Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Media Control

Media Control

Titel: Media Control Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Chomsky
Vom Netzwerk:
mißachtet werden«. 134 Die Regierung Reagan war in dieser Hinsicht besonders eifrig.
    In einem ihrer Kommentare aus dem von uns untersuchten Zeitraum schreibt die New York Times: »Die Sandinisten müssen begreifen, daß ihre Nachbarn mit Recht von einer Verbindung zwischen innen- und außenpolitischem Verhalten ausgehen.« 135 Weiter wird gefragt, ob die Regierung Reagan das kalkulierte Risiko einer politischen Regelung »auf sich nehmen und einen marxistischen Nachbarn dulden [könnte], wenn dieser durch Verträge und Abkommen zur Wahrung rudimentärer Menschenrechte gezwungen wird«. Natürlich benötigen die »jungen Demokratien« in Mittelamerika solche Abkommen nicht. Außerdem, so die New York Times weiter, sollten die Vereinigten Staaten prüfen, ob man »die Sandinisten dazu verpflichten könnte, sowjetische und kubanische Stützpunkte, Militärberater und Marschflugkörper aus Nicaragua herauszuhalten... und die Revolution nicht über die Grenzen hinauszutragen«. Die Erwähnung von Flugkörpern und Stützpunkten dient wahrscheinlich der Steigerung des dramatischen Effekts, während Nicaraguas wiederholte Angebote, auf ausländische Berater und Einrichtungen zu verzichten, ebenso unerwähnt bleiben wie Äußerungen des kubanischen Außenministers, der Anfang 1988 »das Angebot wiederholte, die kubanischen Militärberater aus Nicaragua abzuziehen, sobald der von den USA unterstützte Feldzug gegen die sandinistische Regierung beendet wird«. 136 Für die USA ging es nur darum, den »aggressiven Vorstoß der Sandinisten einzudämmen« (so die Washington Post) und Nicaragua zu zwingen, »seine revolutionäre Armee im Zaum zu halten« (so Terry Sandford, Vertreter der Demokraten im Senat). 137 Daß Nicaragua mit Sicherheitsproblemen konfrontiert sein könnte, bleibt außerhalb aller Erwägungen.
    Die Befürchtungen über den »Export« der sandinistischen Revolution verdanken sich im wesentlichen einem Betrugsmanöver des US-Außenministeriums, das sich Formulierungen aus einer Rede von Tomas Borge zunutze machte. Borge gab darin seiner Hoffnung Ausdruck, daß Nicaragua ein Beispiel sei, dem andere Länder folgen würden; er betonte, daß »wir unsere Revolution nicht exportieren« können, sondern »nur unser Beispiel«, während »die Völker der anderen Länder ... ihre eigenen Revolutionen durchführen müssen«. In diesem Sinne »überschreitet [die nicaraguanische Revolution] nationale Grenzen«. Das US-Außenministerium verwandelte Borges Worte absichtsvoll in eine Drohung: Die »Revolution ohne Grenzen« ziele auf militärische Eroberung. Der Ausdruck diente dem vom Außenministerium im September 1985 herausgegebenen Weißbuch über angebliche Subversionstätigkeiten Nicaraguas als Titel, 138 und die Fälschung verhalf Ronald Reagan dazu, 100 Millionen Dollar für die Contras vom Kongreß bewilligt zu bekommen, gerade als der Weltgerichtshof die Vereinigten Staaten zur Beendigung der Aggressionshandlungen aufforderte. Zwar flog der Betrug sofort auf, als der Council for Hemispheric Affairs sich der Sache annahm und gelangte als Randnotiz in einem Bericht der Washington Post über die »öffentliche Diplomatie« des Außenministeriums sogar an das Publikum, doch konnte das die Medien nicht davon abhalten, ihre Propaganda in den Dienst der guten Absicht zu stellen, »die sandinistische Regierung zu dämonisieren ... und im Bewußtsein des amerikanischen Volks in einen echten Feind und eine Bedrohung zu verwandeln«, wie ein Vertreter der Regierung Reagan formulierte. 139 Niemand nahm Anstoß an der Vorstellung, von Nicaragua ginge tatsächlich eine Bedrohung aus, der die Vereinigten Staaten nur hilflos zusehen könnten.
    In einer Hinsicht jedoch wurden die Sandinisten zu Recht als Gefahrenquelle wahrgenommen, fürchtete man doch, daß Borges Hoffnungen sich verwirklichen könnten. Nicaragua war, wie Oxfam betonte, »die Drohung, die von einem guten Beispiel ausgeht«. So verstand es auch Außenminister Shultz, als er im März 1986 warnte: Wenn es den Sandinisten »gelingt, ihre Macht zu konsolidieren, werden alle Länder in Lateinamerika, die sich alle mit ernsten Wirtschaftsproblemen konfrontiert sehen, den Aufstieg radikaler Kräfte erleben, die diese Probleme für ihre Zwecke ausbeuten«. 140 Dagegen hilft nur, Nicaraguas Nachbarn mit Terror zu immunisieren; ganz ähnlich verfuhren Metternich und der Zar, um die Staaten Europas vor der Bedrohung zu schützen, die damals von der amerikanischen

Weitere Kostenlose Bücher