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Meconomy

Titel: Meconomy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Albers
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Sachen neuer Lebenskonzepte gar „einen unglaublichen Reformbedarf wie zu Beginn der Industrialisierung“. Horst Opaschowski, wissenschaftlicher Leiter der Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen und Berater von Wirtschaft und Politik, sekundiert, die weltweite Krise sei eine „Wendezeit“, die er gar mit der 68er-Bewegung vergleicht. „Damals war die gleiche Aufbruchstimmung wie jetzt.“ Deutschland stehe am Beginn einer Periode der Erneuerung: „Zukunftsvisionen werden nicht länger nur mit Produktvisionen verwechselt. Und mehr mit unternehmerischem Mut als mit Staatsgläubigkeit wollen die Bundesbürger Wege in die Zukunft beschreiten.“
    Auch in einer aktuellen Untersuchung des Zukunftsinstituts von Trendforscher Matthias Horx wird die Wirtschaftskrise als reinigendes Gewitter gewertet, als Beschleuniger für einen überfälligen Umbruch. Mitarbeiter wandelten sich zunehmend zum Selbstunternehmer. Starre Hierarchien, behäbige Kommunikationsstrukturen und lineare Unternehmensabläufe passten immer weniger zur schnell drehenden digitalen Wirtschaftswelt des 21. Jahrhunderts. Selbstständigkeit, freiberufliche Projektarbeit, temporäre Arbeitslosigkeit oder Multijobbing kennzeichneten die neue Arbeitswelt. Der Wunsch nach einer sinnvollen beruflichen Tätigkeit und nach Selbstverwirklichung im Job würden in der Ökonomie von morgen zur entscheidenden Produktivitätskraft für zukunftsfähige Unternehmen.  

Das Leben als Baukasten
    Die fast zur selben Zeit erschienene Titelgeschichte von Handelsblatt Junge Karriere setzt genau hier an. Der Ableger der großen Wirtschaftszeitung beschreibt eine neue Generation von Arbeitnehmern, die die Prozesse im Unternehmen selbst gestalten und sich weiterbilden wollen – die den Job und sich selbst neu erfinden. „Neue Pfade beschreiten und Ideen ausprobieren, das ist wichtiger als je zuvor“, so das Fazit der Autoren, denn: „Wer sich heute für einen Beruf entscheidet und eine Stelle annimmt, muss davon ausgehen, in seinem Leben eine Vielzahl von Stationen zu absolvieren.“  
    Der Soziologe Richard Sennet schätzt, dass ein Amerikaner in 40 Arbeitsjahren elfmal den Job wechselt und dreimal sein gesamtes Know-how austauscht. Hierarchien verflachen auch in Deutschland, gesetzliche Regulierungen gehen zurück, Arbeitsverhältnisse werden kürzer. „Darin liegt die Chance, sich selbst zu verwirklichen, aber auch das Risiko, der Entwicklung nicht mehr folgen zu können“, so die Junge Karriere.  
    Dieses Phänomen ist heute so aktuell wie nie, aber es ist nicht neu. Schon 1960 prägte der Management-Professor Douglas McGregor den Begriff des „Self-Actualizing Man“ – des sich selbst neu erfindenden Menschen, der nach Selbstverwirklichung strebt, indem er seine Talente und Möglichkeiten im Unternehmen ausnutzt. Richard Sennett beklagte Ende der 90er-Jahre den neuen „flexiblen Menschen“, der zwischen stets neuen Herausforderungen des sich permanent wandelnden Kapitalismus sein wahres Ich zu verlieren droht. Um die Jahrtausendwende konnte der US-Soziologe Richard Florida dieser unsteten Lebensweise hingegen viel Positives abgewinnen: Seine „Kreative Klasse“ arbeitet ideengetrieben, ist extrem mobil, hat lieber viele lockere Bekanntschaften als wenige enge Freunde und ist allgemein jederzeit bereit, Job, Wohnort – sprich: ihr Leben – zu verändern.
    Und das ist auch nötig, derzeit mehr denn je. Der Dienst nach Vorschrift läuft aus, „und damit sterben auch die klassischen Jobs“, so Arbeitsmarktforscher Frank Wießner. Produktionsprozesse werden automatisiert oder in Billiglohnländer verlegt. Arbeitnehmer müssen immer wieder neue Qualifikationen erwerben und mit immer schneller veraltendem Expertenwissen punkten. „Die wissensintensiven Berufe boomen“, so Wießner.  
    Die Wirtschaftskrise hat diese schon länger wirksamen Tendenzen verstärkt, fokussiert, teils einfach nur sichtbar gemacht. Für die Generation der 20- bis 35-Jährigen sind es keine abstrakten soziologischen oder ökonomischen Theorien – es ist die Welt, in der sie leben und in der ihnen ganz neue Fähigkeiten abverlangt werden, um zurechtzukommen. Ihre Eltern tun sich oft bereits schwer, sich in diese zutiefst unsichere, hochbewegliche und zugleich von enormen Möglichkeiten geprägte Existenz hineinzudenken. In einer Titelgeschichte über die „Krisenkinder“ schrieb der Spiegel im Sommer 2009: „Das Lebensgefühl der Unsicherheit nimmt jetzt, in der Krise, noch zu.

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