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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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reiten. Er saß viel höher als auf einem Pferd, wurde durchgerüttelt und spürte nur wenig Fett und Fleisch, die seinen Sitz weicher gemacht hätten. Als sie die Brücke über den Fluß des Lebens überquerten, sah ihn Mirdin an und lachte. »Du wirst sie noch lieben lernen!« rief er seinem Freund zu.

    Rob lernte nie, sein Kamel zu lieben. Sobald es eine Möglichkeit dazu hatte, bespuckte ihn das Tier mit klebrigen Schleimpfropfen und schnappte wie ein Köter, so daß er ihm das Maul zubinden mußte. Dazu keilte es bösartig nach rückwärts aus wie ein störrischer Maulesel. Er mußte sich die ganze Zeit vor der Stute in acht nehmen. Das Reisen gefiel ihm, da er von Soldaten umgeben war. Sie hätten genausogut eine römische Kohorte sein können, und er sah sich in Gedanken als Teil einer Legion, die überall, wohin sie kam, Eindruck machte. Doch dieses Hirngespinst wurde jeden Nachmittag zerstört, denn sie errichteten kein ordentliches römisches Lager. Alã hatte sein Zelt, weiche Teppiche, Musikanten, Köche sowie Diener in Hülle und Fülle, um seine Wünsche zu befriedigen. Die anderen suchten sich einen Platz auf der nackten Erde und wickelten sich in ihre Kleider. Der Gestank der tierischen und menschlichen Exkremente umgab sie ständig, und wenn sie zu einem Bach kamen, war er schmutzig, nachdem sie ihn verließen.
    Wenn sie nachts in der Dunkelheit auf dem harten Boden lagen, lehrte ihn Mirdin weiterhin die Gebote des jüdischen Gottes. Das vertraute Studieren half ihnen, Unbehagen und Besorgnis zu vergessen. Eine Woche lang lebten sie von ihren Vorräten, dann waren sie planmäßig verbraucht. Hundert Fußsoldaten wurden zu Furieren ernannt und marschierten vor dem Haupttrupp. Sie durchstreiften das Gebiet sachkundig, und man sah täglich Soldaten, die Ziegen an einem Strick führten oder Schafe trieben, gackerndes Geflügel schleppten oder mit landwirtschaftlichen Produkten beladen waren. Das Beste blieb dem Schah vorbehalten, und der Rest wurde verteilt, so daß jeden Abend an hundert Feuern gekocht wurde und die Invasoren gut essen konnten.
    Bei jedem Lager wurden täglich die Kranken behandelt. Das geschah in Sichtweite des Schahzeltes, um Simulanten abzuschrecken. Dennoch war die Schlange lang. Eines Abends tauchte Karim dort auf. »Willst du dich an der Arbeit beteiligen? Wir brauchen Hilfe«, forderte ihn Rob auf.
    »Das darf ich nicht. Ich muß in der Nähe des Schahs bleiben.«
    »Ah«, sagte Mirdin.
    Karim lächelte schief. »Wollt ihr mehr Essen?«
    »Wir haben genug«, antwortete Mirdin.
    »Ich kann euch beschaffen, was ihr wollt. Es wird einige Monate dauern, bis wir die Elefantengehege in Mansura erreichen. Ihr solltet euch das Leben während des Marsches so angenehm wie möglich machen.«
    »Ich möchte dich um etwas bitten«, meinte Rob. »An den vier Grenzlinien jedes Lagers sollten Gräben ausgehoben werden, die als Latrinen benützt werden können.«
    Karim nickte. per Vorschlag wurde sofort in die Tat umgesetzt, und es wurde bekanntgemacht, daß diese Maßnahme auf Befehl der Ärzte erfolgte, pies machte sie nicht gerade beliebter, denn nun wurden jeden Abend müde Soldaten zum Ausheben von Gräben abkommandiert, und wer nachts mit Bauchkrämpfen aufwachte, mußte in der Dunkelheit herumstolpern und einen Graben suchen. Wer die Vorschrift mißachtete und dabei erwischt wurde, erhielt Prügel. Doch der Gestank wurde erträglicher, und es tat gut, am Morgen nicht in menschliche Exkremente zu treten, wenn das Lager abgebrochen wurde.

    Als sie Schiras erreichten, suchte sie der kelonter Debbid Hafiz, wie vorher abgemacht, in Begleitung einer mit Lebensmitteln beladenen Tragtierkolonne außerhalb der Stadt auf, ein Opfer, das den Bezirk Schiras davor bewahrte, beim Requirieren rücksichtslos geplündert zu werden. Nachdem der kelonter dem Schah seine Reverenz erwiesen hatte, umarmte er Rob, Mirdin und Karim, und sie tranken mit ihm Wein und erinnerten sich an die Zeit der Pest.
    Rob und Karim ritten mit Debbid Hafiz bis zu den Toren der Stadt zurück. Auf dem Rückweg ließen sie sich von einem flachen, glatten Stück der Straße und vom Wein in ihrem Blut dazu verführen, ihre Kamele ein Rennen laufen zu lassen. Es war eine Offenbarung für Rob, denn die wiegende, unbequeme Gangart veränderte sich vollkommen, wenn das Kamel lief. Die Schritte des Tieres wurden länger, verwandelten sich in schwungvolle Sprünge, die das Tier und seinen Reiter gleichmäßig und schnell durch die Luft

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