Media Control
Projekt globaler Herrschaft einen defensiven Anstrich verleihen und dient innenpolitisch dem System der Gedankenkontrolle. Bemerkenswerterweise wird diese Terminologie ohne nennenswerten Widerstand übernommen, obwohl sie so viele Fragen offenläßt. Bei näherem Hinsehen wird deutlich, daß der Begriff eine Menge zu verbergen hat. 49
Zugrundegelegt wird die Annahme, daß es eine stabile internationale Ordnung gibt, die von den Vereinigten Staaten verteidigt werden muß. Die allgemeinen Umrisse dieser Weltordnung wurden von US-Planungsstrategen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelt. Angesichts des außerordentlichen Machtumfangs der USA setzten sie auf die Entwicklung eines globalen, von den Vereinigten Staaten beherrschten Systems, in dem die amerikanischen Wirtschaftsinteressen florieren könnten. Dieses System sollte möglichst viele Staaten und Gebiete umfassen und als »Große Region« [Grand Area] den Bedürfnissen der US-Ökonomie untergeordnet werden. Innerhalb dieser Region würde man die Entwicklung weiterer kapitalistischer Staaten fördern, ihnen jedoch keine Schutzmechanismen gewähren, die den eigenen Privilegien zuwiderlaufen könnten. 50 Insbesondere
die Beherrschung regionaler Systeme sollte den USA gestattet sein. Sie machten sich nun daran, weltweit die Energieproduktion unter ihre Kontrolle zu bringen und ein globales System zu organisieren, dessen einzelne Bestandteile ihre jeweilige Funktion als Industriezentren, Märkte und Lieferanten von Rohstoffen zu erfüllen hatten, sofern sie nicht als abhängige Staaten im von den USA gestalteten »Gesamtordnungsrahmen« ihre regionalen Interessen verfolgten (wie Henry Kissinger später erläuterte).
Aus einleuchtenden Gründen galt die Sowjetunion als hauptsächliche Bedrohung dieser geplanten Ordnung. Zum einen kontrollierte sie als Großmacht ein imperiales System, das nicht der Grand Area einverleibt werden konnte, zum anderen unternahm auch sie hin und wieder Anstrengungen, ihren Herrschaftsbereich auszuweiten, wie etwa in Afghanistan. Außerdem gab es noch die Drohung, Westeuropa oder gleich die ganze Welt zu erobern; ein Anspruch, dessen Realitätsgehalt von seriöseren politischen Beobachtern in öffentlichen und geheimen Dokumenten immer wieder bestritten wurde. Aber man muß verstehen, wie umfassend der Begriff der »Verteidigung« ausgelegt wurde, wenn man die Einschätzung der sowjetischen Verbrechen bewerten will. So war die Sowjetunion eine Bedrohung der Weltordnung, wenn sie Völker unterstützte, die sich gegen die Vorherrschaft der USA auflehnten. Unzulässigerweise unterstützte sie die Südvietnamesen, die gegen ihre selbstlosen amerikanischen Verteidiger »innere Aggression« betrieben (wie die Kennedy-Liberalen erklärten), oder die Nicaraguaner, die völlig unrechtmäßig den »demokratischen Widerstand«, der unter Führung der USA das Land verwüstete, bekämpften. Solche Aktionen zeigten, wie unsere Politiker und Kommentatoren erklärten, daß es die Sowjets mit der Entspannung nicht ernst meinten und ihnen nicht zu trauen sei. Dergestalt »ist Nicaragua ein hervorragender Test für die optimistische Aussicht, daß [Gorbatschow] jetzt für Ruhe in der Dritten Welt sorgt«, erklärten die Leitartikler der Washington Post und schoben die Schuld für den US-amerikanischen Angriff auf Nicaragua damit den Sowjets zu, wobei sie zugleich auf die Bedrohung hinweisen, die von diesem Außenposten des Kommunismus auf seine Nachbarn ausgehe. 51 Aus dieser Perspektive haben die USA »den Kalten Krieg gewonnen«, wenn sie ohne sowjetische Einmischung in aller Welt nach Belieben schalten und walten können.
Obwohl die »Eindämmung des sowjetischen Einflusses« nach 1945 zum beherrschenden Thema der US-Außenpolitik wurde, galt schon die frühe Sowjetunion als Bedrohung und wurde dementsprechend zum Hauptfeind der unabhängigen Presse in den Vereinigten Staaten.
1920 veröffentlichten Walter Lippmann und Charles Merz eine kritische Untersuchung über die Berichterstattung der New York Times zur bolschewistischen Revolution, die »vom Standpunkt eines professionellen Journalismus aus ... schlichtweg katastrophal« sei. Die feindselige Haltung der Herausgeber habe »in den Nachrichtenspalten ihren Niederschlag gefunden«. Die Mitarbeiter der New York Times hätten »aus subjektiven Gründen fast alles geglaubt und akzeptiert«, was ihnen die US-Regierung und die »Agenten und Anhänger des alten Regimes« mitteilten. So galten
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