Media Control
Contras zu stoppen. Dieser Vorschlag wurde von den Medien als faires Angebot befürwortet; die vor zwei Tagen abgeschlossenen Anhörungen zur Iran-Contra-Affäre mitsamt dem durch sie vermittelten Eindruck, US-amerikanische Versprechungen könnten nicht gerade Gold wert sein, waren längst ein alter Hut. Dennoch unterzeichneten, sehr zum Ärger der Regierung Reagan, die Präsidenten der mittelamerikanischen Staaten am 7. August den Friedensvertrag.
Nun verlegte sich die Propagandamaschinerie darauf, das unannehmbare Abkommen außer Kraft zu setzen. Die Medien waren, wie immer, willige Gefolgschaft.
Das Problem war nicht neu: Eine Großmacht hat ihren Willen nicht durchsetzen können und sieht sich Umständen konfrontiert, die sie nicht akzeptieren kann. Es gibt nun verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen. Man könnte beispielsweise vorgeben, daß der Gegner kapituliert und die US-amerikanische Haltung übernommen hat. Das geht nur, wenn man auf die Unterstützung des Informationssystems setzen kann. Die Medien müssen die Version der Regierung, wie seltsam diese auch sein mag, als die einzig wahre ausgeben. Weigert sich der Gegner dann, darauf einzugehen, kann man ihn wegen seiner Pflichtvergessenheit zur Rechenschaft ziehen.
Ein bezeichnendes Beispiel für diese Technik war der Umgang mit dem Pariser Friedensabkommen vom Januar 1973, das die Vereinigten Staaten unterzeichnen mußten, nachdem es ihnen nicht gelungen war, Nordvietnam durch die großflächige Bombardierung besiedelter Gebiete zur Unterwerfung zu zwingen. Die US-Regierung lancierte sofort eine Version des Vertrags, die dessen Inhalt in allen entscheidenden Punkten diametral entgegengesetzt war. Die Medien vollzogen den Schulterschluß, und so waren die tatsächlichen Vertragsbestimmungen schon nach wenigen Tagen dem Vergessen überantwortet worden. Danach verstießen die USA und ihr südvietnamesischer Vasall vorsätzlich gegen den Vertrag, um ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen. Als der Gegner daraufhin entsprechend reagierte, schob man ihm die Schuld für das Scheitern der Friedensbemühungen in die Schuhe. 168
Ganz ähnlich verfuhr man mit dem mittelamerikanischen Friedensabkommen. Zunächst galt es, die Doktrin zu erhärten, daß die Sandinisten durch die Unterstützung der Contras zu den Verhandlungen gezwungen worden waren. Das war wichtig, um damit die eventuelle spätere Anwendung von Terror und militärischer Gewalt zu rechtfertigen. Unterschlagen wurden dabei Nicaraguas Friedensbemühungen und die erfolgreichen Störmanöver der USA. 169 Die Doktrin setzte sich durch, und die New York Times konnte den Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Michael Dukakis, im Wahlkampf des Jahres 1988 kritisieren, weil er »die Rolle der Gewalt unterschätzt, die notwendig ist, um die Sandinisten an den Verhandlungstisch zu bringen«. Tatsachen, die dem Grundsatz, Gewalt sei erforderlich, um den Frieden zu erzwingen, im Wege stehen, müssen beiseitegeräumt werden. Wahr ist, was uns nützt. Punktum.
Die erste Aufgabe wurde unverzüglich erledigt, und nun ging es darum, das Abkommen selbst zu hintertreiben. Die erste Phase erstreckte sich von der Unterzeichnung im August 1987 bis zum Januar 1988, als die mittelamerikanischen Präsidenten den Bericht der Internationalen Verifikations-Kommission (CIVS) erwarteten, die den Auftrag hatte, die Umsetzung des Abkommens zu überwachen. Die US-Regierung wollte die ganze Aufmerksamkeit auf die Sandinisten lenken, um die Angriffe der Contras auch weiterhin forcieren und die Vasallenstaaten vor der Erfüllung der Vertragsbestimmungen bewahren zu können. Die Medien widmeten sich auch dieser Aufgabe mit Eifer, und im Januar waren die Tatsachen in ihr Gegenteil verkehrt worden, um hinfort nur noch für Archivare von Interesse zu sein. Gesiegt hatten wieder einmal die notwendigen Illusionen.
Der Friedensplan enthielt eine »Conditio sine qua non«, nämlich die Beendigung offener oder verdeckter Unterstützung in jeglicher - »militärischer, logistischer, finanzieller, propagandistischer« - Form für »irreguläre Streitkräfte« (die Contras) oder »aufständische Bewegungen« (die einheimischen Guerillagruppen). Die USA dagegen erhöhten sofort die Zahl der illegalen, von der CIA betriebenen Nachschubflüge für die Contras. Bislang war ein Flug pro Tag üblich gewesen, im September wurden es zwei, in den Monaten danach sogar drei. Auch die Überwachungsflüge häuften sich. Dadurch war es den Contras
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