Mecklenburger Winter
vom Reitsport, also von diesem Reiten hier“, Kai verhaspelte sich einen Moment und grinste süffisant, was ihm einen erneuten Hieb von Leon einhandelte, „keine richtige Ahnung. Aber das lässt sich ja ändern.“ Er zwinkerte vielsagend. Leon sah sich nervös um und leckte sich über die Lippen.
„Wenn du mal einen Wettkampf hier in der Gegend hast, würde ich auch gerne mal zuschauen“, erklärte er, sah Kai dabei jedoch nicht mehr an, sondern stopfte heruntergefallenes Heu in das Netz. „Ich würde dich auch gerne da sehen“, gab Kai ernst zurück und trat näher. Leon stockte und wandte sich langsam um. Ein feines Lächeln lag um seinen Mund. „Es wäre schön, wenn ich wüsste, wem ich im Ziel vor Erschöpfung in die Arme sinken könnte“, fügte Kai klopfenden Herzens hinzu, ließ es scherzhaft genug klingen, doch Leon kannte ihn wohl mittlerweile schon gut genug. Sein Gesicht blieb ernst, wenngleich seine Mundwinkel sich anhoben. Er nickte stumm, dann wandelte sich sein Ausdruck und er senkte hastig den Blick, um hektisch weiteres Heu aufzusammeln.
Kai ahnte den Grund für sein Verhalten und brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass Leons Vater herannahte. Er hörte ihn durch den nassen Boden stapfen. Leon schloss die Tür des Anhängers und drehte sich um, das Gesicht unsicher, der Blick huschte unruhig über die Gestalt seines Vaters. Nichts war von dem fröhlichen jungen Sportler mehr geblieben, mit dem Kai eben noch geflachst hatte. Leon wirkte, als ob er ein drohendes Urteil erwarten würde. Kai ballte instinktiv die Fäuste. Die Luft schien plötzlich viel zu kalt.
„Alles schon verstaut?“, erkundigte sich Burghardt und klopfte Leon auf die Schulter. „Das war große Klasse, Leonard. Genau richtig geritten. Sehr gut. Sogar der alte Brinkmann hat mir gratuliert. Denen hast du es allen gezeigt.“ Obwohl Kai auf die Untertöne achtete, konnte er nichts anderes heraushören, als diese Worte. Tatsächlich, Leons Vater meinte, was er sagte und auch Leon hob den Kopf und wagte ein Lächeln.
„Das hat sich gelohnt“, bemerkte Burghardt und hieb seinem Sohn erneut auf die Schulter. „Vielleicht bringt dir der Herr Strelmann Glück und er sollte öfter kommen.“ Lachend klopfte Burghardt nun auch Kai auf die Schulter und schloss danach das Auto auf. „Wir müssen gleich los, heute kommt noch ein Kunde wegen eines Pferdes“, erklärte er ermahnend und Leon löste sich sofort aus seiner Starre. Sein Blick traf Kai und er lächelte scheu. „Danke, dass du da warst“, murmelte er. „Ich melde mich bei dir.“
„Mach das.“ Kai suchte fieberhaft nach weiteren Worten, wollte Leon nur zu gerne noch ein bisschen in der Nähe haben. Unmöglich. „Vielleicht kommst du Donnerstag ja zum Training?“ Seine Worte waren laut genug und Kai lächelte vor allem Leons Vater erwartungsvoll an. Burghardt grinste und nickte Leon zu. „Das klappt schon. Sie machen aus ihm noch einen ganzen Kerl. Da bin ich mir sicher. Bis dann.“
„Bis Donnerstag“, verabschiedete sich Leon, öffnete hastig die Beifahrertür und stieg ein. In seinen grünen Augen blitzte es zufrieden. Kai sah ihnen mit gemischten Gefühlen nach, als sich der Geländewagen durch den matschigen Untergrund vom Platz arbeitete.
„Und was für einen ganzen Kerl ich aus ihm machen werde“, brummte er, sah sich sichernd um und machte eine entsprechende Geste mit der rechten Hand, die obligatorisch in jeden schwulen Film gehörte, bevor er durch die Nase näselte: „Du hast ja keine Ahnung, was für einen. Ha.“
29 Brüchige Eisdecke
Leons Gesicht war angespannt. Wie gewöhnlich klebten ihm Strähnen des dunkelblonden Haares an der Stirn und kräuselten sich schweißfeucht im Nacken. Kai beobachtete begeistert das Vibrieren der Muskelstränge, das Spiel der Schulterblätter unter der Haut. Schweiß rann über Leons Rücken, die Tropfen setzten glitzernde Akzente auf der hellen Haut im künstlichen Licht des Studios. Kai kannte mittlerweile jedes Muttermal, jede Schattierung an Leons Rücken, so oft hatte er hingesehen. Ja, nackte Haut, denn Leon hatte sich heute ohne sein T-Shirt an das Gerät gesetzt.
Ob er das wohl mit Absicht macht? Quatsch! Der denkt gar nicht daran, wie er auf mich wirkt. Kai schalt sich einen verliebten Narren, zwang seinen Blick zum millionsten Mal von ihm fort und zu dem muskelbepackten Kerl, der seit letzter Woche zum Training kam. Einer der Typen: kann alles, weiß alles und vor allem
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