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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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abermals auf den wackeligen und abschüssigen Pfad seines schlechten Gewissens in den Abgrund der Schuldgefühle locken zu lassen. Nicht dieses Mal. Susanne seufzte: „Es ist eure Sache. Aber es wäre schade drum. Ruf einfach an, wenn du reden willst, okay?“ Brummend stimmte Kai zu und vergrub sich erneut in Trainingsplänen. Jede Ablenkung war ihm willkommen und in den kommenden Tagen intensivierte er sein Training noch weiter. Es war nicht mehr lange bis zur Challenge und er würde sich von nichts und niemandem davon abhalten lassen, dort endlich seine Bestmarke zu knacken. Das war alles, was zählte.
    Die nächsten Tage radelte er unzählige Kilometer, absolvierte Sprints und fuhr extra in die Ruhner Berge, eine von Mecklenburg wenigen Erhebungen, um dort an den Anstiegen zu trainieren.
    Sein Handy klingelte öfter, er bekam einige SMS. Keine von Leon. Er lief stundenlang, puschte sich bis zur Erschöpfung, trieb seinen Körper bis an die Grenze und ab und an wohl auch darüber. Kein Anruf, keine Nachricht.
    Kai schwamm Bahn um Bahn, gegen die Uhr, verbrachte Stunden im Wasser. Kein Leon. Nichts.
    Die leise Hoffnung wich, überließ der Enttäuschung das Feld, die sich unentschlossen in Ärger oder ersatzweise Wut wandelte. Kein Zeichen.
    Feuerdirk schickte ihm die Fotos in der folgenden Woche per email. Kai sah den Absender, las den Betreff, öffnete jedoch weder email noch den Anhang. Er wollte es nicht sehen, nicht daran erinnert werden. Sollte Dirk doch damit tun, was er wollte. Es war ihm egal.Woche zwei kam und ging und kein Laut von Leon.
    Kai musste sich der Erkenntnis stellen. Das war es also. Aus und vorbei. Dabei hatte es gerade erst begonnen. Verloren, vorbei auf den ersten Metern. Der Lauf war abgebrochen worden, noch ehe sie wirklich das Ziel vor Augen hatten. Oder gar die Richtung klar war.
    Es ist nicht deine Schuld, redete sich Kai ein, versuchte sein Schuldpäckchen so klein wie möglich zu halten. Du hast alles getan, unendlich viel Geduld gezeigt. Irgendwann ist Schluss. Du kannst nicht immer nur geben. Brennende Sehnsucht trieb vehement Sabotage gegen seinen Entschluss und er ertappte sich mehrmals dabei, spät abends, wenn er in den Laufforen unterwegs war, die Internetseite des Pferdehofes aufzurufen. Er kam nie bis zu der Seite, auf der ihn Leons Bild anlachen würde.
    Woche drei ohne Leon ging ins Land und Kai ertränkte seinen Kummer in Laufgelagen und ausgiebigen Radtouren. Wer braucht schon Alkohol, wenn es Endorphine gibt? Es gab genug zu tun im Studio, genug Probleme in seinem Leben.
    „Liebeskummer ist mies.“ Angie lächelte ihn an und legte ihm die Hand auf die Schulter. Kai konnte sich aktuell nicht dagegen wehren, denn er kniete halb unter einem defekten Gerät. Natürlich waren ihm in dieser Woche zwei kaputt gegangen. Natürlich hatten ein paar Kunden sich darüber beschwert, die diese noch nie benutzt und ausgerechnet jetzt daran trainieren wollten. Natürlich war genau in dieser Woche sein Konto wie leergefegt und eine Neuanschaffung gänzlich indiskutabel.
    Kai brummte und hoffte unsinnigerweise, die Angieinquisition würde an ihm vorübergehen. Seine Angestellte hatte schon nach einer Woche herausgefunden, was los war. Am Donnerstag, als Leon nicht zum Training kam. Bis zehn Minuten nach der Zeit hatte Kai tatsächlich selbst noch vage gehofft, er würde auftauchen. Er war nicht gekommen. Kais Erklärung war knapp gewesen und Angie hatte seither diverse Angriffe gestartet, um ihm mehr zu entlocken.
    „Warum rufst du ihn nicht an?“ Typisch Frau, sie ließ nicht locker. Auch heute nicht, wo er verdammt noch einmal nicht in der Stimmung für weitere Niederlagen war. „Weil er ebenso meine Nummer hat.“ Kai ruckelte missmutig und übermäßig grob an der Schraube herum, die sich partout nicht lösen wollte. Diese Schraube grinste ihn hämisch an, er konnte es in der metallenen Oberfläche genau erkennen. Komm doch, versuch mich zu lösen. Komm schon. Mehr als diesen lächerlichen Schraubenschlüssel hast du nicht zu bieten?  
    „Ja, aber wenn er sich bis jetzt nicht gemeldet hat, wird er es wohl auch nicht mehr tun“, bemerkte Angie. „Also wäre es besser, du rufst ihn mal an.“
    „Wozu?“ Kai versetzte der Schraube mit dem Schraubenschlüssel einen wütenden Schlag, was diese nur mäßig beeindruckte, geschweige denn sie lockerte. „Wozu?“ Angies Tonfall ließ auf ihr genervt verzogenes Gesicht schließen, auch ohne dass Kai es sehen konnte. „Himmel

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