Mecklenburger Winter
grandios heute“, fuhr Leon fort, der das kleine Blickduell zwischen den beiden offenbar nicht bemerkt hatte. „Total gut an den Hilfen, und wie sie sich abgedrückt hat, einfach geil. Da war echt noch Luft drin. Die wird richtig gut werden.“ Bella wandte den Blick von Kai ab, zupfte ein paar Heuhälmchen aus ihrem Netz und ging Leon mit ihrer großen Nase unverschämt an die Wäsche. Kai konnte nicht anders, als auf diese große, samtige Nase zu schauen, die sich forsch gegen Leons Schritt schob. Ja, verdammt, da kann man schon mal eifersüchtig werden. So etwas darf ich schließlich noch nicht und schon gar nicht öffentlich.
„Bella! Lass das“, ermahnte nun auch Leon das Pferd freundlich nachlässig und schob sie sanft zur Seite. Eindeutig Frauenbonus, dachte Kai zynisch. Mir hätte er bestimmt die Faust in den Magen gerammt und ich hätte lediglich meine Hand da hingelegt, ihm keinen warmen Atem dagegen gehaucht. Scheiße!
„Sie ist noch immer so verspielt, wie ein Fohlen“, rechtfertigte Leon lächelnd Bellas Verhalten und versicherte: „Du kannst sie ruhig streicheln.“ Kai lächelte schief, behielt die großen Augen vorsorglich im Blick und hob vorsichtig die Hand. Sofort wandte sich das Tier ihm zu und schnupperte daran. Kai wagte es, seine Finger über ihre Nase gleiten zu lassen, die nicht nur weich aussah, sondern es auch war. Weich und warm. Das musste sich gut anfühlen, wenn sie … Halt! Stopp! Keine weiteren Gedanken in diese Richtung.
Bella ließ sich großzügig seine Streicheleinheiten gefallen. Als sie jedoch keine Leckereien in seinen Händen fand, wandte sie sich ab und holte sich weitere Heuhalme, die sie daraufhin gezielt über Kais Kopf verteilte.
„Hey!“ Kai zog sich rasch zurück und versuchte hektisch, die Stängel zu entfernen. Kleines Biest, das war doch Absicht gewesen. Todsicher. Leon lachte ihn mitleidslos aus.
„Ist doch nur Heu“, erklärte er, kletterte aus dem Hänger und zupfte Kai ein paar letzte Hälmchen weg. „Davon stirbst du schon nicht. Ist ganz natürlich.“
„Sie mag mich eindeutig nicht leiden“, erklärte Kai überzeugt, was Leon nur stärker lachen ließ. „Weil sie dir ein bisschen Heu in den Haaren verteilt hat?“ Er grinste breit. „Sieh es eher als Nettigkeit: Sie teilt ihr Futter mit dir, das macht sie mit keinem anderen Pferd. Normalerweise beißt sie andere von ihrem Futter weg.“
„Na toll! Ich fühle mich geehrt. Also eine Art Freundschaftsangebot?“ Kai blieb misstrauisch. Er hatte da schon mal schlechte Erfahrungen mit einer eifersüchtigen Freundin gemacht. Und die hatte weit weniger Grund dazu gehabt, als diese braune Pferdedame hier.
Leon lächelte sein Pferd stolz an. „Ich kenne sie schon von Fohlen an. Ich war bei ihrer Geburt dabei und habe ihr alles beigebracht. Vater hat immer gemeint, sie wäre zu mickerig, um mal ein erfolgreiches Springpferd zu werden.“
Kai hielt ein abfälliges Schnauben zurück. Wenn diese hier mickerig war, dann war ein Pferd nach Burghardts Geschmack bestimmt ein Elefant. Aber der Blödmann wusste ja auch nicht, was er an seinem sportlich durchtrainierten Sohn hatte. Vermutlich galten bei Burghardt gleiche Kriterien für Männer und Pferde.
Leon blickte weiterhin das Pferd verzückt an und strich ihr liebevoll über die Nase.
„Sie hat sich ganz toll entwickelt und ist sogar über 165 Stockmaß geworden. Klar, ist sie kein riesiges Pferd. Ist ja auch kein Holsteiner“, fuhr er fort. „Dafür springt sie über alles und macht immer mit. Ich glaube, Vater ist mittlerweile auch stolz auf sie.“ Die letzten Worte kamen leiser und zogen Kais Herz mal wieder zusammen.
Ob Leon sich selbst in dem Tier sah? Nun, stolz war sein Vater ja auch auf ihn, Kai hatte es ja erlebt. Vielleicht ließ er es Leon nur nicht genügend spüren? Es wurde Zeit, dass es jemand tat.
„Also ich fand dich vorhin ganz große Klasse“, erklärte Kai überzeugt. „Immerhin bist du nicht vom Pferd gefallen und es ist auch keine Stange runtergepurzelt. Ich nehme an, das ist gut. Zudem haben sie dir am Ende dafür eine goldene Schleife gegeben und ich glaube schwach vernommen zu haben, dass der Sieger Leonard Lenkowski hieß. Toller Bursche, ich kenne ihn entfernt.“
Leon grinste und stieß Kai an. „Du bist so ein Quatschkopf! Ja, das war gut und ich fand es echt toll, dass du dabei warst.“ Kai salutierte schmunzelnd. „Immer zu Diensten. Na im Ernst, ich fand es spannend, dir zuzusehen. Ich habe ja
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