Medaillon des Schicksals (German Edition)

besondere Empfindungen auslöst. Doch ich war zu dumm und zu eitel, diesen Empfindungen nachzugehen. Ja, schlimmer noch, du hast mir in die Seele geschaut, wie es nur Töchter können. Nur zu gern habe ich deshalb Isabellas Intrigen unterstützt. Mein Herz war zu Eis erstarrt, doch du brachtest es mit nur einem Blick zum Schmelzen. Wie töricht war ich, dieses Gefühl zu leugnen und mich noch weiter zu verschließen. Verzeih mir, mein Kind.«
    Und dann stand der Conte auf, ging um den Tisch herum und nahm sowohl Giacomo als auch Rosaria in seine Arme.
    »Willkommen zu Hause«, sagte er und fügte leise hinzu: »Wenn ich auch nicht weiß, wie lange wir dieses Zuhause noch haben werden.«
    Ambra war es, die sich nun zu Wort meldete.
    »Conte, ich glaube, auch dieses Problem können wir lösen.«
    Erstaunt sahen alle auf die alte Frau, die langsam und mit einem Lächeln im Gesicht weitersprach.
    »Paola und Estardo haben im Lauf der Jahre viele Ersparnisse gesammelt. Das Leben in der Wagenkolonne ist einfach und bescheiden. Auch ein größeres Gut in bester Lage mit prächtigen Olivenhainen gehörte zum Besitz der Olivenhändlerin. Nach Paolas Tod habe ich die Besitztümer verwaltet, um sie Rosaria am Tage ihrer Hochzeit als Mitgift zu überreichen. Und wenn mich nicht alles täuscht, so hat Rosaria wohl bereits den Mann ihres Herzens gefunden.«
    Nun strahlte auch der Conte über das ganze Gesicht. Seine Haut glättete sich, die Augen bekamen einen neuen Glanz.
    Gerührt breitete er die Arme aus und sagte: »Ich danke euch. Ich danke euch allen. Heute ist der schönste Tag meines ganzen Lebens, denn mir wurden an nur einem Tag die treue Ehefrau wiedergegeben und ein Sohn und eine Tochter geschenkt.«
    Noch einmal umarmte er Giacomo und Rosaria. Dann straffte er die Schultern und sagte mit entschlossener Stimme: »Und jetzt werde ich zur Contessa Donatella gehen. Keine Minute länger soll sie im Kerker verweilen. Und ich glaube, ich habe einiges an ihr gutzumachen.«
    Dann eilte er aus der Halle.
    An der Tür stieß er auf zwei Neuankömmlinge, auf Raffael und Belina. Als Raffael Rosaria Hand in Hand mit Giacomo dastehen und vor Glück über das ganze Gesicht strahlen sah, fiel auch ihm ein Stein vom Herzen.
     
    Am nächsten Tag herrschte auf der Burg das fröhlichste Treiben aller Zeiten. Die Bediensteten sangen und bauten voller Freude Bänke und Tische im Hof unter den schattigen Baumkronen auf. In der Küche brutzelten Unmengen von Fleisch in den Pfannen, Kuchen wurden gebacken, Pasteten angerichtet.
    Die Contessa sah dem Treiben vom Fenster ihrer Kammer aus zu und lehnte sich mit entspannter Miene gegen den Mann, der hinter ihr stand, sie zärtlich umschlungen hielt und auf dessen Liebe sie zeit ihres Lebens gewartet hatte: Conte Giovanni di Algari.
    In einer anderen Kammer lachten drei junge Frauen mit den Mägden und halfen sich gegenseitig, die schönsten Kleider und Frisuren auszusuchen. Denn die Feierlichkeiten, die am Abend stattfinden sollten, waren für alle drei Frauen ein Höhepunkt ihres bisherigen Lebens.
    Wie groß war der Jubel, als das Fest begann und pünktlich auf die Minute an das Burgtor geklopft wurde, wo eine ganze Kolonne von Händlern und Gauklern ihre Glückwünsche und Geschenke überbrachten.
    Und so fröhlich, wie es begann, endete auch das Fest der Feste, nämlich die Verlobung der Comtess Daria mit dem jungen Ritter Francesco, die Verlobung von Raffael und Belina – und die lang ersehnte Hochzeit von Giacomo und Rosaria, die von da an beide den Namen di Algari tragen würden.