Media Control
Herausgeberin von La Prensa, Violeta Chamorro, erhielt einen Preis für ihren mutigen Kampf um die Meinungsfreiheit. Immerhin war die Zeitung gleich nach dem Wahlsieg der Sandinisten auf Veranlassung von Präsident Carter durch die CIA finanziert worden. Jetzt rief man zu Spendenaktionen auf und verurteilte die Sandinisten dafür, dieses Sprachrohr der Bevölkerung zum Schweigen gebracht zu haben. 220
Ging es nun den Berichterstattern und Kommentatoren tatsächlich um die Meinungsfreiheit? Wir haben schon gehört, wie sie reagierten, als Duarte in El Salvador die unabhängigen Medien mit Gewalt beseitigen ließ. Hierzulande regte sich keine Hand, auch nicht die der New York Times, für ihre Unterstützung. Ähnliches gilt für Guatemala, wo Dutzende von Journalisten umgebracht wurden. Als nach der »demokratischen Erneuerung« zwei aus dem Exil zurückgekehrte Redakteure im Februar 1988 die linksliberale Wochenzeitung La Epoca begründeten, taten sie das in Kenntnis einer Verlautbarung der antikommunistischen Geheimarmee ESA: »Wir werden dafür sorgen, daß sie [zurückkehrende Journalisten] das Land entweder verlassen oder hier sterben.« 221
Davon nahm man in den USA keine Notiz, regte sich aber auf, als La Prensa im April wegen Papiermangels nicht erscheinen konnte und im Juli für zwei Wochen ihr Erscheinen einstellen mußte, weil sie, so die Regierung, erfundene und aufwieglerische Berichte über Gewalttätigkeiten bei Demonstrationen gedruckt hatte. 222
La Epoca hatte weniger Glück. Am 10. Juni drangen fünfzehn schwerbewaffnete Männer in die Büroräume ein, stahlen Ausrüstungsgegegenstände und warfen Brandbomben. Sie entführten den Nachtwächter und ließen ihn später frei mit der Androhung, ihn zu ermorden, falls er aussagen würde. Augenzeugen und andere Quellen ließen wenig Zweifel daran, daß es sich um eine Operation der Sicherheitskräfte gehandelt hatte. Der Herausgeber der Zeitschrift, Bryan Barrera, teilte am 14. Juni auf einer Pressekonferenz mit, La Epoca werde ihr Erscheinen einstellen, weil es in Guatemala »keine Bedingungen gibt, die die Ausübung eines freien und unabhängigen Journalismus garantieren«. Nach weiteren Drohungen ging er erneut ins Exil. Ein westlicher Diplomat begleitete ihn zum Flughafen. Die Zerschlagung von La Epoca »bedeutete nicht nur das Ende einer unabhängigen Medienstimme in Guatemala, sondern diente auch als Warnung, daß weitere Versuche dieser Art von der Regierung und den Sicherheitskräften nicht geduldet würden«, bemerkte die Menschenrechtsorganisation Americas Watch dazu. 223
Die New York Times und die Washington Post erwähnten diesen Vorfall mit keinem Wort, obwohl sie davon Kenntnis hatten. 224 Aber die gewaltsame Zerstörung unabhängiger Presseorgane ist nicht weiter wichtig, wenn sie in einer von den USA unterstützten »jungen Demokratie« stattfindet. Der US-Kongreß reagierte auf seine Weise, nämlich durch die substantielle Erhöhung der Wirtschafts- und Militärhilfe für die Regierung von Guatemala. 225
Ein paar Wochen später durchsuchten israelische Sicherheitskräfte die Büros der führenden Jerusalemer Tageszeitung Al Fadschr, nahmen den Chef vom Dienst, Hatem Abdel-Qader, fest und sperrten ihn aufgrund unspezifizierter Sicherheitsbedenken für sechs Monate ins Gefängnis. 226 Auch dazu kein Wort in unseren führenden Zeitungen. Abdel-Qader ist eben nicht Violeta Chamorro.
Man könnte natürlich auf die Bedeutung von La Prensa verweisen, die dem US-Verbündeten Somoza unter der Leitung von Pedro Joaquin Chamorro bis zu dessen Ermordung 1978 so tapfer Widerstand leistete. Das wäre zwar kein ausreichendes Argument, weil Pressefreiheit wenig bedeutet, wenn sie lediglich im Dienst der Mächtigen ausgeübt wird, entscheidend ist jedoch, daß die neue La Prensa nur noch wenig mit der Zeitung zu tun hatte, die gegen Somoza zu Felde gezogen war. Nach dem Mord an Pedro Joaquín Chamorro wurde sein Bruder Xavier Herausgeber, bis ihn die Besitzer 1980 feuerten. Mit ihm verließen 80 Prozent der Belegschaft die Zeitung und gründeten El Nuevo Diario. Neuer Herausgeber von La Prensa war jetzt ein Sohn von Pedro Joaquin Chamorro, der sich später der Führung der Contras anschloß, ohne deshalb seinen Posten bei der Zeitung aufzugeben.
Insofern kann nicht verwundern, daß La Prensa zum Sprachrohr der Opposition gegen die Regierung wurde und auch die Angriffe der USA auf Nicaragua bejahte. 227
Dieselben Stimmen, die sich für La Prensa
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