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Meconomy

Titel: Meconomy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Albers
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    Das kann er dann natürlich nicht mehr alleine stemmen, aber auch er ist von der Idee der Virtuellen Assistenten begeistert: „Da es in vielen Regionen Lateinamerikas etliche Auslandsdeutsche und Aussteiger gibt, ist diese Region ein idealer Inkubator für deutschsprachige Servicecenter“, glaubt er. „Zusätzlich wimmelt es in Deutschland geradezu von jungen Menschen, die nur darauf warten, ein Arbeitsangebot aus Lateinamerika zu erhalten, um dort praktisch ohne Start-up-Kapital ein oder mehrere Jahre zu leben und zu arbeiten, um Land und Leute kennenzulernen.“ Das Gehalt – so Fertigs Geschäftsmodell – spiele bei diesem Typ des „virtuellen Gastarbeiters“ aus Deutschland hoffentlich nur eine untergeordnete Rolle, vorausgesetzt, er könnte seine Lebenshaltungskosten bestreiten. Zudem hätte er den Vorteil, „dass er nicht unbedingt sofort eine komplizierte Arbeitserlaubnis benötigt, da er ja im Cyberspace praktisch von überall aus arbeiten und fakturieren kann“.
    Es ist schwer zu beurteilen, wie viel von solchen Ideen spinnerte Aussteigervisionen sind und wie viel künftige Geschäftswirklichkeit. Was Pläne wie die von Harald Fertig, vor allem aber erfolgreiche Beispiele wie das von Tassilo Brinzer sicher zeigen, ist dies: Wir müssen unsere Berufstätigkeit nicht mehr in der kleinen Welt unserer Region planen und auch nicht nur in der lebenslangen Beschränkung auf unsere erlernte Profession. Vielmehr können wir für unsere Berufs- und Lebensplanung heute großzügig und abenteuerlustig die ganze Welt in den Blick nehmen – und manche tun das bereits. Sie sind wohl die Pioniere der Meconomy, deren Mobilität zu einem nicht geringen Teil auf technischen Entwicklungen beruht. Dass diese uns aus dem Büro befreiten, ist gut. Der Weg, den wir dann einschlagen, bleibt uns überlassen. Manche führt er in ferne Länder, andere – und das mag die Mehrheit sein – werden das Glück in der Nähe suchen. Die gute Nachricht: Auch das wird einfacher.

Das modernste Land der Welt?
    Jeder Vielreisende kennt das: Hotels und Flughäfen verlangen Unsummen für drahtlosen Internetzugang. Auf Reisen und in fremden Städten ist man dankbar, mal ein Café entdeckt zu haben, das zum Heißgetränk einen WLAN-Zugang anbietet. Aber in der Regel ist man unterwegs auf teure Datenabos und UMTS-Karten angewiesen.
    Wie eine moderne Gesellschaft hingegen das Recht auf freien Internetzugang für jedermann in den Alltag umsetzt, kann man in Estland bewundern: Hier gibt es flächendeckend freies Internet. Cafés, Museen, Tankstellen und seit einigen Monaten sogar Bus und Bahn bieten kostenloses WIFI. In der Innenstadt von Tallinn hängen überall Straßenschilder, die auf staatlich gesponserten Datenfunk hinweisen. Und nicht mal die Luxushotels der Stadt – sonst die schlimmsten Beutelschneider - können es sich hier leisten, für den Internetzugang Geld zu verlangen. Ideal für mobiles Arbeiten, für Business Traveler und Weltenbummler.
    Ich war kürzlich in Tallinn, habe mir die Situation angeschaut, die ich bisher nur aus Erzählungen kannte, und habe mit einigen der Protagonisten über die neuesten Entwicklungen gesprochen. Der Erfinder dieses Online-Paradieses, Veljo Haamer, kämpft seit Mitte der 90er für WIFI, hat inzwischen die Regierung und die großen Konzerne auf seiner Seite und sagt: „Ein Onlinezugang ist heute wie eine Strom- oder Wasserleitung – ein Grundrecht.“ Außerdem, so fand ich bei unserem Treffen heraus, mag er belgisches Bier, das man „ganz langsam trinken muss, wie Wein“.
    Da eh fast alle Esten online sind, erledigen Sie auch gleich sämtliche Behördengänge am Rechner. Katrin Pärgmäe vom Estonian Informatics Center (der estnische Name ist etwas komplizierter) behauptet: „Die Steuererklärung dauert in unserem nagelneuen und übersichtlichen Regierungsportal nur zehn Minuten, ein Gewerbe anzumelden 15 Minuten.“ Vor zwei Jahren wurde zum ersten Mal online gewählt. Eltern kontrollieren die Hausaufgaben ihrer Kinder auf der Schulwebsite. Parkgebühren werden per SMS bezahlt. Und weil sogar das Bier in der Künstlerkneipe mit Kreditkarte abgerechnet wird, gibt es in Estland einfach gar kein Münzgeld mehr.
    Ein paar Tage in Tallinn fühlen sich also an wie ein Besuch in der modernsten Nation der Welt – auch wenn die perfekt erhaltene Altstadt auf den ersten Blick eher das Gegenteil signalisiert. Aber genau das macht den Charme dieser Stadt aus. Womöglich ist das

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