Meade Glenn
halbwüchsige Diener servierte ihm eisgekühlten Zitronentee auf einem Silbertablett. Er sah zu, wie der Junge zwei Teelöffel Zucker in die Tasse gab, und blickte in den Dschungel hinaus. Hinter den Regenschleiern stand die dunkle Masse des üppigen grünen Waldes, die dicken Stämme des Bambus und die duftenden Mangobäume.
Bald würde es aufhören zu regnen. Die schweren Wolken über dem nahe gelegenen Regenwald würden sich verziehen, und am nächsten Morgen schiene wieder die Sonne. Der Garten und die Bäume würden dampfen, wenn in der Hitze das Regenwasser verdampfte.
»Die Natur ist ein Kreislauf«, hatte ein Lehrer ihm erklärt, als er als Kind dieses Phänomen beobachtete. Als er sich daran erinnerte, mußte er lächeln.
Aber jetzt war es dunkel und grau hinter dem unaufhörlichen Regen. Er hörte Schritte auf den Holzbohlen des Flurs, und einen Moment später tauchte Krüger auf. Er rauchte eine Zigarette. Die Ärmel seines grauen Pullovers hatte er hochgerollt, und man sah die dichte Behaarung seiner muskulösen Unterarme. Sein dichtes, schwarzes Haupthaar hatte er zurückgekämmt. Er setzte sich in den Stuhl gegenüber.
»Laß uns bitte allein, Emilio«, sagte der silberhaarige Mann freundlich zu dem Diener.
Lächelnd gehorchte der dunkelhaarige Junge. » Sí, Señor. «
Nachdem der Junge gegangen war, nahm der Silberhaarige einen Schluck von dem süßen, erfrischenden Zitronentee und sah Krüger an, unter dessen kräftiger Gestalt der Stuhl ächzte.
Ein Insekt kroch über den Tisch. Krüger schnipste es fort.
»Haben Sie Funkkontakt zu Franz aufgenommen?«
Krüger nickte. »Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen.«
»Sind Sie absolut sicher, Hans?«
»Der Journalist hat allein gearbeitet. Das steht außer Frage.«
»Und die Tonbandkassette?«
Krüger zog an seiner Zigarette und stieß den Rauch aus.
»War eindeutig leer. Franz und ich haben das Band und die Ausrüstung genauestens überprüft. Das Mikrofon war kaputt.
Offenbar hat es nur aus unmittelbarer Nähe Geräusche aufgenommen, und selbst dann nur sehr schwach. Nichts ist auf die Kassette gekommen.«
»Kein Zweifel möglich?«
»Nein. Franz’ Techniker ist sehr zuverlässig. Er meint, daß die Ausrüstung sehr empfindlich war. Wenn man sie nicht sorgfältig behandelt hat, konnte sie leicht kaputtgehen. Franz hat die Gerätschaften beseitigt.«
Der silberhaarige Mann seufzte erleichtert. Er hob die Tasse mit schlanken, manikürten Fingern und trank einen kleinen Schluck Zitronentee. Dann spähte er durch die Regenschleier in den Dschungel.
»Und die Reisevorbereitungen sind abgeschlossen?«
»Der Hubschrauber kommt um neun. Wenn wir Mexico City erreichen, bringt Konrad uns zu Halders Haus.«
Der silberhaarige Mann dachte kurz nach. »Ich möchte trotzdem, daß die Vorgeschichte des Journalisten genauestens überprüft wird, Hans. Aber diskret. Sagen Sie das Franz. Und ich möchte keine weiteren Zwischenfälle erleben. Der Pilot und der Journalist waren hoffentlich die letzten Pannen. Was in dem Hotel passiert ist, darf nie wieder vorkommen.«
Obwohl der Mann leise sprach, hörte Krüger den Tadel in seiner Stimme.
Er nickte schweigend und hätte gern gesagt, daß es keine Probleme mehr geben würde, daß er davon überzeugt sei. Franz’
Männer hätten an jede Möglichkeit gedacht. Aber der ältere Mann sprach schon weiter, und Krüger hörte respektvoll zu.
»Ich möchte, daß vor unserer Abreise alles vernichtet wird –
alles in diesem Haus, das wir nicht mitnehmen, muß verbrannt werden. Es darf nichts zurückgelassen werden, absolut nichts.
Als wären wir niemals hier gewesen. Als hätten wir nie existiert.
Sie werden dafür sorgen, Hans.«
Krüger neigte zur Antwort den Kopf.
»Das ist alles, Hans. Danke.«
Krüger stand auf und ging. Seine Schritte hallten von den Holzplanken wider.
Der Silberhaarige blieb sitzen und sah Krüger nach, der die Veranda überquerte und im Haus verschwand.
Als er allein war, starrte er wieder auf den Regenwald.
Er zögerte, zog dann langsam die Brieftasche aus der Jacke und entnahm ihr den Abzug eines Fotos. Die körnige Fotografie zeigte eine blonde junge Frau und einen dunkelhaarigen Mann.
Einen Augenblick später tauchten die Diener wieder auf.
Emilio trug das Silbertablett, und Lopez folgte ihm. Neben dem älteren Mann blieben sie stehen. Der silberhaarige Mann lächelte sie liebevoll an, und ihre Gesichter strahlten vor Respekt.
Die Jungen blickten auf das Foto in
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