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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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trugen. Rob meisterte die Stute mühelos und erlebte die unterschiedlichsten Eindrücke: Er schwebte, er schwang empor, er wurde zum Wind.
    Jetzt verstand er, warum die persischen Juden dafür ein eigenes hebräisches Wort geprägt hatten, das die Bevölkerung übernommen hatte: gemala sarka, fliegende Kamele.
    Die graue Stute strengte sich bis zum äußersten an, und zum erstenmal empfand Rob etwas wie Zuneigung für sie. »Komm, meine Kleine! Komm, Mädchen!« schrie er, während sie Richtung Lager jagten. Mirdins brauner Hengst siegte zwar, aber das Rennen versetzte Rob in fröhliche Stimmung. Er erbat von den Elefantenhütern zusätzliches Futter und gab es der Stute, worauf sie ihn in den Unterarm biß. Der Biß verletzte seine Haut nicht, hinterließ aber einen unangenehmen, blauroten Bluterguß, der ihn tagelang schmerzte. Und jetzt taufte er die Kamelstute auf den Namen Biest.

Indien
    Südlich von Schiras erreichten sie die Gewürzstraße und folgten ihr, bis sie, um das Gebirge im Landesinneren zu umgehen, in der Nähe von Hormuz zur Küste abzweigten. Es war Winter, aber die Luft am Golf war warm und duftete. Als sie ins Fischerdorf Tiz kamen, nahm Mirdin Rob an der Hand und führte ihn zum Ufer. »Dort auf der gegenüberliegenden Seite«, er zeigte auf den azurblauen Golf, »liegt Masqat. Von hier könnte uns ein Boot in ein paar Stunden zum Haus meines Vaters bringen.«
    Diese Nähe war quälend, aber schon am nächsten Morgen brachen sie das Lager ab und entfernten sich mit jedem Schritt von der Familie Askari.
    Beinahe einen Monat, nachdem sie Isfahan verlassen hatten, überschritten sie die Landesgrenze. Nun änderte sich einiges. Alã befahl, daß nachts drei Ringe von Wachtposten um das Lager stehen sollten, und an jedem Morgen wurde ein neues Losungswort ausgegeben. Wer 1 versuchte, ins Lager zu gelangen, ohne die Parole zu kennen, war des Todes.
    Als sich die Soldaten im Lande Sind befanden, plünderten sie hemmungslos, und eines Tages trieb der Trupp der Furiere Frauen ins Lager, als wären sie Vieh. Alã gab bekannt, daß sie nur für diese Nacht Frauen haben durften und dann nicht mehr. Es war ohnedies sehr schwierig, mit sechshundert Mann unbemerkt nach Mansura zu gelangen, und er wollte nicht, daß ihnen Gerüchte vorauseilten, weil sie unterwegs Frauen geraubt hatten.
    Die Nacht versprach hitzig zu werden. Sie sahen, wie Karim sehr sorgfältig vier Frauen auswählte. »Warum braucht er vier?« fragte Rob.
    »Er sucht sie nicht für sich selbst aus«, erklärte Mirdin, was stimmte, denn Karim führte die Frauen zum Zelt des Schahs.
    Die Soldaten reichten die anderen Frauen von Mann zu Mann weiter und losten sie untereinander aus. Die Männer, die noch nicht an der Reihe waren, sahen den anderen zu und spornten sie an. Die Wachen wurden abgelöst, damit sie sich ebenfalls beteiligen konnten. Die Nacht war von Frauengeschrei und betrunkenem Gegröle erfüllt. Mirdin hatte sich geweigert, eine Waffe für den Kampf mitzunehmen, aber er hatte das Spiel des Schahs mitgebracht, und das war ein Segen, denn er und Rob spielten jeden Abend, bis es dunkel wurde. Jetzt endlich wurde hart um den Sieg gekämpft, die Ergebnisse waren knapp, und gelegentlich, wenn er etwas Glück hatte, gewann auch Rob.
    Beim Spielen vertraute er Mirdin einmal an, daß er sich um Mary Sorgen mache.
    »Es geht ihr bestimmt gut, denn Fara behauptet, daß die Frauen das Kinderkriegen von Natur aus beherrschen«, scherzte Mirdin gutgelaunt.
    Rob hätte gern gewußt, ob es eine Tochter oder ein Sohn werden würde.
    »Wie viele Tage nach ihrer letzten Regel habt ihr gebumst?« Rob zuckte die Schultern.
    »Al-Habib hat geschrieben, daß es beim Geschlechtsverkehr vom ersten bis zum fünften Tag nach Ende der Blutung ein Junge wird. Wenn es vom fünften bis zum achten Tag nach der Periode passiert, ein Mädchen.« Er zögerte, denn al-Habib hatte auch geschrieben, daß bei einem Beischlaf nach dem fünfzehnten Tag die Möglichkeit bestehe, daß das Kind ein Hermaphrodit wird.
    »Al-Habib behauptet auch, daß braunäugige Väter Söhne und blauäugige Väter Töchter zeugen. Ich komme aber aus einem Land, wo die meisten Männer blaue Augen haben, und sie haben trotzdem immer viele Söhne gehabt«, meinte Rob.
    »Zweifellos hat al-Habib nur über Menschen geschrieben, wie man sie im Orient findet«, schränkte Mirdin ein.
    Statt sich im Spiel des Schahs zu üben, unterhielten sie sich auch manchmal über Ibn Sinas Anleitungen zur

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