz in dem Augenblick gezündet wurde? Die Folge wären noch höhere Opferzahlen. O’Brien seufzte. Je intensiver er sich mit der Katastrophe beschäftigte, desto chaotischer wurde es. Das Krisenmanagement würde alles tun, um den Opfern zu helfen, aber in einer solchen Situation wäre das Chaos unvermeidbar.
Eine wahre Apokalypse.
Um Viertel vor acht warf er den Kugelschreiber auf den Tisch. Er war am Ende. Sein Schädel brummte. Der Direktor hatte ihm die schwierigste Aufgabe aller Zeiten übertragen.
O’Brien hatte ein Katastrophenszenario erstellt, mit dem er alles andere als zufrieden war. Er hatte einen Plan skizziert, um die Versorgung einer halben Million unversehrter Überlebender und Zweihunderttausend Verletzter sowie den Abtransport von dreihunderttausend Leichen sicherzustellen. Der Entwurf wartete noch auf seine Fertigstellung. Außerdem regierte in Zeiten derartiger Katastrophen Murphys Gesetz, auch wenn die besten Pläne vorlagen. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass der Plan wie ein
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