Media Control
im Falle El Salvadors keineswegs geringer war. Damit fällt Lemanns Erklärung in sich zusammen. 12
Offensichtlich ruft schon die Idee, die Medien einer rationalen Analyse zu unterwerfen, Ablehnung hervor, wenn sie zu unangenehmen Folgerungen führt.
Bisweilen wird versucht, das Propaganda-Modell mit dem Hinweis auf vom System abweichende Meinungen zu widerlegen. Die »Schwäche« des Modells liege, so Walter LaFeber, in »seiner Unfähigkeit, die Anti-Contra-Bewegung erklären zu können, der es... gelungen sei, die Regierungspolitik abzuschwächen«. Ferner wendet er ein, daß die Befürworter des Modells »einerseits führenden amerikanischen Zeitschriften › Einsei tigkeit‹ vorwerfen, andererseits widersprechen, wenn ich wichtige Beispiele zitiere, die [ihre These] widerlegen«. Ein drittes Gegenargument lautet: »Wenn die Nachrichtenmedien so uneingeschränkt schlecht sind, sollte das Buch [Manufacturing Consent] wenigstens erklären, warum viele Veröffentlichungen (darunter auch meine) ihre Berichte zitieren können, um Präsident Reagans Mittelamerika-Politik zu kritisieren.«
LaFeber, ein unabhängig denkender Historiker, gehört zu den wenigen, die dem Propaganda-Modell mit triftigen Argumenten entgegentreten, statt lediglich mit Invektiven. Es lohnt sich also, die Einwände näher zu betrachten.
Nehmen wir das erste Argument: Die Einflußnahme der Medien durch einseitige Berichterstattung führe nicht immer zum Erfolg. Dann wäre auch eine entsprechende Analyse der Prawda durch den Hinweis auf die Existenz von Dissidenten in der Sowjetunion widerlegt. Aber die These, daß die Prawda ein Organ der Staatspropaganda ist, hat mit der Existenz von Dissidenten nichts zu tun. Und sie würde auch nicht dadurch bestätigt, daß die gesamte Sowjetbevölkerung den Inhalt der Prawda unkritisch akzeptierte. Die These sagt nämlich nichts über den Erfolg der Propaganda, und insofern ist LaFebers Einwand hinfällig.
Aber auch der zweite Einwand sticht nicht: Beispiele für eine Abweichung der Medien von der Regierungslinie fordern nicht den Widerspruch von Befürwortern des Propaganda-Modells heraus, sondern werden von ihnen vorhergesagt, wie es etwa der Fall ist, wenn eine Tatsachenfälschung erkannt wird.
Das Propaganda-Modell behauptet ja nicht, daß die Medien - wie etwa in totalitären Staaten - einfach nachplappern, was die jeweilige Regierung behauptet. Vielmehr spiegeln sie den Konsens staatlichwirtschaftlicher Machteliten, wozu auch diejenigen gehören, die bestimmten Aspekten der Regierungspolitik, zumeist aus taktischen Gründen, kritisch gegenüberstehen. Das Modell geht davon aus, daß die Medien die Interessen der Mächtigen schützen, ohne deshalb die Regierenden in jedem Fall vor Kritik zu bewahren; wer diesen Unterschied nicht beachtet, gibt sich Illusionen über unser demokratisches System hin.
So ist das Propaganda-Modell auch nicht widerlegt, wenn die Medien US-amerikanischen Contra-Gegnern in den Machteliten eine Plattform bieten, vielmehr wird es dadurch gestützt. 1986 waren 80 Prozent der US-amerikanischen Führungskräfte (Manager usw.) gegen die Contra-Politik der Regierung - sie sei verfehlt, zu teuer und die angestrebten Ziele ließen sich auch anders erreichen. Das Propaganda-Modell würde nun voraussagen, daß sich diese mit der Regierungslinie konfligierenden Ansichten in den Medien niederschlagen. Das trat jedoch im Hinblick auf Nicaragua nicht ein, allerdings ganz anders, als LaFeber es meinte: Die Medien hielten sich nicht nur bruchlos an den grundlegenden Konsens einer (signifikant) kleinen Elite betreffend die Mittelamerika-Politik, sondern vertraten sogar mehrheitlich die extremistische Position der Regierung und unterwarfen sich ihrer Autorität damit noch stärker, als das Modell erwarten lassen würde.
Wenden wir uns nun der von LaFeber ins Feld geführten »Anti-Contra-Bewegung« und ihrer Wirkung auf die Regierungspolitik zu. Hier ist zu beachten, daß es, wie beim Vietnamkrieg, zwei sehr unterschiedliche Bewegungen gab: Die eine richtete sich aus taktischen, die andere aus prinzipiellen Gründen gegen die Unterstützung der Contras. Diese letztere hat »die Regierungspolitik abgeschwächt«, aber nicht über die Medien. Sie hat die Kosten für die Urheber der Verbrechen gegen Nicaragua erhöht und dergestalt letztlich zur - allerdings rein taktischen und an das Eigeninteresse gebundenen - Kritik seitens der Eliten geführt.
Abgesehen davon bestreitet das
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