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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Du wirst das Blut des Erlösers aus dem Becher dieses verdammten Juden trinken!«
    Rob verfolgte sie nicht. Der Jude, ein großer Mann mittleren Alters, atmete schwer. Seine Nase blutete, und seine Lippen waren aufgeplatzt, aber er schien eher wegen der Demütigung als wegen der Schmerzen zu weinen.
    »Hallo, was geht da vor?« fragte ein Neuankömmling, ein Mann mit krausem rotem Haar, einem Bart und einer großen, von bläulichen Adern durchzogenen Nase.
    »Nichts Besonderes. Dieser Mann wurde überfallen.«
    »Hm. Seid Ihr sicher, daß nicht er der Angreifer war?«
    »Ja.«
    Der Jude hatte sich gefaßt und seine Stimme wiedergefunden. Es war klar, daß er seine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen wollte, aber er sprach in fließendem Französisch.
    »Versteht Ihr diese Sprache?« fragte Rob den Rothaarigen, der verächtlich den Kopf schüttelte. Rob wollte mit dem Juden Hebräisch sprechen und ihm ein friedliches Lichterfest wünschen, wagte dies aber in Gegenwart eines Zeugen nicht. Dann hob der Jude seinen Hut auf. Er und der Zuschauer entfernten sich.
    Ich bin nicht ohne Frau und Kinder hiergeblieben, um ein Trunkenbold zu werden , nahm er sich am nächsten Tag ernstlich vor, als sein Kopf wieder klar war. Er war entschlossen, sich um die Heilkunst zu kümmern, und suchte den Laden eines Kräuterhändlers an der unteren Thames Street auf, um seinen Vorrat an Arzneimitteln aufzufüllen, denn es war in London leichter, gewisse Krauter zu erstehen, als sie in der freien Natur zu suchen. Er kannte den Besitzer schon, einen gewissen Rolf Pollard, der ein tüchtiger Apotheker war. »Wie soll ich es anfangen, um Anschluß an andere Ärzte zu finden?« fragte ihn Rob.
    »Ich würde das Lyceum vorschlagen, Master Cole. Dort halten die Ärzte der Stadt regelmäßig ein Treffen ab. Ich kenne die Einzelheiten nicht, aber Master Rufus kann Euch bestimmt Auskunft geben.« Er deutete auf einen Mann am anderen Ende des Raumes, der an einem Zweig von getrocknetem Portulak roch, um dessen Aroma zu prüfen. Pollard führte Rob zu ihm und stellte ihn als Aubrey Rufus, Medicus in der Fenchurch Street, vor. »Ich habe Master Cole vom Lyceum der Ärzte erzählt«, sagte er, »konnte mich aber an keine Einzelheiten erinnern.«
    Rufus, ein gesetzter Mann, der etwa zehn Jahre älter war als Rob, strich sich mit der Hand durch sein schütter werdendes Haar und nickte recht freundlich. »Es wird an jedem ersten Montag des Monats zur Zeit des Abendessens im Raum über der >Illingsworth's Tavern< auf dem Cornhill abgehalten. Es dient uns hauptsächlich als Vorwand, um zu schlemmen. Jeder bezahlt für sein Essen und Trinken selbst.«
    »Muß man eingeladen sein?«
    »Keineswegs. Das Lyceum steht allen Londoner Ärzten offen. Aber wenn Euch eine Einladung lieber ist, lade ich Euch hiermit ein.« Rob dankte Rufus lächelnd und verabschiedete sich. So begab er sich also am ersten Montag des nassen neuen Jahres in >Illingworth's Tavern<, wo er zahlreiche Ärzte antraf. Sie saßen an Tischen, unterhielten sich lächelnd, hatten Getränke vor sich stehen, und als er eintrat, blickten sie ihn mit der verstohlenen Neugierde an, die eine Gruppe immer einem Neuankömmling entgegenbringt. Der erste, den er erkannte, war Hunne, der die Stirn runzelte, als er Robs ansichtig wurde, und seinen Kollegen etwas zuraunte.
    Aber Aubrey Rufus saß an einem anderen Tisch und bedeutete Rob, sich zu ihm zu setzen. Er stellte ihm die vier anderen Tischgenossen vor und erwähnte, daß Rob erst vor kurzem in die Stadt gekommen sei und sich in der Thames Street niedergelassen habe. »Bei wem habt Ihr studiert?« fragte ein Mann namens Brace. »Ich war bei einem Medicus namens Heppmann in der ostfränkischen Stadt Freising tätig.« Als Tarn in Freising krank darniederlag, hatte ihr Wirt Heppmann geheißen. »Und wie lang hat die Ausbildung gedauert?«
    »Sechs Jahre.«
    Nach der Mahlzeit stellte sich heraus, daß Brace an diesem Abend der Vortragende war. Er sprach über das Schröpfen und ermähnte seine Kollegen, das Schröpfglas hinreichend zu erwärmen, weil die Wärme im Glas das schlechte Blut an die Hautoberfläche ziehe, wo es durch Aderlassen abgezapft werden könne.
    »Die Patienten müssen davon überzeugt sein, daß das wiederholte Schröpfen und Aderlassen Heilung bringt, so daß sie Euren Optimismus teilen«, riet Brace.
    Der Vortrag war schlecht vorbereitet, und Rob wurde aus der anschließenden Diskussion klar, daß der Bader ihm, als er elf Jahre alt

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