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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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welche Steine noch zwischen ihnen lagen. Leider rief ihn die Pflicht zum Training. Und sie rief sehr laut, verwendete dabei das Schlagwort: „Challenge“, dem Kai sich nicht entziehen konnte.
    „Schlaf ruhig weiter“, flüsterte er. „Ich stürze mich hinaus. Träum von mir, bis ich wieder da bin.“ Leon antwortete nicht, doch sein Lächeln blieb, bis er sich zur Seite drehte und ins Kissen kuschelte. Seufzend erhob Kai sich und folgte dem Ruf. Draußen empfing ihn feiner Sprühregen, doch es war nicht wirklich kalt. Kai schob sein Fahrrad auf die Straße, schwang sich in den Sattel und radelte los.
    Die Welt war noch grau, enthielt außer kühlem Regen nur wenig Geräusche und Farben. Erst eine ganze Weile, nachdem er unterwegs nur vereinzelt Autos und zwei Treckern begegnet war, erhob sich der Rest der Welt aus dem Schlaf. Kai liebte diese besonderen Momente, wenn das dunkle Grauallerlei verschwand, Büsche und Bäume Farbe annahmen, die ersten Vögel träge ihre Stimmen erprobten und die Sonne endlich aufging. Heute konnte er sie zwar hinter den grauen Wolken nicht sehen, ihr Licht erreichte dennoch gefiltert den Erdboden.
    Der Regen hatte irgendwann aufgehört und er hatte es nicht einmal wahrgenommen, so sehr war er in seinem Rhythmus drin. Es lief so gut, dass Kai das Tempo gegen Ende noch mehr anzog, beflügelt von dem Gedanken, dass daheim Leon auf ihn warten würde. Vielleicht konnten sie noch gemeinsam frühstücken, ehe er los musste.
    Für einen Moment gönnte sich Kai sogar den Luxus, zu überlegen, ob er nicht Studio und den Laden geschlossen lassen und sich ganz um Leon kümmern sollte. Das war Unsinn, denn er brauchte gerade jeden Cent. Die Chest Press hatte endgültig den Geist aufgegeben und er würde sie ersetzen müssen. Ohne Einnahmen würde ihm das kaum gelingen.
    Schwermütig seufzte er, als er das Fahrrad unter das kleine Dach schob und den Sattel abdeckte. Er fühlte sich angenehm ausgepowert, vielleicht ein klein bisschen mehr als geplant. Er musste vorsichtig sein, es nicht zu übertreiben. In letzter Zeit war er schon öfter über die Grenze gegangen. Ach was. Er war fit und fühlte sich gut und je besser er im Training war, umso leichter würde ihm der Sieg der Challenge fallen. Dieses Mal würde er die Bestmarke knacken und allen davonlaufen.
    Kaum schloss er die Tür, umschmeichelte Teeduft seine Nase. Leon werkelte bereits in der Küche herum und Kai trat an die Tür, genoss einen Moment den Anblick. Der Tisch war gedeckt, sein Müsli stand parat und sogar den Energiedrink hatte Leon ihm hingestellt. Toastduft lockte. Es war ein Anblick, der etwas so wundervoll Normales hatte, dass er unwillkürlich aufseufzte. Prompt wandte sich Leon um. Er trug noch seinen Schlafanzug, die Haare waren unordentlich.
    „Morgen“, begrüßte er ihn mit einem zaghaften Lächeln und deutete auf den Tisch. „Wenn du fertig geduscht hast, sind auch die Eier soweit. Darfst du ein Ei essen? Sonst nehme ich es.“ Abermals konnte Kai nur seufzen, ihm wollten gerade keine Worte über die Lippen kommen. Ein verschlafen wirkender Leon, der ihm Frühstück machte, was konnte Mann sich mehr wünschen? „Alles klar?“ Leon sah ihn verunsichert an. Rasch nickte Kai und grinste. „Mir scheint, ich habe gerade die Tür zum Himmel geöffnet, und anstatt der befürchteten blonden Engelchen mit Rauschegoldhaaren und großer Oberweite, die nervtötend Harfe spielen, finde ich dich darin vor, der mir Müsli serviert. Ich glaube, ich bin mit der Alternative mehr als zufrieden.“ Leons Lächeln bestätigt Kai in seiner Annahme.
    „Geh duschen, du stinkst“, forderte seine Engelalternative, sehr unhimmelsmässig. Seufzend folgte Kai der Empfehlung. Seine angestrengten Muskeln dankten es ihm. Heute verspürte er im rechten Oberschenkel ein leichtes Ziehen. Vielleicht einen Anflug von Muskelkater? Während das warme Wasser auf ihn prasselte und er sich auf das Frühstück freute, vergaß er jede Müdigkeit.
    Obwohl ihr Frühstück größtenteils schweigend verlief, konnte sich Kai kaum aufraffen, loszufahren. Jede Sekunde mit Leon erschien ihm kostbar, auch wenn der deutlich sichtbare Bluterguss ihn daran erinnerte, warum dieser bei ihm war.
    „Fühl dich ganz frei“, erklärte er, als er endlich aufbrach. Er war schon eine halbe Stunde zu spät, aber welcher verrückte Kunde stand schon direkt zur Ladenöffnung vor der Tür? Das war noch nie vorgekommen. „Die Pornos sind gut versteckt, Drogen leider gerade

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