Meconomy
Francisco Chronicle nennt Potts den „Paul Theroux für die Backpacker-Generation“ und für den Guardian ist sein letztes Werk „das beste postmoderne Reisebuch auf beiden Seiten des Atlantiks“. Der Bestellerautor Bill Brison ist ein Fan von Potts und hat dessen Texte – die in renommierten Zeitschriften und auf seinem Blog erscheinen – regelmäßig für Anthologien ausgewählt. Ich habe Potts gefragt, ob er uns ein wenig über die Kunst des Langzeitreisens erzählen kann. Wie jeder es schaffen kann, für Monate zum Globetrotter zu werden, und ob die moderne Technik dabei hilft. Heraus kam eine Mischung aus kluger Mobilitätstheorie und etwas gut gelauntem Eskapismus in der Krisendepression:
Herr Potts, Sie sind ein Advokat vieler und langer Reisen. Warum ist das ein erstrebenswerter Lebensstil? Viele Menschen sind doch zufrieden, wenn sie zu Hause auf dem Sofa entspannen können.
Rolf Potts: Aber viel zu viele tun das nur aus Trägheit und weil sie denken, das sei die „normale“ Art zu leben. Aber für viele ist „normal“ nicht besonders befriedigend. Sie sind nicht glücklich dabei, auf dem Sofa zu sitzen und fernzusehen, während ihr Leben vorbeizieht. Diese Menschen sollten erfahren, dass Langzeitreisen nicht besonders schwierig oder teuer sind. Man muss sie daran erinnern, dass ihre Lebenszeit alles ist, was sie wirklich besitzen, und dass sie diese so verbringen sollten, wie sie sich das erträumt haben.
Gilt das nur für junge Menschen? So etwas wird doch mit Familie und festem Job sehr viel schwieriger.
Potts: Langzeitreisen waren unter jungen Leuten schon immer sehr populär und sind für sie auch einfacher, ja. Aber das heißt nicht, dass nur Jugendliche das tun können. Mehr und mehr sieht man heute auch Berufstätige, die sich eine Auszeit für Reisen nehmen – oder die ihre Arbeit mobil machen und sie von unterwegs erledigen. Das ist dann nicht rebellisch oder unverantwortlich, sondern einfach gesunder Menschenverstand.
Wie soll das gehen, wenn ich einen festen Job habe?
Potts: Henry David Thoreau hat einmal gesagt, dass die meisten Menschen den größten Teil ihres Lebens damit verbringen, Geld zu verdienen, damit sie in einem am wenigsten wertvollen Abschnitt eine zweifelhafte Freiheit genießen können. Er hatte recht. Wer von Langzeitreisen träumt, sollte diese Erfahrung nicht auf den Ruhestand in ferner Zukunft verschieben. Man muss es nur jetzt zur Priorität machen.
Das kann sich nicht jeder leisten ...
Potts: ... es geht nicht um Geld. Manche der wohlhabendsten Menschen der Welt sind so in ihrem Reichtum und Besitz gefangen, dass sie das Leben nicht genießen können. Ein bescheidenes Einkommen bringt einen überallhin auf dieser Welt, wenn man vernünftig haushaltet.
Die Technologie macht es heute einfacher, zu reisen, ohne seine Arbeit zu vernachlässigen ...
Potts: Stimmt, und es wird täglich noch einfacher. Noch vor zehn Jahren war eine der größten Herausforderungen beim Reisen, dass man für sehr lange Perioden ohne Kontakt nach Hause blieb. Jetzt ist es fast umgekehrt: Wie bricht man den Kontakt in die Heimat ab, damit man genießen kann, wo man ist? Die Technik verbindet uns so eng mit den Freunden zu Hause, dass es sich oft so anfühlt, als wären wir gar nicht fort. Ich nenne das die elektronische Nabelschnur.
Gibt es auch Vorteile?
Potts: Ja, die überall verfügbare Telekommunikationstechnik bedeutet, dass es immer schwerer wird, Ausreden zu erfinden, warum man seine Traumreisen nicht realisieren kann. Man verschwindet heute nicht mehr vom Erdboden, wenn man unterwegs ist. Freunde von mir haben ihr Heimbüro nach Rio de Janeiro verlegt, andere nach Bangkok. Wieder andere haben aus Spaß eine Weltreise gemacht und von unterwegs ihre beruflichen Kontakte so clever genutzt, dass bei ihrer Rückkehr tolle Jobs auf sie warteten. Es ist alles eine Frage der Eigeninitiative. Man muss dafür sorgen, dass positive Dinge geschehen.
Die Menschen werden also in globalem Maßstab mobil?
Potts: Es ist definitiv eine historisch gute Zeit, um einen guten Job zu haben und gleichzeitig zu leben, wo man möchte. Nie zuvor hat es so viele Möglichkeiten gegeben, einen selbst designten globalen Lebensstil zu verfolgen.
Auch in der Krise?
Potts: Wie ich zu reisen, funktioniert auch in der Rezession. Reisen werden zu einer reicheren Erfahrung, wenn man weniger Geld ausgibt, langsamer unterwegs ist, kreativ wird und sein Budget lieber für die lokale Wirtschaft
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