Meade Glenn
Sein einziger Sohn war im Kampf um Grosny gefallen. Damals war der General um zehn Jahre gealtert.
»Hier geht es nicht um persönliche Meinungen, sondern um Fakten, Präsident Kuzmin. Abu Hasim hat uns die Formel für eine Massenvernichtungswaffe gestohlen. Ehrlich gesagt, hätte er ebenso gut einen unserer Nuklearsprengköpfe stehlen können.«
»Dieses Problem ist nicht gelöst, wenn wir die gestohlene Formel zurückbekommen«, sagte Kuzmin.
»Das ist nicht der springende Punkt, Präsident Kuzmin. Wir können dieses Verbrechen gegen unser Land doch nicht einfach hinnehmen, ohne die Täter zu bestrafen, nicht wahr? Vor drei Monaten wussten wir noch nicht einmal, ob unsere Formel gestohlen wurde oder wer hinter dem Diebstahl stecken könnte.
Jetzt wissen wir es und kennen die Täter. Meines Erachtens ist die Zeit reif, dieses Verbrechen mit harten Strafen zu ahnden.
Ich habe in zwei Kriegen gegen die Islamisten gekämpft und die bittere Erfahrung machen müssen, dass sie zu allem fähig sind.
Diese Wahnsinnigen opfern ihr Leben für ihre Ziele. Wie soll man diese fanatische Aufopferung des Feindes bekämpfen, wenn man ihn nicht vollkommen vernichtet? Der Innenminister hat Recht. Sie könnten das Gas als Druckmittel gegen uns einsetzen, um uns ein Ultimatum zu stellen. Entweder wir ziehen unsere Truppen aus den muslimischen Provinzen zurück, oder sie richten unsere eigene Waffe gegen uns, töten zigtausende unserer Soldaten und löschen unsere Städte aus.«
Butov holte tief Luft. »Wir haben es hier mit einem Problem zu tun, das ein für alle Mal gelöst werden muss. 1979
marschierte die Sowjetunion in Afghanistan ein, um eine islamistische Rebellion niederzuwerfen, die von ebendiesem Abu Hasim und seinesgleichen angeführt wurde. Wir wurden besiegt, und zwanzig Jahre später gab es keine Sowjetunion mehr. Geblieben ist allerdings die Bedrohung durch dieselben Mudschaheddin. Eine anfangs unbehandelte Wunde hat sich allmählich in ein langsam wachsendes Krebsgeschwür verwandelt. In Afghanistan haben wir einen schwer wiegenden Fehler begangen, indem wir unseren Feind nicht vollkommen vernichtet haben, als sich uns die Möglichkeit bot. Sollen wir diesen Fehler wiederholen? Wenn wir das Skalpell nicht jetzt schwingen und die bösartige Geschwulst radikal entfernen, wird es in spätestens fünf Jahren kein Russland mehr geben.«
»Und welche Strategie schlagen Sie vor?«
»Wir müssen sie vernichten. Wenn die Amerikaner nicht entschlossen handeln können, müssen wir es tun. Für uns steht viel mehr auf dem Spiel. Millionen von Muslimen leben innerhalb unserer Grenzen, und die Militanten in ihren Reihen werden von Tag zu Tag kühner. Darauf kann es nur eine Antwort geben: Wir müssen sie vernichten oder unserer Niederlage und unserem Untergang ins Auge sehen.«
»General Butov, ist Ihrer Meinung nach ein gezielter Schlag gegen Abu Hasim möglich? Besteht die Chance, ihn zu töten?«
»Wir müssten mit massiver Waffengewalt gegen ihn vorgehen.«
»Erklären Sie das bitte genauer.«
»Ein Angriff unserer Bodentruppen scheidet aus, da das afghanische Terrain zu unwegsam ist. Ein schwerer Nuklearschlag steht aus bekannten Gründen nicht zur Debatte.
Durch den radioaktiven Niederschlag in den Nachbarländern würden wir uns keine Freunde machen. Wir verfügen hingegen über starke konventionelle Bomben und Raketen, die mit großer Präzision Zerstörungen anrichten können. Und über kleine atomare Sprengkörper, deren Druckwelle und Zerstörung bei gezieltem Einsatz auf fünfzehn Quadratkilometer begrenzt bleiben. Zum Beispiel ein 10-kt-Atomsprengkopf, der dieselbe Größe hätte wie die Bombe, die auf Hiroshima abgeworfen wurde.«
»Sie schlagen vor, eine dieser Nuklearbomben auf Abu Hasims Camp zu werfen?«
»Es würde ausreichen, die Bombe irgendwo in seiner Nähe abzuwerfen, um ihn zu töten.«
»Und seine anderen Camps?«
»Wir wählen die größten aus, bombardieren sie rücksichtslos mit starken 450kg-Bomben und verwandeln sie in Ödland.
Nichts soll mehr an die ehemaligen Stützpunkte der al-Qaida-Kämpfer erinnern.«
Kuzmin schürzte nachdenklich die Lippen und wandte sich an Androsov, den Direktor des SVR. »Androsov, welche aktuellen Informationen liegen über Abu Hasim vor? Können wir ihn lokalisieren?«
»Wie die Amerikaner beobachten auch wir seine Camps mithilfe von Satelliten. Weil die Camps näher an unserer Grenze liegen, haben wir die besseren Informationen. Wir haben in
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