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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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ihn Leon ihn liebeskranken Trottel nicht hören. Kai blieb nichts anderes übrig, als seine ganz große Stärke in die Waagschale zu werfen: seine Ausdauer. Damit kam er immer ans Ziel. Zumindest bei jedem Ultra. Und dieses Mal war der Sieg viel wertvoller als je zuvor.
    Kai band sich das feuchte Handtuch um und verfluchte sich dafür, zuvor keine andere Kleidung geholt zu haben. Nun stand ihm der Gang durch den Flur in das Schlafzimmer bevor, um sich trockene Sachen anzuziehen. Aus naheliegenden Gründen wollte er nicht so gerne von Leon gesehen werden, selbst mit dem schützenden Handtuch nicht.
    Andererseits … Kai lächelte ein wenig hämisch. Andererseits war der Anblick seines durchtrainierten und durchaus attraktiven Männerkörpers eventuell äußerst hilfreich für Leons rasche Selbstfindung. Man könnte es mal riskieren … Er öffnete die Tür geräuschvoll, blickte schmunzelnd zur Küche hinüber und machte sich betont langsam auf den Weg. Sein Rücken kribbelte und er bildete sich ein, dass ihn von der offenen Küchentür her, staunende Augen verfolgen würden, sehnsüchtig und angetan an seinem Rücken hängen bleiben würden, Begehren und Bedauern im Blick. Es war eine schöne Wunschvorstellung, die erst zerplatze, als Kai der Versuchung nicht länger widerstand und sich kurzentschlossen umdrehte, bevor er sein Schlafzimmer betrat. Kein Leon blickte ihm hinterher.
    Wahrscheinlich kann ich von Glück sagen, wenn er nicht gleich einfach abhaut , dachte Kai frustriert seufzend und suchte sich verstimmt eine Jeans und T-Shirt. An der Tür zum Flur zögerte er und trieb sich selbst mannhaft an: Es hilft nichts, du musst Leon gegenübertreten. Kampflustig reckte er das Kinn, verbot seinem Herzen erregt zu schlagen und marschierte festen Schrittes zurück in die Küche.
    Der Duft von frischem Früchtetee wehte ihm entgegen und ein Blick auf die Stiefel im Flur bestätigte Kai, dass Leon noch immer nicht geflohen war. Immerhin etwas. Jetzt liegt alles an dir, feuerte sich Kai selbst an. Mach was daraus. Gib ihm eine Chance.  
    Leon saß am Küchentisch und rührte gedankenverloren in der Teetasse herum. Sein Kopf ruckte hoch und ihre Blicke trafen sich kurz. „Besser?“, erkundigte er sich und lächelte scheu. Kai nickte, setzte sich ihm gegenüber und schenkte sich eine Tasse ein. Leon musterte ihn weiterhin verstohlen, wandte den Blick jedoch ab, als Kai ihn seinerseits ansah.
    „Auf jeden Fall rieche ich jetzt besser“, bemühte sich dieser, das betretene Schweigen zu durchbrechen und erntete dafür ein weiteres Lächeln von Leon, der bestätigend nickte. „Ja, tust du.“ Leon sprach zur Tasse und widmete sich höchst interessiert deren Inhalt. Kais Nerven waren angespannt und er musste sich ständig davon abhalten, Leon anzustarren. Überdeutlich nahm er jede Linie, jedes Detail des Gesichts in sich auf. Er wollte gerne aus jeder klitzekleinen Regung schließen, dass Leon ganz vielleicht doch bereit war, mehr von seinen Gefühlen zuzugeben. Dummer Gedanke.  
    Tausend Satzanfänge lagen Kai auf der Zunge. Mindestens 990 davon begannen mit: „Verdammt, du musst weder mir, noch dir weiter was vormachen!“ Tapfer schluckte er mit jedem Schluck Tee solche Gesprächsanfänge hinunter. Er wollte Leon doch so gerne helfen. Und konnte im Grunde rein gar nichts sagen oder tun. Leon war derjenige, der den ersten Schritt machen musste, nicht er.
    „Kai?“, durchbrach ganz abrupt Leon die lastende Stille. Er hob den Blick und sah Kai nun betreten, eindeutig schuldbewusst an. Er leckte sich nervös über seine Lippen, knabberte daran herum und fuhr hastig fort: „Es tut mir echt leid deswegen. Ich ...“ Abermals brach er ab. Sein Blick huschte über Kais Gesicht, sein Ausdruck wurde erneut flehend. „Ich … Bleibst du trotzdem mein Freund?“, stieß er überraschend heftig hervor, erschrak selbst vor seinem Mut. Dennoch wandte er den Blick nicht ab. Seine schlanken Finger umschlossen die Tasse vor sich fest, umklammerten sie, als ob er sie zerbrechen wollte. Die graugrünen Augen blickten Kai unsicher an.
    „Mann Leon!“, brachte Kai kaum weniger heftig hervor. „Ich muss nicht zwangsläufig mit jedem Typ ins Bett hüpfen, mit dem ich befreundet bin, auch wenn er so scharf aussieht, wie du.“ Um ein Haar verschluckte sich Kai, als Leon prompt zusammenzuckte und Tee über seine Hand verschüttete. Er bemerkte es nicht einmal, starrte Kai unverwandt weiter an. „Klar, bin ich dein Freund“,

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