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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Tipis, um sie vor Kälte und Feuchtigkeit zu schützen. Der Wind wehte der Medizinfrau die Kapuze vom Kopf. Sie war wirklich eine Rothaut: Ihr Gesicht hatte eine kräftige, gegerbt rötlichbraune Tönung. Ihre Nase hatte einen vorspringenden Höcker und beinahe negroide Löcher. Sie hatte große, schimmerndbraune Augen und einen unverhüllten Blick. Als er sie nach ihrem Namen fragte, sagte sie, sie heiße Makwa-ikwa. »Was bedeutet das auf englisch?«
    »Die Bärenfrau«, antwortete sie.

Durch die kalte Zeit
    Die Stümpfe der amputierten Finger von Gus Schroeder verheilten ohne Infektion. Rob J. besuchte den Farmer vielleicht zu oft, aber die Frau in der Hütte auf dem Grund der Schroeders hatte ihn neugierig gemacht. Alma Schroeder war zunächst verschlossen, doch als sie merkte, dass Rob J. wirklich helfen wollte, erzählte sie bereitwillig und mütterlich-besorgt die Geschichte der jungen Frau. Sarah war zweiundzwanzig Jahre alt, sechs Jahre zuvor mit ihrem jungen Mann Alexander Bledsoe aus Virginia nach Illinois gekommen und inzwischen Witwe. Zwei Frühjahre lang hatte Alexander die widerspenstige, tief durchwurzelte Erde gepflügt und sich mit seinem Ochsengespann abgemüht, um seine Felder so groß wie möglich zu machen, bevor das Präriegras ihm im Sommer über den Kopf wuchs. Im Mai seines zweiten Jahres im Westen erkrankte er an der Illinois-Krätze und starb an dem mit ihr verbundenen Fieber.
    »Im folgenden Frühjahr versuchte sie ganz alleine zu pflügen und zu säen«, erzählte Alma. »Sie brachte auch eine kleine Ernte ein und erweiterte ihr Feld ein Stückchen, aber auf die Dauer schaffte sie es einfach nicht. In diesem Sommer kamen Gus und ich aus Ohio. Wir trafen eine Vereinbarung: Sie überlässt Gus ihre Felder, und wir versorgen sie mit Maismehl, Gartengemüse und Feuerholz.«
    »Wie alt ist das Kind?«
    »Zwei Jahre«, antwortete Alma Schroeder ungerührt. »Sie hat nie was gesagt, aber wir glauben, dass Will Mosby der Vater war. Will und Frank Mosby, zwei Brüder, haben ein Stückchen weiter Flussabwärts gewohnt. Als wir herkamen, war Frank Mosby viel mit ihr zusammen. Wir waren froh. Hier in der Wildnis braucht eine Frau einen Mann.« Alma seufzte verächtlich. »Diese Brüder! Einer schlimmer als der andere. Frank Mosby versteckt sich vor dem Gesetz. Will wurde bei einem Streit in einem Saloon getötet, kurz bevor das Baby kam. Ein paar Monate später wurde Sarah krank.«
    »Viel Glück hat sie wohl nicht.«
    »Überhaupt kein Glück. Sie ist sehr krank. Sie stirbt am Krebs, sagt sie. Manchmal hat sie solche Bauchschmerzen, dass sie - Sie wissen ja- das Wasser nicht halten kann.«
    »Was ist mit ihrem Stuhlgang?«
    Alma Schroeder wurde rot. Über ein unehelich geborenes Kind konnte man reden, das gehörte zu den Wechselfällen des Lebens, doch war sie es, außer mit Gus, nicht gewöhnt, mit einem Mann Körperfunktionen zu besprechen, nicht einmal mit einem Arzt.
    »In Ordnung. Es ist nur das Wasser... Sie will, dass ich den Jungen nehme, wenn sie stirbt. Aber wir haben doch schon fünf Mäuler zu stopfen...« Sie sah ihn scharf an. »Können Sie ihr was gegen die Schmerzen geben?« Ein Krebskranker hatte die Wahl zwischen Whiskey und Opium.
    Beides konnte sie nicht nehmen, wenn sie das Kind versorgen wollte.
    Doch als Rob J. die Schroeders verließ, hielt er bei ihrer Hütte, die verschlossen und unbewohnt aussah, an. »Mrs. Bledsoe!« rief er und klopfte an die Tür.
    Nichts rührte sich.
    »Mrs. Bledsoe! Ich bin Rob J. Cole. Ich bin Arzt!« Er klopfte noch einmal.
    »Gehen Sie weg!«
    »Ich sagte, ich bin Arzt. Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
    »Gehen Sie weg! Gehen Sie weg! Gehen Sie doch weg!«
    Gegen Ende des Winters war es auch in seiner Hütte etwas gemütlicher geworden. Wohin er auch kam, besorgte er sich häusliche Dinge: einen eisernen Topf, zwei Blechnäpfe, eine farbige Flasche, eine irdene Schüssel, Holzlöffel. Einiges kaufte er, anderes nahm er als Bezahlung, wie etwa die beiden alten, aber praktischen Patchwork-Decken. Die eine hängte er als Schutz gegen die Zugluft an die Nordwand, und die andere zierte das Bett, das Alden Kimball für ihn gezimmert hatte. Alden hatte ihm außerdem einen dreibeinigen Hocker und eine niedere Bank für den Platz vor dem Kamin geschreinert und kurz vor dem ersten Schnee ein knapp meterhohes Stück von einem Platanenstamm in die Hütte gerollt und aufgestellt. Er nagelte ein paar Bretter drauf, über die Rob eine alte Wolldecke

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