Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner
sich der Klimawandel bemerkbar: Die Ausbreitung subtropischer Hochdruckgebiete, die immer weiter in den Norden
reichen. Spätestens seit 1988 können wir das ganz deutlich beobachten. Früher kam das Winterwetter eher aus dem Osten, der »Russen-Winter«. Heute haben
wir Wetterlagen, die in Spanien, Italien oder der Türkei ihren Ursprung haben. Dass hier Polarluftmassen das Wettergeschehen bestimmen, passiert immer
seltener.
1987 aber war ein ziemlich harter Winter, kann ich mich erinnern. Da fiel sogar die Schule aus. Und die Ostsee war beim Strand
zugefroren. Weiter hinten schwammen große Schollen, da trauten sich nur noch die ganz Wagemutigen rauf.
Dr. Reiner Tiesel: Das stimmt, wir hatten sehr niedrige Temperaturen – fast wie im Winter 1978 zu 1979. Und viel Schnee. Bis zu fünf Meter hohe
Verwehungen. Die Straßen waren dicht. Und dann kamen die Panzer zum Räumen. Die schoben alles weg. Auch die Autos, die amStraßenrand
standen. Aber der Schnee war nur das eine. Wir hatten auch Sturm und eine Sturmflut und einen Kälteeinbruch bis minus 15 Grad. Da fingen die Schiffe an
umzukippen. Die Wetterseiten vereisten, und die Besatzung musste ständig das Eis abklopfen, damit sie nicht kenterten. Das Klopfen war die ganze Nacht zu
hören.
Wann war die Ostsee das letzte Mal zugefroren?
Dr. Reiner Tiesel: Das war im Winter 1962 zu 1963. Und davor im Winter 1946 zu 1947. Besonders spektakulär war es im Winter 1928 zu 1929. Da
sind die Rostocker mit Viehwagen über die Ostsee nach Skandinavien gefahren. Mitten auf dem Meer standen Buden, wo sich die »Wasserwanderer« verköstigen
konnten. Schiffe lagen fest im Eis und konnten nicht freigeschleppt werden. Das dauerte bis März. Erst dann war der Rostocker Hafen wieder befahrbar.
Wenn die Winter immer wärmer werden – können wir uns da nicht entspannt zurücklehnen?
Dr. Reiner Tiesel: Nicht unbedingt. Denn man muss sagen, dass die Auswirkungen der Unwetter schlimmer geworden sind. Eine Folge der
Erwärmung. Und das betrifft die Ostsee, die Binnenseen und die Flüsse. Je wärmer sie werden, umso größere Kraft haben sie auch. Und das macht sich
bemerkbar: Sturmfluten, Orkane, Starkregen, Hagelschlag, Tornados – all’ das hat zugenommen. Starke Regenfälle haben schon ganze Hänge abrasiert. Das ist
besonders gefährlich an den Steilküsten. Der Boden ist ausgetrocknet und wird von den plötzlich hervorbrechenden Wassermassen oder vom Sturm einfach
mitgerissen. Dazu kommt, dass die Wetterepisoden kürzer werden:Es wird schneller heiß und kühlt sich auch schnell wieder ab.
Falls also jetzt noch jemand nach Mecklenburg-Vorpommern reisen möchte: Welche Jahreszeiten empfehlen Sie?
Dr. Reiner Tiesel: Das Frühjahr und den frühen Herbst. Im Mai, nach den Eisheiligen, baut sich in der Regel ein stabiles Hochdruckgebiet auf,
das meist bis in den Juni hält. Die Mitte des Jahres, also der Hochsommer, ist wegen niedrigen Luftdrucks eher instabil. Das ändert sich erst wieder im
»Altweibersommer«, der zweiten stabilen Hochdruckperiode im Jahr. Sie reicht von Mitte September bis etwa zum 20. Oktober. Der Nachteil ist, dass die
Sonne dann nicht mehr so warm ist. Aber wir Mecklenburger mögen die große Hitze sowieso nicht besonders.
Herr Dr. Tiesel, ich danke Ihnen herzlich.
Michael Joseph , auf dem Bild mit Händen, geboren 1973 in Rostock, absolvierte an der Universität seiner
Heimatstadt ein wirtschaftswissenschaftliches Studium. Seit 1999 ist er selbstständig tätig und leitet das Tochterunternehmen einer global tätigen
Beratungsfirma, wobei er vor allem für Webfragen verantwortlich zeichnet. Michael Joseph ist frisch verheiratet, hat eine sehr junge Tochter und einen
schon etwas altersschwachen Hund.
Matthias Schümann , geboren 1970 in Rostock, studierte Germanistik sowie Anglistik und absolvierte dann eine journalistische
Ausbildung. Seit Mitte der 90er-Jahre arbeitet er vor allem für Tageszeitungen und Zeitschriften. Matthias Schümann lebt als freiberuflicher Journalist
und Texter in Rostock, er ist verheiratet, hat drei nicht mehr ganz so kleine Töchter und keine Haustiere. Im Hinstorff Verlag publizierte er bereits zwei
Bücher: »Kunstwege – Spaziergänge durch Rostock und Warnemünde« (zusammen mit Reiner Mnich, 2006) und »Einsatzort Wanderweg – Mit Axel Prahl und Jan
Josef Liefers durch Mecklenburg-Vorpommern« (zusammen mit Danny Gohlke, 2010).
Wer noch mehr erfahren will,
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