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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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du es gewusst?« fragte Makwa-ikwa. »Der herannahende Tod... Einige aus meiner Familie können ihn spüren. Es ist eine Gabe. Ich kann es nicht erklären.«
    Also glaubten sie einander einfach. Er fand sie außergewöhnlich interessant und ganz anders als alle Menschen, die er kannte. Von Anfang an herrschte eine körperlich-erotische Spannung zwischen ihnen. Meistens saßen sie an dem kleinen Feuer in ihrem Tipi, tranken Kaffee und unterhielten sich. Eines Tages versuchte er, ihr von Schottland zu erzählen, konnte aber nicht nachvollziehen, wieviel sie verstand. Immerhin hörte sie aufmerksam zu und stellte ihm hin und wieder Fragen nach wilden Tieren oder Feldfrüchten. Sie erklärte ihm die Stammesstrukturen der Sauks, und da war es an ihr, geduldig zu sein, denn er fand diese sehr kompliziert. Das Volk der Sauks war unterteilt in zwölf Stämme ähnlich den schottischen Clans, nur dass sie statt McDonald, Bruce oder Stewart folgende Namen trugen: Nama-wuck (Stör), Muc-kissou (Weißkopfadler), Puccahummowuck (Gelbbarsch), Macco Pennyack (Bärenkartoffel), Kiche Cumme (Großer See), Payshake-issewuck (Hirsch), Pesshe-peshewuck (Panther), Waymeco-uck (Donner), Muck-wuck (Bär), Me-seco (Schwarzbarsch), Aha-wuck (Schwan), und Muhwa-wuck (Wolf). Die Stämme lebten ohne Rivalität zusammen, doch jeder Sauk-Mann gehörte zu einer von zwei sogenannten Hälften, die miteinander in beständigem Wettstreit lagen, den Keeso-qui, den Langen Haaren, oder den Osh-Cush, den Tapferen Männern. Jeder erstgeborene Junge wurde in die Hälfte seines Vaters aufgenommen, jeder zweitgeborene wurde ein Mitglied der anderen, und so ging es abwechselnd weiter, damit die Hälftenzugehörigkeit in jedem Clan und jeder Familie etwa gleich verteilt war. Sie wetteiferten miteinander beim Spielen, bei der Jagd, beim Kindermachen, im Vollbringen kriegerischer Heldentaten und anderer Bravourstücke. Der heftige Wettstreit sorgte dafür, dass die Sauks stark und mutig blieben, aber es gab keine Blutsfehden zwischen den Hälften. Rob J. fiel auf, dass dies ein vernünftigeres System war als jenes, das er kannte, ein viel zivilisierteres, waren doch in den vielen Jahrhunderten wüster Clansfehden Tausende von Schotten umgekommen.
    Wegen der knapp bemessenen Vorräte und eines gewissen Mißtrauens gegenüber der Speisenzubereitung der Indianer vermied Rob J. es zunächst, mit Makwa-ikwa zu essen. Doch als die Jäger ein paarmal erfolgreich waren, probierte er das Essen und fand es genießbar. Er sah, dass die Sauks mehr Schmorgerichte als Braten aßen und, sofern sie die Wahl hatten, rotes Fleisch und Geflügel dem Fisch vorzogen. Makwa-ikwa erzählte ihm von Hundefestmahlen, die religiösen Charakter hatten, da die Manitus Hundefleisch sehr schätzten. Je beliebter der Hund als Haustier gewesen sei, so erklärte sie ihm, desto wertvoller sei er als Opfer bei einem solchen Hundemahl und desto wirksamer der Zauber. Rob konnte seinen Abscheu nicht verbergen. »Findet ihr es nicht befremdlich, einen Haushund zu essen?«
    »Nicht so befremdlich wie Fleisch und Blut Christi zu essen.« Er war ein normaler junger Mann, und manchmal wurde er trotz der vielen Tuch- und Fellschichten, die sie beide gegen die Kälte schützten, sexuell so erregt, dass es schmerzte. Wenn sie ihm eine Tasse Kaffee gab und dabei ihre Finger sich berührten, war das für ihn wie ein Drüsenschock. Einmal hielt er ihre kalten, kantigen Hände in den seinen und erschrak über die Vitalität, die er in ihnen spürte. Er untersuchte ihre kurzen Finger, die raue, rötlichbraune Haut und die helleren Schwielen auf ihren Handflächen. Er fragte sie, ob sie ihn einmal in seiner Hütte besuchen wolle. Sie sah ihn schweigend an und zog ihre Hände zurück. Sie sagte nicht, dass sie ihn nicht besuchen wolle, aber sie kam auch nie. Wenn Rob J. im Frühjahr zum Indianerdorf ritt, musste er den Schlammlöchern ausweichen, die überall entstanden, weil die Prärie, obwohl sie wie ein Schwamm alles aufsog, die Unmenge an Schmelzwasser nicht vollständig aufnehmen konnte. Bei einem dieser Besuche brachen die Sauks gerade ihr Winterlager ab, und er folgte ihnen sechs Meilen zu einer offenen Stelle, wo die Indianer statt ihrer gemütlichen Winter-Tipis bedonoso-te aufbauten, Langhäuser aus ineinander verflochtenen Ästen, durch die der milde Sommerwind wehen konnte. Es gab einen guten Grund für die Verlegung des Lagers: Die Sauks kannten keine sanitären Einrichtungen, und das Winterlager stank

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