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Media Control

Media Control

Titel: Media Control Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Chomsky
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Terror sorgt.) »Persönliche Abscheu vor dem Terrorismus: Außenminister weist PLO zurück«, überschreibt die New York Times einen Artikel, indem sie Shultz »instinktive Verachtung für den Terrorismus« bescheinigt und hinzufügt, daß »Mr. Shultz so etwas wie einen persönlichen Kreuzzug gegen den Terrorismus führt« (so der Washingtoner Korrespondent). 209 Die Medien bekundeten Bewunderung für diese aufrechte Haltung, kritisierten den Außenminister aber auch, weil er sich von seinem verständlichen Zorn aus der staatsmännischen Reserve hatte locken lassen. Ansonsten war man sich einig: »Jassir Arafat gehört nicht zu den gewöhnlichen politisch umstrittenen Persönlichkeiten, die ein Einreisevisum beantragen: Seine Gruppe tötet Menschen.« 210 Was Staatsmänner wie Adolfo Calera, José Napoleón Duarte, Jitzhak Schamir und andere, die wir mit offenen Armen empfangen, natürlich nicht tun.
    Wer glaubte, daß die Medien fragen würden, ob in Shultz' persönlicher Abneigung gegen den Terrorismus nicht auch ein Fünkchen Heuchelei stecken mochte, sah sich enttäuscht. Nur die Karikaturisten erlaubten sich einen gewissen Grad von Respektlosigkeit und fragten sich, wen Shultz wohl gemeint haben könnte, als er beklagte, daß »die Leute vergessen, welche Bedrohung der internationale Terrorismus darstellt«: François Mitterand, der »vergessen hat, wie wir das Greenpeace-Schiff versenkten«, Margret Thatcher, die »vergessen hat, wie wir die IRA-Typen in Gibraltar erledigten«, Michail Gorbatschow, der »vergessen hat, wie wir für die Kinder in Afghanistan Tretminen auslegten« sowie George Shultz, der »ganz vergessen hat, wie unsere zivilistischen Freunde, die Contras, in Nicaragua ermordet wurden«. 211
    Weitere Beispiele lassen sich mühelos finden. Daß Arafat und die PLO terroristisch aktiv waren, ist unbezweifelbar, doch sind sie auf dem weiten Feld des internationalen Terrorismus alles andere als Hauptakteure.
    Ein PLO-Terrorakt, der den US-Außenminister und seine Bewunderer im Kongreß und in den Medien besonders in Rage versetzte, war die Entführung der Achille Lauro und die Ermordung Leon Klinghoffers, eine zweifellos bösartige Tat. Eine Woche zuvor, am 1. Oktober 1985, hatten die Israelis Tunis bombardiert und dabei, wie es der vor Ort anwesende Journalist Amnon Kapeliuk beschrieb, zwanzig Tunesier und fünfundfünfzig Palästinenser mit ferngelenkten Sprengkörpern geradezu in Stücke gerissen. Die US-Zeitungen interessierten sich nicht sonderlich dafür, weil die Opfer Araber und die Täter US-Vasallen waren. Ganz anders George Shultz: Die Vereinigten Staaten wirkten an dem Massaker mit, weil sie das mit ihnen verbündete Tunesien nicht darauf hinwiesen, daß die Bomber unterwegs waren. Vielmehr hatte Shultz dem israelischen Außenminister Schamir in einem Telefongespräch versichert, daß die US-Regierung »beträchtliche Sympathien für die Aktion« habe. Von dieser Haltung rückte er wieder ab, als der UN-Sicherheitsrat einmütig (bei US-amerikanischer Enthaltung) die Bombardierung als »Akt bewaffneter Aggression« verurteilte. Dennoch wurde der israelische Premierminister Schimon Peres wenige Tage später als »Mann des Friedens« in Washington begrüßt, und die Presse erörterte mit tiefer Ernsthaftigkeit seine Gespräche mit Präsident Reagan über den internationalen Terrorismus und wie er zu bekämpfen sei. 212
    Im übrigen erstreckt sich der Zorn der USA nicht auf israelische Schiffsentführungen, die jahrelang in internationalen Gewässern durchgeführt wurden. Betroffen waren davon auch Passagierfähren, die zwischen Zypern und dem Libanon verkehrten. Dabei wurden Personen in großer Anzahl gefangengenommen, mehr als 100 in israelische Gefängnisse verschleppt und dort ohne Gerichtsverfahren festgehalten. Aussagen von Überlebenden zufolge kamen viele ums Leben; manche wurden von israelischen Schützen erschossen, als sie sich nach der Versenkung des Schiffs über Wasser zu halten versuchten. Der US-Kongreß und die Medien zeigten auch kein Interesse am Schicksal von Na'il Amin Fatajir, der 1987 aus dem Westjordanland abgeschoben wurde. Er hatte zuvor achtzehn Monate im Gefängnis gesessen, weil man ihn der Zugehörigkeit zu einer verbotenen Organisation beschuldigte. Nach der Freilassung kehrte er in seine Heimatstadt Nablus zurück; kurz darauf verfügte die israelische Regierung seine Ausweisung. Als er sich an das Gericht wandte, argumentierte die Staatsanwaltschaft, daß

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