Meade Glenn
ehemals den Rang eines Obersten beim FSB inne. Das war der Föderale Sicherheitsdienst, der zusammen mit seiner Schwesterorganisation, dem SVR, dem Föderalen Dienst für Gegenaufklärung, das ehemalige KGB ersetzt hatte. Vor vier Jahren hatte Novikov sich frühzeitig in den Ruhestand versetzen lassen und sich tatkräftig in eine Reihe abenteuerlicher Privatgeschäfte gestürzt. Einige hatten zu einträglichen Regierungsverträgen geführt und aus ihm einen wohlhabenden Mann gemacht. Heute Abend drehten sich seine Gedanken mehr um persönliche Dinge, als er ungeduldig eine geschwungene Treppe hinaufstieg, die zu seiner Schlafsuite führte. Er trat ein und schloss hinter sich die Tür.
Der Raum war groß und luxuriös: russische Vasen aus Silber und Messing; bunte Teppiche, die aus feinster Astrachan-Wolle gewebt waren; ein handgeschnitzter Eichenschreibtisch; ein original Stavinsky-Gemälde des Kreml aus dem achtzehnten Jahrhundert an der Wand. Novikov hörte den prasselnden Regen. Eines der Fenster war geöffnet, und die Gardine wehte leicht in der kalten Brise.
Von einer Tischlampe fiel Licht durch die geöffnete Tür, die ins dunkle Schlafzimmer führte. Er grinste, lief auf das Fenster zu, um es zu schließen, änderte seine Meinung und genoss die kühle Herbstluft. Dann ging er ins Schlafzimmer und schaute sich um.
Auf dem großen französischen Bett, das mit seidenen Betttüchern überzogen war, lag eine junge Frau, eine Blondine mit einer entzückenden Figur. Hauchdünne Spitzendessous zierten ihren schlanken gebräunten Körper. Seidenstrümpfe, Strapse und glänzende, kniehohe pechschwarze Lackstiefel verliehen der Schönheit ein erotisches Aussehen. Neben ihr auf dem Bett lag eine Lederpeitsche, die gut zu ihrer Aufmachung passte. Die Frau, auf deren Diskretion man sich hundertprozentig verlassen konnte, arbeitete für eine der besten Moskauer Begleitservice-Agenturen.
Novikov war Junggeselle und erfreute sich häufig an der Gesellschaft junger Damen. Geld spielte dabei keine Rolle. Die junge Frau, die auf dem Bett lag, hatte einen Körper wie eine Göttin. Sie teilte mit Novikov die Vorliebe für wilde Sexspiele, die an Sadismus grenzten, eine Schwäche, der er sich heimlich hingab. Er strich mit der Zunge über seine Lippen, trat ans Bett und setzte sich auf den Rand. Einen kurzen Augenblick genoss er den Anblick der wunderschönen Rundungen und streichelte lächelnd die bronzefarbenen, seidigen Hüften, um die Blondine zu erregen.
»Zeit, uns zu vergnügen, Schätzchen. Heute Nacht habe ich Lust auf besonders heiße Spielchen. Du wirst sicher auch deine Freude daran haben.«
Die Frau antwortete nicht. Ihre Augen waren geschlossen.
Zuerst hatte er geglaubt, sie würde sich ausruhen, doch jetzt sah er, dass sie bewusstlos war. Er runzelte die Stirn und fühlte ihren Puls. Auf jeden Fall lebte sie noch. Möglicherweise waren Drogen im Spiel.
Hat diese blöde Schlampe etwa Drogen genommen und will mir den Abend versauen?’
Seltsamerweise dachte Novikov in diesem Moment an das geöffnete Fenster. Als er sich umdrehte, gefror ihm das Blut in den Adern. Ein Eindringling, der vollkommen in Schwarz gekleidet war, stand vor ihm. Er trug einen Blouson, eine Hose und Handschuhe. Eine wollene Skimaske verdeckte sein ganzes Gesicht und ließ nur Augenschlitze frei. Der Eindringling richtete eine Beretta auf Novikovs Kopf. »Was… was hat das zu bedeuten?«
Der Eindringling antwortete in leisem Ton: »Ganz ruhig.
Wenn Sie um Hilfe schreien, blase ich Ihnen das Gehirn aus dem Schädel.«
Novikov schaute verstohlen auf die Schublade im Nachtschrank ganz in seiner Nähe. Zu seiner eigenen Sicherheit bewahrte er immer eine Tokarev-Pistole in einem Geheimfach der Schublade auf. Sie war stets geladen und schussbereit. »Sie kommen hier nicht lebend raus, wenn Sie mich töten. Die Polizei wird sofort alarmiert. Ich habe Leibwächter und elektronische Sicherheits…«
»Ihre Sicherheitsvorkehrungen sind ungenügend.«
»Was wollen Sie?«, fragte Novikov.
Der Mann zeigte auf das Ölgemälde vom Kreml. »Öffnen Sie den Safe hinter dem Bild.«
Novikov erblasste, als er begriff, wonach der Eindringling suchte. »Mit so einem Diebstahl kommen Sie nicht ungeschoren davon. Niemals. Für ein solches Verbreche n wird man Sie wie ein Tier jagen. Egal, wohin Sie gehen. Sie wären so gut wie tot.«
»Machen Sie, was ich Ihnen sage«, befahl der Einbrecher.
Novikov ging zu dem Gemälde, drückte auf einen Schalter,
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