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Meconomy

Titel: Meconomy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Albers
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ausgibt als für die Touristenwirtschaft.

    Was ist Ihr Traumort, wohin würden Sie auswandern?
    Potts: Der Charme des mobilen Lebensstils ist es, sich nicht für einen Ort entscheiden zu müssen. Ich habe einen Bauernhof in Kansas, nahe meinem Elternhaus, bin aber nur ein paar Monate pro Jahr dort. Ich verbringe mindestens einen Monat in Paris, fühle mich aber auch in Bangkok, Kairo, Buenos Aires oder Pusan in Südkorea für einige Zeit sehr wohl. Wenn man die Suche nach seinem Traumort als einen Akt der Liebe beschreiben wollte, bin ich wohl Polygamist. Es geht auch nicht darum, wie lange man unterwegs ist oder wo man sich letztlich niederlässt – sondern ob seine Art der Existenz einem erlaubt, das Leben voll auszukosten.

Auswandern in Zeiten von Time-Shift und Geoarbitrage
    Doch manchen ist eine Reise – und sei sie noch so lang – dann doch nicht genug. Sie wollen, zumindest für ein paar Jahre, ganz weg. Einer Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie zufolge würde jeder fünfte Deutsche gern seine Heimat verlassen, vor allem junge Leute unter 30 sind auswanderungswillig. Ende der 50er-Jahre war es gerade mal jeder zehnte. „Berufliche Motive spielen die größte Rolle, weniger die Abenteuerlust“, so Thomas Straubhaar, Migrationsforscher und Direktor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts, im Magazin Focus : „In Zeiten, in denen man sich am PC via Google in die hinterste Ecke Afrikas begeben kann, ist der Entdeckerdrang nicht mehr so groß. Beim Auswandern geht es eher um ein persönliches Abenteuer, um das Wechseln des Umfelds.“
    Wer dabei allzu weit schweift, hat allerdings oft die Bürokratie gegen sich: Viele Überseeländer handhaben ihre Einwanderungspolitik sehr strikt und haben spätestens nach dem 11. September 2001 die Sicherheitsüberprüfungen verschärft. In Australien beispielsweise darf der Kandidat nicht älter als 45 Jahre sein, muss einen medizinischen Komplettcheck überstehen und einen Beruf ausüben, der laut Liste des Einwanderungsministeriums gebraucht wird. In Kanada sind zwar grundsätzlich alle Zuwanderer gefragt, ein Punktesystem sorgt aber dafür, dass junge und gut qualifizierte bevorzugt werden.
    Oft sind es die gut ausgebildeten Deutschen, die es ins Ausland zieht: „Der Wettbewerb um qualifizierte Köpfe hat längst begonnen, und die Guten sind schon weg, sodass es immer teurer wird, sie zurückzuholen“, meint Hilmar Schneider vom Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit. Tatsächlich sei der Anteil der Hochqualifizierten unter den Auswanderern leicht gestiegen und höher als ihr Anteil an der deutschen Gesamtbevölkerung, so eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung – aber die meisten kehren wieder zurück: 80 Prozent der deutschen Wissenschaftler sind weniger als ein Jahr im Ausland. Diesen Trend zur Auswanderung auf Zeit bestätigt auch HWWI-Direktor Straubhaar: „Auswandern bedeutet heute nicht mehr wie noch vor 50 Jahren eine Lebensentscheidung ein für alle Mal, sondern eher ein Mosaikstein einer lebenslangen Mobilitätsstrategie. Seit Jahrzehnten sagen wir den jungen Menschen, wie wichtig es ist, ins Ausland zu gehen und Erfahrungen zu sammeln. Jetzt ist die Saat aufgegangen.“
    So ein hoch qualifizierter Abenteurer ist Tassilo Brinzer, 41, der 2002 auf seinem ersten Südostasien-Trip in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh den Aushang zum Verkauf eines Restaurants sah. Brinzer fragte seinen Steuerberater zu Hause, der empfahl mit Blick auf die Einnahmen seines Mandanten durchaus mal eine Investition zum Drücken der Steuerlast – da kaufte Brinzer kurz entschlossen das „La Croisette“, ein französisches Restaurant direkt an der Uferpromenade: „Reiner Zufall“, sagt er heute, „aber es war eine gute Gelegenheit, mal was anderes zu machen.“ Die gute Lage und die Chance, das Lokal ohne inländischen Partner zu führen, gaben für ihn den Ausschlag.  
    Besuchte man Brinzer in den ersten Jahren, fand man einen entspannten, gut gebräunten Inhaber, der im Restaurant die iTunes-Musikliste programmierte, ab und zu dem lokalen Polizeichef eine Kiste Bier spendierte und ansonsten die meiste Arbeit seinen Angestellten überließ. Brinzer brauste lieber auf dem Motorrad durch die Stadt, auf dem Rücksitz seine hübsche einheimische Freundin. Das Restaurant lief, denn Kambodscha gilt als aufstrebende Tourismusregion.  
    Bald war der Teilzeitauswanderer, der immer noch einige Monate pro Jahr in Deutschland verbringt,

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