Mecklenburger Winter
Schritt. Nein, man sah zum Glück nichts. „Wie kommst du darauf?“
„Na komm, so wie du ihn mit den Augen ausziehst und in Gedanken flachlegst. Das sieht doch jeder.“ Angie lächelte und nahm Kai den Cappuccino aus der Hand. „Und so wie er dich anschmachtet, wenn er glaubt, keiner - inklusive dir - sieht es, da läuft doch was.“
Seufzend ließ sich Kai auf einen Stuhl fallen. „Ja, da läuft was, oder vielmehr schleicht es, denn von Laufen kann keine Rede sein“, gab er zu. Angie zog die Augenbrauen hoch. „Klingt nicht nach dir“, meinte sie augenzwinkernd. „Du bist doch sonst nicht gerade zurückhaltend.“
„Nun ja ...“ Kai seufzte erneut. „Es ist halt … komplizierter.“ Angie hob erneut fragend die Augenbrauen. „Liebe ist immer kompliziert, mein lieber Kai. Ob nun unter Männern oder Männern und Frauen. Wobei, nein. Männer sind halt immer kompliziert.“ Sie lachte bitter auf. „Woran liegt es denn? So wie ich das sehe, ist der Kleine scharf auf dich und du sowieso, also warte, bis der letzte Kunde gegangen ist und ihr die Dusche für euch habt. Ich lasse dich dann auch heute ganz uneigennützig abschließen.“
Kai verzog das Gesicht. „Ich weiß nicht, ob er schon so weit ist ...“, wandte er ein, wobei die Vorstellung unter der Dusche zugegebenermaßen ihren Reiz hatte. Fand der da zwischen seinen Beinen auch.
„Er ist doch ein Mann.“ Angie wirkte regelrecht empört. „Nun erklär mir nicht, dass er sich noch ziert? Kommt ihr Kerle nicht sonst immer gleich zur Sache? Also zumindest habe ich den Eindruck bei den Exemplaren, mit denen ich es zu tun habe. Und der hier ist jung, schaut gut aus und will dich. Also worauf wartet ihr noch, den kirchlichen Segen?“ Sie grinste anzüglich. „Und wie Leon dir nachschaut, ist er keineswegs hetero, das kann mir keiner mehr erzählen.“
„Mach ein Foto davon“, brummte Kai, musste schmunzeln und fragte unsicher nach: „Schaut er mich echt so an?“ Angie nickte seufzend. „Wie frisch verliebt. Vermutlich das erste Mal, oder? Und dann in einen anderen Mann. Klar braucht Leon ein bisschen Zeit. Die Mecklenburger sind da ein bisschen konservativ.“ Kai seufzte theatralisch. „Vor allem sein Vater. Der ist ein echtes Arschloch, deshalb traut Leon sich auch nicht. Der hat ihm eingeredet, wie pervers schwul sein ist, und macht blöde Bemerkungen über seine Figur. Als ob Leon die geringste Ähnlichkeit mit einer Tunte hätte.“ Ärgerlich schnaubte Kai und erntete ein Lachen von Angie. „Was ist denn an deinem Süßen nicht männlich?“
„Sein Vater meint, er wäre zu schmächtig und macht ihn deswegen fertig. Du hättest ihn mal erleben sollen. Am liebsten hätte ich ihn erwürgt. Und Leon sagt nichts, verschwindet dabei nur im Erdboden.“ Kai setzte seine Tasse ein wenig zu heftig ab. „So ein dämlicher Arsch! Dabei hat Leon Selbstbewusstsein. Und Kampfgeist. Ich war auf einem Springturnier, wo er gestartet ist. Du hättest ihn mal sehen sollen, er war grandios.“
„Klingt, als ob ihr gut zueinanderpassen würdet“, fand Angie. „Wo liegt also das Problem?“
„Darin, dass ich schon mehr will, als er“, seufzte Kai. „Oder mehr, als er sich traut. Mensch, ich bin mit vielen Kerlen nach zehn Minuten ins Bett gehüpft und bei Leon weiß ich nicht mal, ob ich mich trauen darf, ihn zu küssen oder gar ein wenig … intimer zu berühren.“ Kai ließ die Stirn auf die Tischplatte fallen. „Das ist so schwierig.“
„Wenn er sich nicht traut, bist du gefragt“, entschied Angie und tätschelte seinen Rücken. „Dann lass mal deinen besonderen Charme spielen. Du hast doch weiß Gott genug Erfahrung darin.“
„Gerade deshalb“, wandte Kai ein. „Wenn ich ihn mit dem vollen Kai-Super-Sonder-Verwöhnprogramm überfahre, verschwindet er bestimmt in seinem Schneckenhaus und ich bekomme ihn nie wieder hervorgelockt.“
„Hach“, seufzte Angie mit verklärtem Gesichtsausdruck. „So ein Verwöhnprogramm möchte ich auch mal erleben. Die meisten Männer erwarten es von uns Frauen, aber selbst mal anbieten? Fehlanzeige.“
Kai gab undefinierbare Laute von sich. „Mann, es ist verdammt schwer, sich zurückzuhalten, wenn ich ihn ständig nur abknutschen möchte. Unter anderem ...“ Lachend prostete ihm Angie zu und erhob sich. „Ich schaffe die Gelegenheit, du besorgst den Rest, okay?“
„Okay.“ Kai willigte mit schiefem Lächeln ein. „Was willst du im Gegenzug haben? Zwei Wochen frei?“ Angie stieß ihn
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