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Media Control

Media Control

Titel: Media Control Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Chomsky
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begleitet, und auch dies müssen die Medien zur Geltung bringen. Folglich gibt es Phänomene wie »Friedensmissionen« und »Friedensprozesse«, die all das betreffen, was die Vereinigten Staaten in einem bestimmten Augenblick tun oder vorschlagen. Daher sind Sätze wie: »Die USA widersetzen sich dem Friedensprozeß« oder »Washington mußte dazu veranlaßt werden, sich dem Friedensprozeß anzuschließen« logische Widersprüche, weshalb man sie in den Medien und der verantwortungs-bewußten wissenschaftlichen Literatur nicht finden wird. Während all der Jahre, in denen Washington den Contadora-Friedensplan in Mittelamerika oder die Bemühungen um eine friedliche Regelung im Nahostkonflikt zu unterlaufen suchte, hat es, darin waren sich die Mainstream-Kommentare einig, niemals den Friedensprozeß aufgehalten, sondern immer versucht, ihn zu befördern.
    Ende Januar 1988 erfreute die Los Angeles Times ihre Leser mit der Schlagzeile: »Shultz plant Friedensreise nach Lateinamerika«.
    Darunter hieß es dann: »Die Mission ist der letzte Versuch, die Opposition gegen die Contra-Hilfe zu entschärfen.« 216 Der Artikel zitiert Regierungsbeamte, die in der Reise die »letzte Möglichkeit« sehen, angesichts »wachsender Ablehnung im Kongreß« die Contra-Hilfe aufrechtzuerhalten. Außerdem hatte die Reise den Zweck, »Nicaraguas vier demokratische Nachbarn bei Friedensgesprächen in den Hintergrund zu drängen«, damit Washington das Kommando übernehmen konnte. Einige Monate später berichtete die New York Times von weiteren Bemühungen der Regierung, den Contras Unterstützung (inklusive »Militärhilfe«) zukommen zu lassen, während die Verbündeten gedrängt wurden, sich den USA »bei der diplomatischen Isolierung Nicaraguas und der Wiederbelebung des Friedensprozesses« anzuschließen. Die Los Angeles Times verbuchte dieses Engagement unter der Schlagzeile: »Shultz will versuchen, den lateinamerikanischen Friedensprozeß wiederzubeleben«. 217
    George Orwell hat es gewußt: Krieg ist Frieden.
    Auch im Nahostkonflikt sind die Medien ihrer Aufgabe, eine eindeutige Rollenverteilung vorzunehmen, nachgekommen. So wurden die USA und Israel als friedliebend und verhandlungsbereit charakterisiert, während sie in Wirklichkeit seit Beginn der siebziger Jahre aufgrund ihrer Verweigerungshaltung gegenüber den Palästinensern Friedensinitiativen, die breite internationale und regionale Unterstützung genossen, blockierten. Dennoch ist die US-Politik per definitionem »gemäßigt«, so daß ihre Gegner als »extremistisch« und »zu keinem Kompromiß bereit« bezeichnet werden können. Die reale Geschichte wird damit auf den Kopf gestellt.
    Zwei Faktoren haben zu dieser Verdrehung der Tatsachen geführt. Der eine betrifft die gesellschaftliche Funktion der Medien im Dienste der US-Eliten, der andere den besonderen Schutz, den Israel als »Symbol menschlicher Anständigkeit« seit dem Sieg im Sechstagekrieg von 1967 genießt, der das Land zum wertvollen strategischen Aktivposten machte. Das Zusammenspiel dieser Faktoren brachte in der Berichterstattung der Medien einige Abweichungen vom gängigen Muster mit sich, weil sie fast ausschließlich die Haltung der beiden großen politischen Gruppierungen in Israel vertraten und sich im Oktober 1977 sogar gegen Präsident Carter wandten, der zusammen mit der UdSSR für eine »Beendigung des Kriegszustands und die Errichtung normaler friedlicher Beziehungen« zwischen Israel und dessen Nachbarn eingetreten war. Die PLO begrüßte diese Initiative, nicht jedoch Israel und seine US-amerikanische Lobby. In der Folge wurde die US-Regierung (was nur höchst selten vorkommt) von den Medien äußerst feindselig behandelt, und schließlich mußte Carter einen Rückzieher machen. 218
    Reinhold Niebuhr bemerkte einmal, daß die »vielleicht bedeutsamste moralische Eigenschaft einer Nation in ihrer Heuchelei besteht«. 219 Das gilt auch und besonders für die Pressefreiheit, die den Medien und den Intellektuellen immer am Herzen liegt. In den achtziger Jahren stand wohl kaum ein anderes Thema so sehr im Vordergrund wie die Verfolgung der nicaraguanischen Oppositionszeitung La Prensa durch die Sandinisten. Als das Blatt 1986, nachdem der US-Kongreß Zuwendungen in Höhe von 100 Millionen Dollar für die Contras beschlossen hatte (was einer Kriegserklärung gleichkam), auf Druck der sandinistischen Regierung sein Erscheinen einstellen mußte, erreichte die Empörung ihren Höhepunkt. Die

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