Mecklenburger Winter
gerne machen. Zufrieden setzte er sich mit seiner Tasse an den Computer und suchte nach Feuerdirks Email. Der Text war kurz und knapp, Ort, Zeit und die Bitte, sich zu melden, wenn es gar nicht passen würde. So kannte Kai Dirks Mails.
Anerkennend nickte er. Also würde Leon es tatsächlich tun. Kai spürte sein Herz freudig schlagen, bei dem Gedanken, wie ästhetisch Leon, ein nackter Leon, zu Pferde aussehen würde. Er war überaus gespannt, was Dirk für Fotos machen wollte, konnte sich voll drauf verlassen, dass diese in jedem Fall einzigartig sein würden.
Gedankenverloren klickte Kai in die Adressenleiste seines Browsers. Er brauchte nur die ersten zwei Buchstaben aufrufen, da wurde ihm bereits angezeigt, wohin er wollte. Kunststück. Diese Seite rief er jedes Mal auf, wenn er am Computer saß. Lächelnd klickte er darauf und sein Blick wanderte automatisch zum Zähler.
Grinsend strich er sich über das Kinn, während er die animierten Bilder, der Schwimmer, Radfahrer und Läufer betrachtete. Nur noch wenige Monate, noch einige kleinere Wettkämpfe, dann war es soweit: die Challenge Roth.
Und wenn Leon und er schon eine derart tolle Siegesfeier gefeiert hatten, nach einem winzigen Wettkampf, wie schön würde diese erst werden, wenn er als Erster ins Ziel gelaufen kam, Leon direkt in die Arme schließen konnte und ihn zu Boden küssen würde. Das war die beste Belohnung, die man sich wünschen konnte.
49 Fotoschüsse und Küsse
„Sag nichts.“ Kai versuchte möglichst drohend zu schauen, aber Leon machte keine blöde Bemerkung und Kai runzelte fragend die Stirn. Als er ihm am Donnerstag seinen neuen, fahrbaren Untersatz präsentiert hatte, war Leon aus dem Lachen nicht mehr herausgekommen. Kais Sponsor hatte ihm, wie versprochen, ein Auto zur Verfügung gestellt. Leider hatte er wenig Einfluss auf die Auswahl gehabt und heftig geschluckt, als er es endlich zu sehen bekam: ein Smart. Gewiss ein feines und vor allem sparsames Auto, jedoch definitiv nicht sein Wunschgefährt. Wenigstens hatte es eine neutrale, weiße Farbe, auf der das Logo des Sponsors gut zur Geltung kam.
„Alles klar?“ Kai lächelte seinen Schneehasen an, der einmal tief durchatmete. „Ja, gab nur mal wieder ein wenig Stress.“ Leon strich sich die zerzausten Haare zurück, während er sich anschnallte. „Passt ihm natürlich wieder nicht, dass ich woanders hinfahre, nur um ein Pferd zu reiten. Er kapiert es einfach nicht. Dabei habe ich ihm letzte Woche schon gesagt, dass ich heute weg bin.“ Missmutig verzog er das Gesicht und sortierte seine Beine.
„Er hält das natürlich für Zeitverschwendung. Mir egal. Er weiß ja nicht, dass ich heute nicht wirklich zum Training zu Ben fahre. Der soll sich doch ...“ Er brach ab und biss sich auf die Lippe. „Sorry, ich quatsch dich voll, dabei ist das mein Problem. Egal, ich freue mich auf das Fotoshooting.“
Blöder Burghardt. In Gedanken rammte ihm Kai mehr als eine Faust in den Magen, biss sich jedoch auf die Zunge, um nur ja keine blöden Kommentare abzugeben.
„Ich mich auch. Ich meine, dich in heißer Unterwäsche zu Pferde … Ich werde an mich halten müssen, nicht über dich herzufallen.“ Kai leckte sich schmunzelnd über die Lippen. Leon verzog den Mund und seufzte leise: „Ich wünschte echt, das wäre alles ein wenig leichter.“
„Es wird erst leichter, wenn du ihm reinen Wein einschenkst.“ Kai blieb möglichst ruhig und schaute stur auf die Straße, während sein Herz schneller schlug. „Glaub mir. Bei meinen Eltern war es auch so.“
„Ja, toll“, brummte Leon. „Und deswegen hast du auch so ein inniges Verhältnis zu ihnen.“ Kai zuckte überrascht zusammen. Sarkasmus von Leon war völlig ungewohnt. Papa Lenkowski musste ihm heute ziemlich die Laune verdorben haben. „Hey, für die fiesen Sprüche, bin ich zuständig.“
„Entschuldige. War nicht so gemeint, aber so einfach ist es nicht. Ich meine, wenn er rausbekommt, dass ich wirklich anders ticke, dreht er durch. Und irgendwie ist dann alles vorbei. Ich meine … Wo sollte ich schon hin?“
„Na, zu mir“, schlug Kai sofort vor. „Meine Wohnung ist groß genug, mein Bett sowieso und darin schläft es sich doch gut, wie du schon feststellen konntest.“
„Und wer kümmert sich dann um die Pferde? Wer macht den Unterricht?“ Leon schnaubte und seufzte. „Der Hof geht unter, wenn ich nicht mehr da bin. Und das ist unsere Existenz. Meine Mutter packt das nicht alleine mit
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