Mecklenburger Winter
ihm.“
„Aber ist es das wert, zu unterdrücken, wer du wirklich bist?“ Kai fühlte sich hilflos. Dieses Gespräch hatten sie schon öfter in der einen oder anderen Weise geführt. Und er wusste haargenau, in welcher Zwickmühle Leon steckte.
Dieser schwieg und Kai tat es ihm gleich. Verdammt, das ist ein wirklich blödes Thema, aber Leon muss es doch irgendwann lösen. Ständig Verstecken spielen wird nicht gutgehen.
Ja, okay, Kais Eltern hatten es übel aufgenommen. Es hatte einen Riesenkrach gegeben und er war ausgezogen. Bis heute kamen sie nicht damit klar. Andererseits hatte er danach immer jedem ins Gesicht sehen können und stolz behauptet: „Ich bin schwul!“ Das hatte ihm Ärger, teilweise Respekt und auch viel Spaß eingebracht. Er war eben, was und wer er war.
Sie fanden bald ein anderes Thema, wenngleich Leon die gesamte Fahrt über bedrückt wirkte und Kai das freche Funkeln in seinen Augen fehlte, welches er so liebte.
Das Navi führte sie problemlos zu der Adresse, die Feuerdirk ihm genannt hatte. Als er von der Hauptstraße auf eine Nebenstraße einbog, erkannte er schon von Weitem, mehrere Autos vor einem großen Bauernhaus mit dahinterliegender Scheune. Auch Susannes und Dirks stand dort, mit einem Pferdeanhänger dahinter, von dem diese gerade ein Pferd abluden.
„Christel hat uns Ben für die Aufnahmen überlassen.“ Leon und rieb nervös die Handflächen über seine Jeans. „Ich hoffe, der macht das alles brav mit. Ich habe ihm ein paar Möhrchen versprochen.“ Sein Blick huschte über die anderen Autos. „Das wird ja ein Großereignis.“
Oh, ja, er ist verdammt nervös. Kai konnte es ihm ansehen und grinste ihn beruhigend an. „Alles für dich. Die wollen alle den irre heißen Typen aus dem Osten sehen, der jedes wilde Ross gebändigt bekommt.“
„Sehr witzig“, befand Leon. „Quatsch“, fuhr Kai fort. „Wie ich Feuerdirk kenne, und so wie es letztes Mal gelaufen ist, hat er mehrere Models und viele tausend Ideen, die er alle in Fotos umsetzen will. Du und der Gaul sind nur eine davon.“
„Und du“, fügte Leon etwas leiser hinzu und wandte den Kopf, als Kai parkte. „Du … machst doch mit?“
„Logisch!“ Kai legte ihm die Hand auf den Oberschenkel. „Denkst du etwa, den Spaß lasse ich mir nehmen? Ich bin dabei, immer an deiner Seite und beiße jeden weg, der dir zu nahe kommt.“ Leon lächelte verzagt und sog verstohlen die Luft ein. Kai stieß ihn an. „Los, komm mein wilder Rammler, hüpfen wir los.“
„Oh Mann, Kai, lass bloß deine blöden Sprüche“, gab Leon zurück und stieg rasch aus. Holla, heute ist er aber echt nicht gut drauf. Kai seufzte ergeben und legte seiner Zunge in Gedanken einen Maulkorb an. Das würde schwer werden.
Sie wurden herzlich von Susanne und ihrem Dirk begrüßt, der den kleinen Schimmel am lang ausgestreckten Arm hielt, während seine Freundin ihm den Beinschutz abmachte, den er während der Fahrt getragen hatte. Leon nahm Dirk, der ihn dankbar anlächelte, sofort den Strick aus der Hand und strich dem Pferd über die Nase. Schnaubend begrüßte das Tier ihn und augenblicklich schien sich Leon zu verändern, ruhiger zu werden, zu wachsen. Kai lächelte vor sich hin. Diese Wandlung hatte er nun schon ein paar Mal erlebt. Leon wirkte einfach souverän, wenn er mit den Tieren umging, da war er in seinem Element. Wenn er diese Art von Selbstbewusstsein nur auch mal seinem Vater gegenüber anlegen könnte ... Irgendwann … irgendwann.
Leon und Susanne waren mit Pferdepflege beschäftigt und Kai zog den verloren wirkenden Dirk mit sich, um herauszufinden, wo ihr Superfotograf war. Sie wurden in der Scheune fündig, wo er zwei junge Männer fotografierte. Beide trugen außer eng sitzenden Unterhosen nur einen Cowboyhut und merkwürdige, lederne Beinlinge. Dirk strich sich skeptisch dreinblickend über die weißblonden Stoppeln.
„Sieht ja nicht sehr bequem aus“, raunte er Kai zu, der zustimmend nickte, während er den Blick über die Anwesenden schweifen ließ. Ein paar kannte er vom Sehen und einer der beiden Schönlinge, die Feuerdirk gerade ablichtete, war natürlich Joschi.
So klar, dass er über diese Ratte stolpern musste. Wenn der sich an Leon heranmacht und diesen auch nur einmal anbaggert, dann setzt es was, schwor sich Kai grimmig. Wobei Joschi schon sexy aussah und irgendwie wusste der Typ wirklich immer, sich in Szene zu setzen. Feuerdirk ließ ihn und den anderen, einen brünetten Mann, Strohballen
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