Meade Glenn
Sowjets eine Terroristenausbildung zu erhalten. Sie zählten zu den begabtesten Studenten. Beim Waffentraining, der
Bombenherstellung und der Informationssammlung waren Sie die Klassenbeste. Sie stellten sogar die besten männlichen PLO-Rekruten in den Schatten. Carlos der Schakal soll so beeindruckt gewesen sein, dass er Ihnen einen Platz in seiner Terrororganisatio n anbot. Dieses Angebot lehnten Sie zu seiner großen Enttäuschung ab. Ja, Sie sind eine sehr bemerkenswerte Frau.«
»Was hat das alles zu bedeuten? Warum werde ich gegen meinen Willen festgehalten?«
Der Ägypter warf die Reste der Apfelsine weg, wischte sich über den Bart, klappte die Klinge des Schnappmessers wieder ein, indem er auf einen Knopf auf dem Perlmuttgriff drückte, und schob es in seine Hosentasche. »Einst brannte in Ihrem Herzen ein Feuer für die arabischen Ziele. Das ist scheinbar erloschen. Die Israelis wissen das sicher auch. Darum wird Ihnen erlaubt, Ihren Sohn zu besuchen. Was ist los mit Ihnen, Karla Sharif? Ist Ihr Interesse an der Sache geschwunden? Sind Sie feige geworden?«
Karla starrte den Mann an, und plötzlich wusste sie, warum er hier war. »Das hat mit dem Besuch von Nikolai Gorev zu tun, nicht wahr?«
Der Ägypter nickte.
»Was wollen Sie von mir?«
»Ihre Mitarbeit.«
»Ich habe es Nikolai bereits gesagt. Mein Leben hat sich verändert. Schon seit vielen Jahren habe ich keine Lust mehr, für Ihre Sache zu kämpfen. Die Antwort ist nein.«
»Niemand von uns will kämpfen. Wir tun es, weil wir für die islamische Sache kämpfen müssen. Und das müssen auch Sie.
Sie haben einst einen heiligen Schwur geleistet.«
»Das ist lange her.«
Die dunklen Augen des Ägypters blitzten gefährlich. »Das hat für Ihre Freunde keine Bedeutung. Erinnern Sie sich an die Worte des Korans? ›Und wenn sie sich von ihrem Gelübde lossagen, ergreift sie und tötet sie, wo immer ihr sie findet.‹«
»Ist das eine Drohung?«, fragte Karla gefasst.
»Die Logik des Gelübdes ist ganz simpel. Diejenigen, die sich uns nicht anschließen, sind gegen uns. Und wenn sie gegen uns sind, werden sie sterben. Außerdem wissen Sie bereits viel zu viel über unsere Pläne.«
»Sie erreichen nichts, wenn Sie mich töten.«
»Vielleicht.« Der Ägypter stand auf. »Es gibt andere Möglichkeiten. Wir denken da zum Beispiel an Ihren Sohn Josef. Freunde und Brüder einiger Männer, die Sie unten getroffen haben, sitzen in demselben Gefängnis.«
Karla erblasste. »Was wollen Sie damit sagen?«
»Es wäre kein Problem, einen Unfall zu inszenieren. Ihr Sohn könnte sich in seiner Zelle erhängen oder mit einem Messer zwischen den Rippen aufwachen.« Der Ägypter zuckte die Schultern und grinste sie böse an. »Leider kommt es in Gefängnissen immer wieder zu derart bedauerlichen Vorfällen.«
»Sie Scheißkerl.« In Karla Sharifs Augen spiegelte sich blinde Wut. Sie wollte ihm mit den Fingernägeln durchs Gesicht kratzen, doch er umklammerte ihren Arm mit einer Hand und verpasste ihr mit der anderen eine schallende Ohrfeige. Karla drehte sich blitzschnell um, befreite sich aus der Umklammerung und schlug ihm mit der Faust auf den Mund.
Der Ägypter taumelte und fiel mit blutenden Lippen zu Boden.
In Sekundenschnelle rappelte er sich wieder auf, griff in die Hosentasche und zog das Schnappmesser hervor. Er drückte auf den Knopf, und die Klinge sprang heraus. »Das war sehr dumm von Ihnen. Dann zeigen Sie mal, wie gut Sie wirklich sind, Karla Sharif.«
Der Ägypter stürzte sich wie ein wütender Bulle mit gespreizten Armen auf sie. Karla wich nicht zurück, sondern zur Seite aus und schlug so kräftig auf die Hand des Ägypters, dass ihm die Klinge entglitt. Der nächste Schlag traf seinen Nacken, woraufhin er wieder zu Boden sank. Karla ergriff das Messer, stellte einen Fuß auf den Nacken des Mannes und richtete die Klinge auf sein Gesicht. »Beantwortet das Ihre Frage?«
Plötzlich tauchten die Wachposten auf und richteten ihre Gewehre auf Karla. Der Ägypter hob die Hand. »Nein, nicht schießen.«
Die Männer ließen ihre Gewehre sinken. Karla trat einen Schritt zurück, warf das Messer durch die Luft und versenkte die Spitze der Klinge neben dem Ägypter in der Erde. Er erhob sich und klopfte den Staub von seinem Anzug. »Lasst uns allein«, befahl er. »Wartet unten.«
Die Männer gingen davon. Der Ägypter zog ein Taschentuch aus der Tasche, tupfte sich den Mund ab und grinste Karla gequält an. »Sie sind noch immer gut in
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