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und Bewegungen, die ihre Macht in Frage stellen könnten, zu unterdrücken. Seit dem Ersten Weltkrieg hat, von Ausnahmen abgesehen, die Ideologie des »Antikommunismus« diesen Zweck erfüllt, während die USA sich in früheren Jahren gegen andere Mächte des Bösen verteidigten: gegen die Deutschen, die Briten, die Spanier, die Mexikaner, die kanadischen Papisten und die »erbarmungslosen indianischen Wilden« (wie es in der Unabhängigkeitserklärung von 1776 heißt). Aber seit der russischen Revolution und insbesondere in der Ära des Kalten Kriegs war der glaubwürdigste Feind die (so John F. Kennedy) »monolithische und skrupellose Verschwörung«, die unseren edlen Unternehmungen Schaden zufügen will. Ronald Reagan sprach vom »Reich des Bösen«.
In den Anfangsjahren des Kalten Kriegs wollten Dean Acheson und Paul Nitze das »in der politischen Führung verbreitete Massenbewußtsein wachrütteln«, wie Acheson im Hinblick auf NSC 68 bemerkte. Sie zeichneten »ein erschreckendes Bild der kommunistischen Bedrohung, um das Bedürfnis von Öffentlichkeit, Geschäftswelt und Kongreßabgeordneten nach Frieden, niedrigen Steuern und einer ›soliden‹ Fiskalpolitik zu überwinden« und möglichst breite Unterstützung für die umfassende Aufrüstung zu gewinnen, die notwendig schien, »um die kommunistische Ideologie und die wirtschaftliche Verwundbarkeit des Westens zu bekämpfen«, erläutert William Borden in einer Untersuchung strategischer Nachkriegsplanungen. Der Koreakrieg war dazu hervorragend geeignet. Die komplexen Bedingungen, die zum Krieg führten, wurden ignoriert und statt dessen dem Kreml Welteroberungspläne unterstellt. Dean Acheson meinte, daß die Feindseligkeiten in Korea »eine ausgezeichnete Möglichkeit bieten, die sowjetische Friedensinitiative zu unterlaufen, die ... ernstzunehmende Dimensionen angenommen hat und die öffentliche Meinung beeinflußt«. Der Kalte Krieg wurde vielfach durch solche Manipulationen bestimmt, die auch ein Beispiel für spätere Praktiken abgaben. 56
Im Ersten Weltkrieg hatte Woodrow Wilsons Creel-Kommission die Effektivität staatlicher Propaganda (in diesem Fall für den Kriegseintritt) bewiesen. Die loyalen Medien und die Intellektuellen zogen mit, so z.B. Frederic Paxson, einer der Gründer des National Board for Historical Service. Das war eine Institution, die dem Staat helfen wollte, indem sie »die Problematik des Kriegs erklärt, damit wir ihn gewinnen«. Zu den dauerhaften Folgen der Kriegspropaganda gehörten der Aufstieg der PR-Industrie und die Einrichtung des FBI als einer in letzter Hinsicht nationalen politischen Polizei. Dieser Funktion ist das FBI treu geblieben; man denke nur an die kriminellen Machenschaften, mit denen es in den sechziger Jahren die »Krise der Demokratie« überwinden wollte, sowie an die Überwachung und Unterminierung der oppositionellen Bewegungen gegen die US-Intervention in Mittelamerika zwanzig Jahre später. 57
Wie wirksam das politisch-ökonomische Propagandasystem arbeitet, läßt sich am Schicksal des 1. Mai in den USA erkennen. 58 Dieser Feiertag wurde nach der Haymarket-Affäre vom Mai 1886 ausgerufen, als Unruhen zum Justizmord an mehreren Anarchisten führten. In vielen anderen Ländern solidarisierten sich die Arbeiter mit dem Kampf ihrer amerikanischen Kollegen. Das alles ist in den USA vergessen. Der 1. Mai ist zum »Law Day«, zum Tag des Gesetzes, geworden, einer nationalistischen Zelebrierung unserer »zweihundertjährigen Partnerschaft zwischen Recht und Freiheit«, wie Ronald Reagan 1984 erklärte, als er den »May Day« zum »Law Day« machte. Er fügte hinzu, daß es ohne Recht und Gesetz »nur Chaos und Unordnung« gebe. Am Tag zuvor hatte er verkündet, daß die Vereinigten Staaten die Vorgehensweise des Internationalen Gerichtshofs ignorieren werde. Das Gericht verurteilte die US-Regierung später wegen ihrer »ungesetzlichen Anwendung von Gewalt« und der Verletzung von Verträgen bei den Angriffen auf Nicaragua. 1987 nutzte Reagan den 1. Mai, um »als Reaktion auf die Notstandssituation, die von den aggressiven Aktivitäten der nicaraguanischen Regierung in Mittelamerika hervorgerufen wurde«, ein Embargo gegen Nicaragua zu verhängen. Tatsächlich rief Reagan sogar den »nationalen Notstand« aus, weil »die Politik und die Aktionen der Regierung von Nicaragua eine außergewöhnliche Bedrohung für die nationale Sicherheit und die Außenpolitik der Vereinigten Staaten darstellen«. Er hatte
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