Medicus 01 - Der Medicus
Gebiet der Bauernhöfe um Matlock gab es nur den Landbader James Farrow, der nicht nur mit Klistieren purgierte, Haare schnitt und rasierte, sondern auch chirurgische Eingriffe vornahm und Heilmittel verschrieb. Henry führte über fünf Jahre lang seine Anweisungen aus. Farrow war ein strenger Dienstherr; er schlug Henry, wenn er Fehler machte, aber er lehrte ihn alles, was er wusste, und zwar peinlich genau.
Während des vierten Jahres, das Henry in Matlock zubrachte - man schrieb das Jahr 1002 —, erlaubte sich König Aethelred etwas, das weitreichende und schreckliche Folgen nach sich ziehen sollte. Angesichts seiner Schwierigkeiten erlaubte der König einigen Dänen, sich in Südengland niederzulassen, und stellte ihnen Land zur Verfügung unter der Bedingung, dass sie an seiner Seite gegen seine Feinde kämpften. Er hatte sich auf diese Weise auch der Dienste eines dänischen Adeligen namens Fällig versichert, der der Ehemann von Gunnhilda war, der Schwester des Königs Swegen von Dänemark. In diesem Jahr fielen die Wikinger in England ein und mordeten und brandschatzten wie üblich. Als sie Southampton erreichten, beschloss der König, ihnen wieder Tribut zu bezahlen, und er gab den Eindringlingen vierundzwanzigtausend Pfund, damit sie das Land verließen.
Als die Schiffe mit den Nordländern abgesegelt waren, schämte sich Aethelred und verfiel in kalte Wut. Er befahl, dass alle Dänen, die sich in England befanden, am St.-Brice-Tag, dem 13. November, erschlagen werden sollten. Der heimtückische Massenmord wurde ausgeführt, wie es der König befohlen hatte, und er entfesselte ein Übel, das im englischen Volk schon lange geschwärt hatte. Die Welt war immer brutal gewesen, aber nach der Ermordung der Dänen wurde das Leben noch grausamer. In ganz England waren Gewaltverbrechen an der Tagesordnung. Hexen wurden gejagt und gehängt oder verbrannt, und das Land taumelte im Blutrausch. Henry Crofts Lehrzeit war beinahe zu Ende, als ein älterer Mann namens Bailey Aelerton starb, während ihn Farrow behandelte. An dem Todesfall war nichts Bemerkenswertes, aber es hieß bald, dass der Mann gestorben sei, weil Farrow ihn mit Nadeln gestochen und ihn verhext habe.
Am Sonntag zuvor hatte der Priester in der kleinen Kirche in Matlock eröffnet, dass böse Geister um Mitternacht auf den Gräbern im Friedhof gezecht und fleischlich mit Satan kopuliert hätten. »Es ist ein abscheulicher Frevel an unserem Erlöser, dass die Toten durch Teufelswerk auferstehen.« Der Teufel sei in ihrer Mitte, warnte der Priester die Gemeinde, unterstützt von einer Armee von Hexern, die als menschliche Wesen verkleidet seien, Schwarze Magie trieben und insgeheim mordeten.
Er wappnete die von scheuer Furcht ergriffenen, erschrockenen Andächtigen mit einem Gegenzauber, der gegen jeden angewendet werden sollte, der der Hexerei verdächtig war: »Erzhexer, der meine Seele überfällt, dein Zauber soll gegen dich gekehrt, dein Fluch dir tausendfach zurückgegeben werden. Im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit, gib mir meine Gesundheit und Kraft wieder zurück. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.« Und er erinnerte sie an das kirchliche Gebot: »Du sollst nicht zulassen, dass ein Hexer am Leben bleibt. Sie müssen ausfindig gemacht und ausgerottet werden, wenn nicht jeder von euch in den schrecklichen Flammen des Fegefeuers brennen will«, ermahnte er sie. Bailey Aelerton starb am Dienstag, sein Herz blieb stehen, während er das Feld hackte. Seine Tochter behauptete, sie hätte Nadelstiche auf seiner Haut gesehen. Außer ihr hatte sie niemand gesehen, aber Donnerstag morgens kam ein Pöbelhaufen in Farrows Scheunenhof, gerade als der Landbader sein Pferd bestiegen hatte, um Patienten zu besuchen. Er sah noch zu Henry hinunter und erteilte ihm Anweisungen für den Tag, als sie ihn aus dem Sattel rissen.
Sie wurden von Simon Beck angeführt, dessen Land an Farrows Besitz grenzte. »Zieht ihn aus!« schrie Beck.
Farrow zitterte, als sie ihm die Kleidung vom Leib rissen. »Du bist ein Esel, Beck!« schrie er. »Ein Esel!« Er sah ohne Kleider älter aus, seine runden Schultern waren schmal, die Muskeln schwach und verbraucht, die Haut auf seinem Bauch schlotterte und war faltig, der Penis über dem großen, dunkelroten Hodensack zusammengeschrumpft.
»Da ist es!« schrie Beck. »Das Satansmal!«
Auf der rechten Seite von Farrows Leiste waren deutlich zwei kleine dunkle Flecken sichtbar wie ein Schlangenbiss.
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