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Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner

Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner

Titel: Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Joseph
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schließlich da wohnt, wo andere Urlaub
    machen. Im sonst vergleichsweise armen Norden gönnt es sich der Einheimische, nur die Tage herauszupicken, an denenBaden schon beim ersten
    Wasserkontakt Freude bereitet. So viel Luxus muss sein.
    Der Mai ist eine wunderbare Jahreszeit, um Mecklenburg-Vorpommern zu bereisen. Das Land zeigt seine ganze Farbenpracht. Selbst bei gutem Wetter sind die
    Strände noch nicht so voll wie im Hochsommer und mit etwas Überwindung macht auch das Baden Spaß. Wem die Ostsee dennoch zu kalt ist, der findet im
    Hinterland über 2000 Seen inmitten von betörend schönen Hügellandschaften, Wäldern und blühenden Feldern. Etwa ein Zwanzigstel der Fläche
    Mecklenburg-Vorpommerns nehmen Binnengewässer ein. Hinzu kommen die Lagunen der Ostsee, die Bodden, die nahezu vollständig von Halbinseln eingeschlossen
    sind und nur über einen schmalen Zugang zum offenen Meer verfügen, weshalb das Wasser einen niedrigeren Salzgehalt hat. Von den knapp 1470 Kilometern
    Ostseeküste entfallen 1130 Kilometer auf die Bodden und 340 auf die offene See. Badefans und Strandläufer können sich über 270 Kilometer Sandstrand
    freuen. Das ist flüchtig betrachtet eine nüchterne Zahl. Aber stellen Sie sich vor, Sie würden von Hamburg nach Berlin oder von Leipzig nach Hannover nur an
    Sandstrand vorbeifahren. Höhe Wolfsburg im Stau, ausziehen und fix ins Wasser gesprungen. Übrigens hat Mallorca gerade mal 580 Kilometer Küste, davon ein
    Zehntel Strände.
    Das wunderbar Unkomplizierte in MV ist, dass Sie allenfalls ein Handtuch brauchen, da Sie fast überall nackt baden können. Selbst die großen Deutschen,
    Goethe und Bismarck, verzichteten ja beim öffentlichen Bade angeblich auf sämtliche Kleider. Wer den sogenannten »Effi«, wie der FKK-Strand hier oft
    bezeichnet wird, aber nicht mag, der lässt einfach die Badehosen an oder wählt einen der zahlreichen Textilstrände. Vor jedem Aufgang zeigtsich Ihnen ein Schild, welches mit leicht verständlichen Symbolen verdeutlicht, ob sie Kleidung tragen sollten oder nicht. Da die Strände im
    geordneten Deutschland liegen, finden Sie auf der Tafel selbstverständlich auch die paragrafenreiche Badeordnung, deren Lektüre Sie nicht versäumen sollten,
    sowie Hinweise, ob Sie Ihr Pferd, Ihr Zelt oder Ihren Lenkdrachen mitnehmen dürfen oder nicht. Wenn das Symbol Hund durchgestrichen ist und Sie Ihren treuen
    Freund nicht bei 70 Grad im Auto garen lassen möchten, dann achten Sie auf den Wegweiser zum nächstgelegenen Hundestrand.

    Als 1793 in Frankreich die Revolution in politische Bahnen gelenkt wurde, fingen die Mecklenburger an zu baden. Mit Heiligendamm, das
    Ihnen vielleicht noch durch den G8-Gipfel im Jahre 2007 in Erinnerung ist, wurde auf Anregung eines gewissen Dr. Vogel durch Kurfürst Friedrich Franz I. das
    erste deutsche Seebad eröffnet. Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden unter anderem in Boltenhagen, Warnemünde und Sassnitz weitere Ostseebäder: Der Beginn
    der Badekultur auf dem Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommern.
    Meine Großmutter berichtete mir, dass sie als junges Mädchen noch in sogenannten Badekarren von Pferden ins Wasser gezogen wurde, streng von neugierigen
    Blicken des anderen Geschlechts abgeschirmt. Dabei handelte es sich um hölzerne Umkleidekabinen auf Rädern. Diese betrat man an Land in Straßenbekleidung,
    zog sich innen um und nach kleiner Kutschfahrt in die See durfte man den Karren durch eine Hintertür zum Bade verlassen. Die zahlreichen Nichtschwimmer
    konnten sich an einem Tau buchstäblich über Wasser halten.
    Die Bademode hatte um 1900 geradezu groteske Züge angenommen. Die Damen gingen mit Strümpfen, Hüten und Kleidern samt Korsett ins
    Wasser. Männer bevorzugten Strampler. Mit zunehmender Freude am Bade wurde mehr Haut gezeigt. Freikörperkultur entwickelte sich zu Zeiten der Weimarer
    Republik sogar zu einem Massenphänomen. 1932 wurde dem mehr oder weniger nackten Treiben mit dem »Zwickel-Erlass« vorerst ein Ende gesetzt. Gebote und
    Verbote waren in diesem Schriftstück niedergelegt: »… Frauen dürfen nur dann öffentlich baden, falls sie einen Badeanzug tragen, der Brust und Leib an der
    Vorderseite des Oberkörpers vollständig bedeckt, unter den Armen fest anliegt sowie mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist … Männer
    dürfen öffentlich nur baden, falls sie wenigstens eine Badehose tragen, die mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist. In

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