Medicus 01 - Der Medicus
anderen Ton. »Jetzt setzt Euch näher zu mir, Hakim. Ihr würdet gut daran tun, mit mir einige Zeit über die Behandlung von Wunden zu sprechen.«
Als sie im Bett lagen, erzählte Rob Mary alles. Er erklärte ihr, daß er keine Wahl habe, daß er verpflichtet sei, Alã seine Schuld zurückzuzahlen, und daß seine Teilnahme am Stoßtruppunternehmen auf jeden Fall ein Befehl sei. »Ich brauche wohl nicht zu betonen, daß weder Mirdin noch ich verrückten Abenteuern nachjagen würden, wenn es sich vermeiden ließe.«
Er ging nicht auf mögliche Unglücksfälle ein, teilte ihr aber mit, daß er sich Nitkas Dienste für die Geburt gesichert habe und daß Ibn Sina ihr helfen würde, falls Schwierigkeiten aufträten.
In der Nacht legte er ihr einmal seine Hand auf den Bauch und fühlte das warme Fleisch darunter, das schon deutlich wuchs. »Du wirst es vielleicht nicht sehen können, wenn es so groß ist wie eine Wassermelone, wie du vorhattest«, sagte sie in der Dunkelheit.
»Bis dahin werde ich bestimmt schon zurück sein.«
Mary zog sich in sich selbst zurück, als der Tag der Abreise kam, und wurde wieder jene harte Frau, die ihren sterbenden Vater im Ahmads waäi allein beschützt hatte.
Als es für ihn Zeit wurde zu gehen, stand sie im Hof und striegelte ihren Rappen. Ihre Augen waren trocken, als sie ihn küßte und zusah, wie er fortritt. So stand sie da, eine hochgewachsene Frau, die um die Taille stärker wurde und ihren Körper jetzt so hielt, als wäre sie immer müde.
Der Kamelreiter
Für eine Armee wäre die Streitmacht klein gewesen, aber für ein Stoßtruppunternehmen war sie groß: sechshundert Soldaten, ein Großteil auf Pferden und Kamelen, und vierundzwanzig Elefanten. Als Rob zum Musterungsplatz geritten kam, requirierte Khuff sofort den braunen Wallach.
»Ihr bekommt Euer Pferd wieder, wenn wir nach Isfahan zurückkehren. Wir verwenden nur Reittiere, die dazu abgerichtet wurden, vor dem Geruch von Elefanten nicht zu scheuen.«
Zu Robs Bestürzung und Mirdins großer Belustigung wies man ihm eine schmuddelige, graue Kamelstute zu, die ihn hochmütig musterte, während sie wiederkäute. Ihre gummiartigen Lippen bewegten sich gleichmäßig, und ihre Kiefer mahlten gegenläufig. Mirdin bekam einen braunen Kamelhengst. Er war sein Leben lang auf Kamelen geritten und zeigte Rob, wie er an den Zügeln zerren und einen Befehl bellen mußte, daß das einhöckerige Dromedar die Vorderbeine abbog, in die Knie ging, dann die Hinterbeine beugte und auf den Boden sank. Der Reiter saß im Damensitz, riß an den Zügeln, erteilte einen anderen Befehl, und das Tier stand in der umgekehrten Reihenfolge wie beim Niederlegen auf.
Es waren zweihundertfünfzig Fußsoldaten, zweihundert berittene Soldaten und hundertfünfzig auf Kamelen.
Dann erschien Alã, der einen prächtigen Anblick bot. Sein Elefant war um Ellen größer als alle anderen.
Goldringe schmückten seine gefährlichen Stoßzähne. Der mahout saß stolz auf dem Kopf des Bullen und lenkte ihn mit den Füßen, die er hinter den Ohren des Tiers einsetzte. Der Schah saß aufrecht in einem mit Kissen ausgelegten Gehäuse auf dem gewölbten Rücken und war herrlich anzuschauen. Er war in dunkelblaue Seide gekleidet und trug einen roten Turban. Das Volk tobte.
Vielleicht jubelten einige von ihnen auch dem Hauptmann des chatirs zu, denn Karim saß auf einem nervösen grauen Araberhengst mit wilden Augen und ritt unmittelbar hinter dem königlichen Elefanten. Khuff schrie einen heiseren Befehl, und schon trabte sein Pferd hinter dem Elefanten des Königs und Karim her, dann schlössen sich die anderen Elefanten an und verließen den Platz. Nach ihnen kamen die Pferde und dann die Kamele, sodann hunderte Packesel, deren Nüstern aufgeschlitzt waren, damit sie bei großen Anstrengungen mehr Luft bekamen. Die Fußsoldaten bildeten den Abschluß. Wieder einmal befand sich Rob im dritten Viertel der Marschlinie, was offenbar sein schicksalhafter Standort war, wenn er mit größeren Gruppen reiste. Das bedeutete, daß er und Mirdin ständig unter Staubwolken zu leiden hatten. In weiser Voraussicht hatten beide ihre Turbane mit ledernen Judenhüten vertauscht, die ihnen besseren Schutz vor Staub und Sonne boten.
Rob fand seine Kamelstute beängstigend. Wenn sie kniete, und er sein beträchtliches Gewicht auf ihrem Höcker zurechtrückte, wimmerte sie laut, dann knurrte und stöhnte sie, während sie mühsam in die Höhe kam. Er mißtraute dieser Art zu
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